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Saiäns-Fiktschen

Saiäns-Fiktschen

Titel: Saiäns-Fiktschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Fühmann
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entdeckte der Gast zwei haardünne Fäden, die im grauen Zementlicht glitzerten, und schließlich glaubte er auf der Vorderwand des Computers — wenn dies der Computer war, und er war es — eine Skala mit dem Strich eines Zeigers zu sehen, allerdings ohne weitere Einzelheiten. Was die beiden zu ihrem Ausruf veranlaßt hatte, blieb unergründet.
    „Grün“, sagte Janno andächtig, „grün! Und es hält sich, und es hält sich, und es hält sich!“
    Pavlo stand über den Schreibtisch gebeugt, seinen Glasblick auf dem Strich der Skala. „Kommen S’ einen Schritt näher“, befahl er schnaubend, „aber nur einen einzigen Schritt!“
    Gehorsam trat der Besucher einen Schritt näher zum Schreibtisch, und damit auch zum Waschgestell.
    „Ich glaube, die Schleife weitet sich noch“, sagte Janno, und dem Gast wollte es bei diesen Worten scheinen, als spiele das Kästchen einen Hauch mehr ins Grüne. Allein es hätte auch Täuschung sein können, denn Pavlo hatte in diesem Moment auf den vorletzten Knopf seines Schaltbretts getippt, und gleichzeitig Licht aus den Kanten der Decke auslösend, verschloß eine Jalousie das Fenster, und alles war einen Ton ins Kalt-Helle gerückt.
    Janno, der sich von einem Haken neben der Tür einen ihn bis auf zwei Augenschlitze völlig verhüllenden Ku-Klux-Klan-Kittel aus fahlgrauem Asbestzwillich übergeworfen hatte, ging vorm Computer in die Knie. „Tatsächlich, neun-acht, das ist unvorstellbar!“
    Pavlo wiegte den Walroßschädel.
    „Sie, haben S’ keine Drucksachen bei sich?“ fragte er den Besucher, „alte Papierbücher, oder Bilderln, und so?“
    Nur den Logiker- und den Personalausweis, meinte der Gast, und sein Nummernschild auf dem Rücken natürlich, und Pavlo erklärte, daß die weiter nicht störten. „Aber manches Gedruckte“, fuhr er fort, „besonders altes, wirkt oft sehr viel mehr als die Menschenperson auf unsern Computer, und das irritiert dann ganz skandalös. Man glaubt, der Mann wird im Flirren schön weit sehn, doch dann sieht der gar nix — die Schleife war ja von dem Bücherl gemacht. No aber das hat ja keine Augen, oder wir wissen nicht, wie die schauen. Haben S’ wirklich nichts — auch keinen Brief?“
    Der Gast überlegte und verneinte.
    „Photographien?“
    Verlegnes Sich-Räuspern; „also, wissen Sie, unter Männern —“, wollte der Besucher eine peinliche Beichte beginnen, aber Pavlo ersparte sie ihm. „’s ist gut“, winkte er ab, „’s ist gut, die tun weiter auch nichts. Hauptsache, es sind keine alten!“
    Ein Kopfschütteln der Erleichterung.
    „Neun Komma neun“, meldete Janno, „dein AK-Quotient ist fabelhaft! Eine solche Bestätigung hat’s noch nie gegeben — oder sollte gerade sie die Ausnahme sein?“
    Seine Stimme klang dumpf unter der Kapuze. Der Gast, noch immer auf seinem Fleck, wandte sich nach dem Haken an der Tür um, doch der war nun leer.
    „Sie brauchen kein solches Kostüm“, beruhigte Pavlo, „das ist nur zur Abschirmung für unsern Computer, sonst würde die Aura des Zukunftsguckers durch die von uns Apparatleuten verzerrt. Haben S’ nur keine Angst, es passiert Ihnen gar nichts!“
    „Und Sie, Herr Pavlo, brauchen keine Verhüllung?“
    Janno lachte zum ersten Mal unbeschwert, man hörte das sogar durch die Kapuze.
    „Der“, sagte er, ungeniert mit dem Finger auf den Kollegen weisend, „der ist durch den Schnaps doch paralysiert! Völlig stumpf, du verstehst schon, eben verwalt. Keine einzige Zukunftssekunde biegt sich zu dem hin — der ist schon tatsächlich ein Stück Maschine. Aber nun komm noch einen Schritt näher.“
    Der Besucher tat’s, und Janno frohlockte. „Zehn Minuten! O Materie, volle zehn Minuten! Der Traumrekord, und es hat sich fixiert! Was für ein AK-Sog! Was für eine Schleife! Mehr ist theoretisch überhaupt nicht möglich!“
    „Du hast ihm alles erklärt?“ fragte Pavlo.
    „Wir waren grad beim AK-Begriff, da hast du uns zum Teufel gewunschen! Nun erklär’s du ihm, wenn du willst. Schließlich bist du der Experimentator.“
    „Ich bin bloß so ein simpler Praktiker“, brummte Pavlo, „meine Theorie wär in sechs Wörtln faßbar, und in elf, wenn sie ganz explizit sein soll. Erklär’s nur du ihm, du theoretische Leuchte! Ich seh dir’s ja an, wie du drauf spannst!“
    „Also“, redete Janno unter der Kapuze, „AK, Antikausalität, Antikausalnexus, wie soll ich dir das verständlich machen? Du weißt doch, daß es zu vielen Phänomenen der Natur und

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