Sahnehäubchen: Roman
kann, beugt er sich zu mir vor und flüstert mir ins Ohr: »Normalerweise sind die Damen, die ich das frage, nicht mehr in der Lage zu antworten. Sie sind zu erschöpft.«
Ich grinse ebenfalls. Das Spielchen spiele ich doch locker mit. »Erschöpft davon, sich den ganzen Abend deine Selbstbeweihräucherungen anzuhören?«
»Komm schon.« Er rückt so nah an mich heran, wie es der Tisch zwischen uns eben zulässt. »Ich war geil, oder?«
»Ts, ts, ts, was ist das wieder für eine Wortwahl?«, frage ich tadelnd. »Aber bevor du anfängst zu weinen: Ja, du warst toll. Ehrlich, du hast mir gut gefallen. Du warst schlagfertig, witzig – einfach toll. Gratulation. Und die Nummer mit dem Höschen: I a.« So viel zum Kuschelkurs, nun müssen wir noch über die harten Fakten reden. »Ich hoffe allerdings, die hast du dir nicht einfach ausgedacht, denn sonst sehe ich da das ein oder andere Problem auf uns zukommen.« Ich sehe ihn streng an.
»Pah!« Dwaine gibt einen verächtlichen Laut von sich. »Ich habe dir doch schon vorher gesagt, dass ich es draufhabe. Du wurdest gerade Zeugin einer strategischen Meisterleistung. Ich habe mich mit der DVD von Frau Smit gewissenhaft auf die Sendung vorbereitet und hatte schon vermutet, dass so etwas kommt. Die Geschichte mit dem Höschen habe ich mit der Dame vorher geklärt, für ein entsprechendes Honorar war sie gerne bereit, mir zu helfen. Von so einer blöden Journalistin lasse ich mir doch nicht in die Suppe spucken. Also mach dir keine Sorgen: Niemand wird mich verklagen.«
Ich bin perplex. Ich bin erleichtert. Und ich bin … wie soll ich’s nennen … ja, ich bin auch beeindruckt. Wieder einmal zeigt sich, dass Mister Große-Klappe doch einiges mehr zu bieten hat als nur seine Sprüche, und das imponiert mir doch. »Na gut. Dann vertraue ich in diesem Punkt mal dem Wort des Ex-Anwalts Bosworth und gebe zu: Unter diesen Umständen warst du in der Tat sensationell!«
»Nina, dein Lob bedeutet mir viel.« Dwaine greift nach meiner Hand und hält sie fest, ich ziehe sie nicht zurück. »Sehr viel.«
Ich merke, wie sich die kleinen Härchen entlang meines Halses aufstellen – ein kribbeliges, aber durchaus angenehmes Gefühl. Vorsicht, mahnt meine innere Stimme, das hier wird eindeutig zu heiß für dich! Wenn du nicht in Dwaines Sammlung enden willst, dann wechselst du jetzt besser das Thema. Also ziehe ich meine Hand zurück. Schade. Eigentlich hätte ich gerne weitergemacht. Womit auch immer. Aber natürlich hat meine innere Stimme völlig recht.
Mit einem diensteifrigen Räuspern ziehe ich meinen Laptop aus der Tasche. Dwaine guckt völlig entgeistert.
»Du willst doch wohl jetzt nicht noch arbeiten, Hase?«
»Aber natürlich. Ich muss überprüfen, ob der gemeine deutsche Wald- und Wiesenfernsehzuschauer meine Begeisterung für deinen Auftritt teilt.«
»Aha? Und wie willst du das herausfinden?«
»Ganz einfach: auf Amazon. Der Verkaufsrang deines Buches war in den letzten Tagen meist vierstellig und schwankte immer so um Platz 1 000 herum. Schon nicht schlecht, aber bis ich meine Bestsellerprämie bekomme, muss da noch mehr passieren.«
»Deine Bestsellerprämie?« Dwaine schaut mich groß an. »Bitte was? Kriegst du noch mal Geld, wenn das Buch besonders erfolgreich ist?«
Ich nicke. »Natürlich. Woher, denkst du, stammt meine Leidenschaft für dein Buch? Aus meiner plötzlich erwachten Liebe zu chauvinistischer Literatur?« Hach, es mag manchmal nett sein, mich für einen kurzen Moment seinem durchaus vorhandenen Charme zu ergeben – aber es ist viel besser, ihm Paroli zu bieten!
Dwaine verzieht das Gesicht und gibt sich betont empört. »Aha. Du tust es also nur des Geldes wegen.«
»Jupp. So sieht es aus.«
»Okay, dann ist Amazon jetzt tatsächlich spannender als unser kleiner Flirt.« Dwaine steht auf, kommt um den Tisch herum und setzt sich neben mich. Gespannt warten wir, dass sich mein Computer im Internet einloggt und die Amazon-Seite erscheint. Ich gebe den Buchtitel ein und …
TATAAA!
Ich kann sie alle haben hat sich tatsächlich schon auf Rang 117 vorgearbeitet. Das ist ein Riesensprung, ich bin begeistert! Jetzt ist auch Dwaine auf einmal ganz aufgeregt.
»Wahnsinn! Dabei ist die Sendung noch keine Stunde zu Ende!«
»Ja, das hätte ich auch nicht gedacht. Ich meine, ich habe es gehofft – aber fest gerechnet habe ich damit nicht. Dann müssen ab morgen nur noch die Leute die Buchläden stürmen, und schon sind wir in einer
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