Sag's Nicht Weiter, Liebling
irgendwas sagen?«
»Ja«, sage ich. »Diese Frau ist sturzbetrunken.« Ich begegne seinem Blick und kann ein Kichern nicht unterdrücken, und auch seine Mundwinkel zucken.
»Also, wollen wir uns setzen? Oder möchten Sie noch mehr lang vermisste Bekannte begrüßen?«
Ich sehe mich aufmerksam um.
»Nein, ich glaube, das war’s.«
»Sind Sie sicher? Lassen Sie sich ruhig Zeit. Der ältere Herr da drüben ist nicht zufällig Ihr Großvater?«
»Ich glaube nicht …«
»Sie sollten wissen, ich habe kein Problem mit Decknamen«, fügt Jack hinzu. »Ich nenne mich manchmal Egbert.«
Ich pruste los und reiße mich gleich wieder zusammen. Dies ist schließlich ein vornehmes Restaurant. Die Leute gucken schon.
Wir werden an einen Tisch in der Ecke geführt, neben dem Kamin. Ein Kellner rückt mir den Stuhl zurecht und schüttelt mir eine Serviette auf den Schoß, ein anderer schenkt mir Wasser ein, und noch ein anderer bietet mir Brot an. Auf der anderen Seite des Tischs passiert Jack das Gleiche. Sechs Leute tanzen um uns herum und bedienen uns! Ich möchte Jacks Blick begegnen und lachen, aber er sieht so unbekümmert aus, als sei das ganz normal.
Vielleicht ist es für ihn normal, schießt es mir durch den Kopf. O Gott. Vielleicht hat er einen Butler, der ihm jeden Tag den Tee kocht und die Zeitung bügelt.
Und wenn? Das darf mich alles nicht aus dem Konzept bringen.
»Also«, sage ich, als die Kellner sich verkrümeln, »was trinken wir?« Ich habe schon den Drink im Auge, den die Dame in Gold vor sich stehen hat. Er ist pink und mit Wassermelonenstücken dekoriert und sieht fantastisch aus.
»Alles schon geregelt«, sagt Jack mit einem Lächeln, als auch schon einer der Kellner eine Flasche Champagner bringt, sie öffnet und uns einschenkt. »Sie haben mir doch im Flugzeug erzählt, dass das perfekte Date für Sie damit anfängt, dass wie von Zauberhand eine Flasche Champagner auf dem Tisch erscheint.«
»Oh«, sage ich und zügle meine leise Enttäuschung. »Äh … ja! Das habe ich gesagt.«
»Prost«, sagt Jack und stößt mit mir an.
»Prost.« Ich trinke einen Schluck, und der Champagner ist wunderbar. Wirklich. Ganz trocken und köstlich.
Wie der Wassermelonendrink wohl schmeckt?
Hör auf. Champagner ist perfekt. Jack hat Recht, das ist der perfekte Beginn für ein Date.
»Ich habe zum ersten Mal Champagner getrunken, als ich sechs war«, fange ich an.
»Bei Ihrer Tante Sue«, sagt Jack und lächelt. »Sie haben sich komplett ausgezogen und Ihre Kleider in den Teich geworfen.«
»Ach ja«, sage ich, mittendrin gebremst. »Das habe ich Ihnen wohl schon erzählt, was?«
Dann brauche ich ihn mit dieser Anekdote ja nicht mehr zu langweilen. Ich nippe am Champagner und überlege, was ich sonst sagen könnte. Etwas, das er noch nicht weiß.
Gibt es etwas, das er noch nicht weiß?
»Ich habe ein ganz besonderes Gericht ausgesucht, das Sie bestimmt mögen«, sagt Jack. »Alles schon vorbestellt, nur für Sie.«
»Wow!«, sage ich überrascht. »Das ist ja … toll!«
Ein extra für mich vorbestelltes Gericht! Wahnsinn. Unglaublich.
Allerdings … sich etwas zu essen auszusuchen gehört doch eigentlich dazu, oder? Das macht mir beim Ausgehen eigentlich fast den größten Spaß.
Egal. Macht ja nichts. Es wird perfekt sein. Es ist perfekt.
Na, dann wollen wir mal ein Gespräch anfangen.
»Was machen Sie eigentlich in Ihrer Freizeit?«, frage ich, und Jack zuckt mit den Schultern.
»Ich hänge rum, gucke Baseball, schraube an meinen Autos herum …«
»Ach, Sie sammeln ja Oldtimer! Stimmt ja. Wow. Ich finde das wirklich … äh …«
»Sie finden Oldtimer albern.« Er lächelt. »Ich weiß.«
Mist. Ich hatte gehofft, er hätte das vergessen.
»Gegen die Autos an sich habe ich ja nichts«, sage ich schnell. »Ich finde bloß die Leute blöd, die … die …«
Scheiße. Das ist ja wohl danebengegangen. Schnell trinke ich einen Schluck Champagner, bekomme ihn aber in die falsche Kehle und muss fürchterlich husten. Du lieber Gott, ich spucke ja richtig. Mir tränen die Augen.
Und die restlichen sechs Leute im Raum starren mich an.
»Geht’s wieder?«, fragt Jack besorgt. »Trinken Sie einen Schluck Wasser. Sie trinken gern Evian, oder?«
»Äh … ja. Danke.«
Verdammter Mist. Ich gebe ja nur ungern zu, dass Jemima mit irgendwas Recht hat. Aber es wäre tatsächlich einfacher gewesen, wenn ich strahlend hätte sagen können: »Oh, ich finde Oldtimer wundervoll!«
Na ja. Egal.
Als
Weitere Kostenlose Bücher