Sahnehäubchen: Roman
Das war das richtige Stichwort: Tom springt sofort auf und reicht mir die Aktenmappe, die mir vorher schon neben seinem Laptop aufgefallen war.
»Aber natürlich, Chefin. Ich habe gleich heute Morgen angerufen – alleine heute sind sage und schreibe dreitausend Bücher nachgeordert worden. Toll, oder? Langsam glaube ich wirklich, unsere Machobibel hat das Zeug zum echten Bestseller.«
»Sehr gut, das wollte ich hören. Dann ist Herr Salchow doch bestimmt sehr zufrieden mit uns.«
»Ja, das kann man sagen. Allerdings«, er legt die Stirn in Falten, »schien er mir von meiner Idee des Guerillamarketings nicht gerade überzeugt.«
»Wieso? Facebook ist doch eine feine Geschichte. Ich meine – viertausend Fans, das soll uns doch erst mal einer nachmachen.«
»Finde ich auch. Aber die häufigen Einträge von Fred Frauenversteher machen ihn nervös. Ich habe ihm zwar erklärt, dass die gewissermaßen das Salz in der Suppe sind und die Seite nur interessanter machen, aber das hat er anscheinend nicht verstanden. Ich glaube, wenn ich nicht meines Vaters Sohn wäre, hätte Salchow schon verlangt, dass wir die Seite runternehmen.«
»Wahrscheinlich geht es Herrn Salchow da wie mir: Facebook ist wohl nichts für Leute jenseits der dreißig«, versuche ich ihn zu beruhigen. »In diesem hohen Alter sollte man sich vom Internet einfach fernhalten. Allerdings ist uns Salchow sowieso nicht besonders wohlgesonnen. Der sucht doch nur einen Grund, um zu meckern. Kein Wunder: Jeder Cent, den wir für die Pressearbeit kriegen, wird von Salchows Etat abgezogen. Er kann uns also nicht wirklich gut finden und freut sich bestimmt einfach, wenn er irgendwo ein vermeintliches Haar in der Suppe findet. Wann hat denn Freund Frauenversteher das letzte Mal etwas geschrieben?«
»Heute früh. Warte mal, ich zeige es dir.« Tom bringt den Laptop zu mir herüber, und ich überfliege den Text. Danach bin ich einigermaßen sprachlos. Ich kann kaum glauben, was ich da gelesen habe.
Fred Frauenversteher: @all: Nach dem Auftritt von Dwaine bei thomas talkt muss doch auch dem Letzten klargeworden sein, dass der Typ die totale Verarsche ist. Aber wenn ich eure Kommentare hier lese, vermute ich: Die Wahrheit will keiner hören. Sie ist einfach nicht interessant genug. Und die Wahrheit über Männer und Frauen schon erst recht nicht. Wenn ihr denkt, dass Meister Dwaine eine einfache Lösung für eure Probleme gefunden hat, seid ihr mit Sicherheit auf dem Holzweg. Jeder Mensch ist anders, also auch jede Frau. Seht euch doch mal all die armen Schweine an, die in seine Show gerannt kommen: Die sind an der Wahrheit nicht interessiert, sondern suchen die einfache Lösung. Die es aber nicht gibt im wirklichen Leben.
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Das ist doch nicht möglich! Genau die gleichen Worte habe ich gestern erst gehört – und zwar von Nils. »Bist du sicher, dass das heute Morgen geschrieben wurde? Und nicht schon gestern?«
»Ja, ganz sicher. Ich kontrolliere die Seite schließlich regelmäßig. Und Freund Fred fällt mir natürlich immer sofort auf. Warum?«
»Es kommt mir … irgendwie bekannt vor.«
»Liegt wahrscheinlich daran, dass es eine ziemliche Binsenwahrheit ist. Ich meine, Jeder Mensch ist anders ist nun wirklich keine Erkenntnis, für die man ein abgeschlossenes Philosophiestudium braucht. Ich finde, da hat Fred schon tiefsinnigere Dinge vom Stapel gelassen.«
»Das sagst du so. Sieh dir Dwaine an – der kommt mit seinen platten Sprüchen ganz schön weit«, gebe ich zu bedenken. »Verglichen damit ist Fred Frauenversteher geradezu ein Intellektueller. Selbst wenn er einen schlechten Tag hat.«
»Wie du meinst.« Tom seufzt und klappt den Laptop zu. »Ich bin jedenfalls froh, wenn Dwaines Tournee beendet ist und ich an einem anderen Projekt arbeiten kann. Die Gefahr, dass mein Sozialverhalten hier nachhaltig Schaden nimmt, ist mir doch zu groß. Bei den Frauen, die ich gut finde, gelte ich sonst noch als schwer vermittelbar.« Er macht Anstalten, in sein eigenes Büro zurückzugehen.
Ich muss grinsen. »Aha. Was sind denn das für Frauen?«
Tom will antworten, zögert dann aber.
»Das, meine liebe Chefin, verrate ich dir nicht. Kannste ruhig selbst rausfinden.« Und damit ist er dann auch aus der Tür hinaus.
Der Herr Volontär. Ganz schön frech!
Ich beschließe, endlich das zu tun, wofür ich ursprünglich heute ins Büro gekommen bin: zu arbeiten. Nachdem ich mir einen kurzen Überblick verschafft habe, weiß
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