Sahnehäubchen: Roman
Agentur etwa das falsche Buch geschickt?«
»Nein, wieso?« Thomas guckt irritiert. »Wir reden doch über dieses hier, oder?« Bei den letzten Worten hält er Dwaines Buch frontal in die Kamera. Sehr schön! Das hat jetzt auch der Letzte deutlich gesehen.
»Tja, Kay, aber dann haben Sie es nicht richtig verstanden. Natürlich sind gute Manieren wichtig. Und gerade in Gegenwart von Damen.« Er grinst Marie und Eva an, und die fangen wie aufs Stichwort an zu kichern. »Ich habe den größten Respekt vor Frank Sinatra. Er war ein Gott. Aber ich glaube nicht, dass er den Frauen alles hat durchgehen lassen. Sehen Sie, ich höre heute oft, dass Männer möglichst nett und nachgiebig bei Frauen auftreten. Sie sind höflich, widersprechen nie. Und dann wundern sie sich, dass sie nie eine ins Bett kriegen. Dabei ist das völlig logisch.«
»Ich fürchte, das müssen Sie uns genauer erläutern«, hakt Thomas nach. »Ich habe es jedenfalls noch nicht verstanden.«
Dwaine seufzt, als habe er es mit der Dementenwohngruppe einer Seniorenresidenz zu tun. »Okay, ich will es noch mal versuchen. Es ist eine Frage des Respekts. Und so ungefähr nichts von dem, was uns Männern heute als gute Erziehung eingebleut wird, lässt Frauen Respekt vor uns haben: Tu, was Mami und ihre Freundinnen zu dir sagen, und du endest als frauenverstehender Schwächling. Wenn du Pech hast, wird sie dir noch ihren Liebeskummer mit allen möglichen geilen Kerlen klagen – aber ins Bett kriegst du sie so niemals.« Dwaine legt eine kurze, aber trotzdem bedeutungsschwere Pause ein, bevor er nachlegt: »Du musst dich nicht schlecht benehmen, aber du musst der Chef sein. Du machst klare Ansagen, du bestimmst, wie der Hase läuft.«
Kay legt den Kopf schief und mustert Dwaine, auch die Dresslers sind sehr interessiert, und Winfried Bornhold sieht so aus, als würde ihm gerade klarwerden, woran es bei ihm bisher immer gehapert hat.
»Ja, klare Ansagen, schönes Stichwort«, beginnt Thomas seine nächste Frage. »Nun hat eine Kollegin Sie ja schon einmal bei einer Ihrer Aufrisstouren begleitet und war nicht so begeistert. Sie kennen den Artikel sicherlich. Da ist auch von sexueller Belästigung die Rede. Was sagen Sie dazu?«
Auweia, mir wird heiß und kalt. Damit hatte ich nicht gerechnet. Mist, ich habe Dwaine nicht gut genug vorbereitet! Wenn das nun schiefgeht, habe ich es versemmelt. Dwaine allerdings bleibt völlig gelassen.
»Ach, Sie meinen Shari? Die Kleine, die mir in einer Bar erst einmal eine gescheuert hat?« Er strahlt den Talkmaster an. »Diese Reaktion kenne ich schon. Viele Frauen reagieren erst einmal mit heftiger Ablehnung, wenn sie ihre eigentlichen Gefühle nicht zugeben wollen. Das ist normal. Es ist ja für keine Frau leicht, sich einzugestehen, dass sie mir im Grunde genommen schon nach fünf Minuten verfallen ist.«
»So, und diese Ohrfeige war also ein Zeichen inniger Zuneigung?«, hakt Thomas spöttisch nach.
»Genau so ist es. Entscheidend ist, wie es hinterher weitergeht. Warten Sie, ich zeige Ihnen etwas.« Dwaine greift sich in die Gesäßtasche und zieht ein Stück Stoff heraus. Als er es auseinanderfaltet, entpuppt es sich bei näherem Hinsehen allerdings als ein schwarzer Spitzentanga. »Sehen Sie, die Nacht war natürlich noch lange nicht zu Ende, als Ihre Kollegin keine Lust mehr hatte, zu recherchieren. Nach der Abfuhr kommt immer Teil zwei, garantiert. In diesem Fall die Versöhnung mit Shari. Ich war selbstverständlich noch einmal in dem Club und habe die Aussprache gesucht. Mit Erfolg. Dies hier«, er schwenkt den Tanga, »ist eine kleine, süße Erinnerung daran.« Dann blickt er direkt in die Kamera. »Shari, du heißes Teil! Du hast was Besseres als diesen milchgesichtigen Barbesitzer verdient. Also ruf mich gerne wieder an!«
Ach du Scheiße! Ich hoffe, Dwaine hat sich das nicht ausgedacht, denn sonst können wir uns schon einmal einen guten Anwalt suchen. Zugegeben, die Retourkutsche war klasse, aber wenn das gelogen war, werden wir einen Riesenärger bekommen. Gleiches scheint sich auch Kay Thomas zu denken, der einen Moment lang sprachlos ist. Wahrscheinlich überlegt er gerade, ob man auch den Sender für so etwas verklagen kann. Dann räuspert er sich und wechselt schnell das Thema.
»Äh, ja. Danke, dann hätten wir das ja geklärt. Herr Bornhold, Sie beschäftigen sich mit sozialen Strukturen in Ameisenhaufen …«
»Na, wie war ich?« Dwaine grinst mich sehr breit an. Noch bevor ich antworten
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