Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sahnehäubchen: Roman

Sahnehäubchen: Roman

Titel: Sahnehäubchen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Hertz
Vom Netzwerk:
Männer! Und deswegen stehen mir und dir, Uwe, und allen anderen hier Frauen zu. Ja, ihr hört richtig. Frauen! Nicht eine Frau. Nein, viele Frauen. So viele ihr wollt!« Die anderen Männer tuscheln aufgeregt miteinander. Und das wundert mich nicht. Keiner von ihnen sieht so aus, als ob es sich bei ihnen um gewohnheitsmäßige Abschlepper handele, sondern als müsste man sie zur unglücklichen Gruppe der bisher im Leben zu kurz Gekommenen rechnen. Jetzt hebt einer von ihnen schüchtern die Hand.
    »Aber wie genau werden wir denn wieder zu echten Männern?«
    Dwaine schießt auf ihn zu. »Wie heißt du?«
    »Klaus.«
    »Männer! Klaus will wissen, wie ihr wieder zu echten Männern werdet. Wollt ihr das auch alle wissen?«
    »Ja!«, kommt es nun entschieden aus dreißig Kehlen.
    »Gut!«, schreit Dwaine. »Dann will ich euch wieder zu Löwen machen. Klaus, woran erkennst du einen Löwen?«
    »Sie meinen, einen echten?«
    »Genau!«
    »Hm, also, na ja … der sieht eben aus wie ein Löwe … äh …«
    Klaus tut mir leid, er scheint mit dieser Art Prüfungssituation nur sehr schwer umgehen zu können. Sein Gesicht ist puterrot, auf seiner Stirn glitzern Schweißperlen. Dwaine beschließt, ihn zu erlösen.
    »Du erkennst ihn an seiner Mähne, Klaus. Ein echter Löwe hat eine Mähne.«
    Interessant. Worauf will Dwaine hinaus?
    »Männer. Als ihr mich eben zum ersten Mal gesehen habt, habt ihr euch mit Sicherheit gedacht: Wer ist dieser Clown im weißen Anzug? Warum trägt er eine riesige Goldkette und ein rosa Hemd? Richtig? Das habt ihr gedacht, oder?«
    Verlegenes Kopfnicken, dem ich mich unabsichtlich anschließe.
    »Ich sage euch, warum: Weil es meine Mähne ist. Weil ich auffalle. Denn ich will auffallen. Ein Löwe muss auffallen.«
    Erstauntes Augenaufreißen. Nur mir dämmert es langsam. Dwaine doziert hier aus dem ersten Kapitel seines Buches: Auffallen um jeden Preis. Nach seiner Theorie hat derjenige beste Chancen bei Frauen, der aus der Masse schon durch sein pures Aussehen hervorsticht. Ich muss wieder an unseren Abend in der Bar denken und an Dwaines unterirdischen Auftritt. Es schüttelt mich, und ich kann für mich persönlich zu hundert Prozent ausschließen, dass an dieser Theorie auch nur irgendetwas dran ist. Dwaine aber fährt unbeirrt fort.
    »Jahrelang habt ihr euch von anderen – und zwar meist von Frauen – einreden lassen, dass ein Mann sich dezent kleiden muss, um als attraktiv zu gelten. Aber im Ernst, Männer: Ihr geht unter in einem Heer grauer Mäuse! Okay, so macht ihr keiner Frau Angst. Als Kumpel kommt ihr damit bestens an. Aber wollt ihr das wirklich? Ewige Kumpels sein? Natürlich nicht, sonst wärt ihr nicht hier.« Wieder zustimmendes Nicken. »Ich sage euch: Wenn ihr Frauen haben wollt, müsst ihr schon auf den ersten Blick auffallen. Seid selbstbewusst! Seid Löwen und schüttelt eure Mähne!«
    Zu gerne würde ich mich an dieser Stelle einmischen und einwerfen, dass die hier vorgeführten Polyesterpullover das Kriterium auf den ersten Blick auffallen durchaus erfüllen. Und dass bei deren Anblick trotzdem keine Frau in die Knie gehen würde. Aber ich lasse es natürlich, zumal ich immer mehr das Gefühl habe, hier ein intimes Gespräch unter Männerfreunden zu belauschen. Faszinierend! Dwaine ist es tatsächlich innerhalb einer Viertelstunde gelungen, den Saal der Neumarkter Stadtbibliothek in die Stätte einer geheimen Zusammenkunft zu verwandeln.

    Als wir gute zwei Stunden später zu dritt an der ungemütlichen Hotelbar sitzen, bin ich wirklich beeindruckt. Ich gebe es nur ungern zu – aber Dwaines Vorstellung war großes Tennis. Selbst Tom und ich hingen irgendwann an seinen Lippen. Natürlich sind Dwaines Thesen völlig abstrus, aber die Art, wie er sie verkaufen kann, zeichnet ihn als echte Rampensau aus. Der Büchertisch war jedenfalls ratzfatz geplündert, und das, obwohl die Zuschauerzahl so überschaubar war.
    »Herr Bosworth, Sie waren wirklich klasse«, ringe ich mich also zu einem Kompliment durch. Soll ja nicht heißen, ich würde unserem Star seinen Lorbeer nicht gönnen. Der bedenkt mich mit einem für seine Verhältnisse fast nachdenklichen Blick.
    »Danke. Ein Lob aus Ihrem Mund zählt doppelt.«
    Hoppla! Sollte Dwaine sich so verausgabt haben, dass ihm seine Machoallüren jetzt zu anstrengend sind?
    »Na ja, Ehre, wem Ehre gebührt!«, murmle ich, fast ein bisschen verlegen.
    »Aber sagen Sie mal«, mischt sich jetzt Tom Weidner in das Gespräch ein,

Weitere Kostenlose Bücher