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Sahnehäubchen: Roman

Sahnehäubchen: Roman

Titel: Sahnehäubchen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Hertz
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sich nach ein bisschen Nachhilfe in puncto Kontaktanbahnung sehnen, kann ich fast verstehen. Ja, jeder hat die Leser, die er verdient. Schade, dass Dwaine noch nicht da ist, ich würde ihm zu gerne seine ersten Fans vorstellen. Stattdessen trete ich einen Schritt zur Seite und lasse das ungleiche Gespann in den Saal. Tatsächlich sind die ersten beiden Reihen schon besetzt. Vielleicht wird es doch nicht so leer, wie wir dachten.
    Ich gucke auf die Uhr. 19:26 Uhr. So langsam könnte sich der große Meister mal blicken lassen. In diesem Moment tippt mir die Bibliothekarin auf die Schulter.
    »Können Sie bitte mal mitkommen? Ihr Künstler möchte Sie sprechen.«
    Mein … Künstler? Damit kann sie nur Dwaine meinen. Der will sich hoffentlich bei mir entschuldigen. Ich folge ihr Richtung Bibliotheksraum. Aber dort wartet niemand auf uns. Unsicher sehe ich mich um.
    »Nee, der hat sich da links irgendwo versteckt«, weist mir die Bibliothekarin den Weg. Und tatsächlich, dort steht Dwaine, zwischen den Regalen mit Kinderbüchern. Und er trägt …
    … nee, oder?
    Dwaine hat einen strahlend weißen Smoking an. Das rosafarbene, glitzernde Hemd darunter hat er fast bis zum Bauchnabel aufgeknöpft. Auf dem Kopf trägt er ein Headset mit Mikrophon, was ihn wie eine Mischung aus James Bond und Aerobic-Trainer aussehen lässt.
    »Dwaine! Was soll der Fummel?«, bringe ich fassungslos hervor. »Sind Sie jetzt komplett übergeschnappt?«
    »Ts, ts, ts«, maßregelt er mich, was in mir den Wunsch erweckt, einen spontanen Schreianfall zu bekommen. »Baby, ich denke, du hast mein Buch gelesen.«
    »Was hat denn das jetzt damit zu tun? In fünf Minuten müssen Sie auf die Bühne, das wollen Sie ja wohl nicht in diesem Aufzug tun. Also, was soll der Quatsch?«
    »Wenn Sie nicht von allein draufkommen, werden Sie sich noch gedulden müssen. Was ich jetzt von Ihnen brauche, ist Hilfe bei der Dramaturgie des Abends. Haben Sie Ihr Handy dabei?«
    »Bitte?«
    »Ob Sie Ihr Handy dabeihaben.«
    »Ja, aber …«
    »Gut, dann machen Sie Folgendes: Wenn ich Ihnen eine SMS schicke, löschen Sie das Licht im Saal. Ich habe eben nachgeguckt, es gibt drei Schalter für das Saallicht: vorne, Mitte, hinten. Nehmen Sie einfach alle drei.«
    »Spinnen Sie? Draußen ist es stockfinster. Dann kann man nichts mehr sehen.«
    »Genau. Und dann komme ich durch den Eingang gleich vorne auf die Bühne. Zählen Sie bis zehn, dann machen Sie die vordere Lampenreihe wieder an. Es gibt hier keinen Scheinwerfer, wir müssen also improvisieren. Und Tom muss sich schon um die Anlage kümmern, der hat keine Hand mehr frei.«
    »Was müssen wir?«, zische ich ihn an. »Es gibt nur eine Sache, die Sie müssen: durch diese Tür da vorne gehen und den paar Leuten, die sich tatsächlich aufgerafft haben, aus Ihrem Buch vorlesen.«
    »Hase, warte einfach auf meine SMS.« Mit diesen Worten lässt er mich stehen und geht. Ich starre auf das gegenüberliegende Regal, als würde ich da eine Antwort auf die Frage finden, was ich jetzt tun soll. Aber dort steht nur ein Buch mit dem Titel Konrad aus der Konservenbüchse. Ob mir das den dezenten Hinweis geben soll, dass es an der Zeit ist, den Macho zu Hackfleisch zu verarbeiten?
    Die Bibliothekarin kommt zurück und reißt mich aus meinen finsteren Gedanken.
    »Sollten wir nicht langsam mal anfangen? Es ist schon nach halb, und ich glaube wirklich nicht, dass noch mehr Leute kommen.«
    »Sie haben recht. Wir fangen an.« Hoffentlich tun wir das auch wirklich; ich habe keine Ahnung, was Dwaine vorhat. Als ich am Eingang des Saales ankomme, zähle ich kurz durch: dreißig Männer. Na immerhin. Für eine große Show zwar zu wenig, für eine normale Lesung aber recht ordentlich.
    Mein Handy piept – tatsächlich eine SMS:
    Los geht’s! Dwaine
    Soll ich wirklich das Licht ausschalten? Andererseits – warum nicht? Wenn dann nichts passiert, mache ich es wieder an, und alle werden glauben, es sei ein Missverständnis gewesen. Ich schaue mich kurz um und entdecke die Schalter direkt neben der Tür. Dwaine hat recht, sie sind beschriftet. Ich atme tief durch, dann drücke ich alle drei Schalter gleichzeitig. Sofort wird es im Saal dunkel. Die Zuschauer, die sich eben noch murmelnd unterhalten haben, sind sofort still. Vor Schreck oder in freudiger Erwartung? Das lässt sich kaum sagen, aber bevor Protest laut werden kann, habe ich schon bis zehn gezählt. Dann drücke ich den Schalter, der mit vorne beschriftet ist, und hoffe,

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