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Saigon - Berlin Thriller

Titel: Saigon - Berlin Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hef Buthe
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adoptiere ich dich ab sofort. Als Journalist natürlich. Los. Wir müssen weg. In wenigen Minuten ersaufen wir hier.«
    Er hatte das Wort »ersaufen« noch nicht richtig ausgesprochen, da ging ein Wolkenbruch der besonderen Art nieder. Den Riesen schien das nicht zu stören. Er stand auf, verließ den Garten, ging durch die Hotellobby, dann auf der anderen Seite wieder nach draußen. Ich folgte. Ich war adoptiert. Mit großen Schritten überquerte er den Platz vor dem Hotel. Das Wasser stand mir bis an die Knöchel. Brian schien das nicht zu interessieren, dass wir hier stehend ersoffen.
    Er stieß die Tür zu einem Café auf und schüttelte sich wie ein nasser Hund. Und das war noch untertrieben. Ich hatte nach den wenigen Metern keinen trockenen Faden mehr am Leib. Warum war ich nicht im Hotel geblieben? Was wollte er hier?
    »Café L'Étoile« stand auf den Gedeckkarten. Zum Stern. Alles roch nach Schweiß, Rauch, Kaffee und Schimmel.
    »Was wollen wir hier?«
    Brian sah sich um. Was er suchte, schien nicht da zu sein. Wir suchten uns einen Platz an einem Fenster, das nicht mit Brettern vernagelt war.
    Er bestellte. Kaffee mit Whiskey verstand ich noch. Die andere Bestellung, Konshu oder so ähnlich, nicht. Die Bedienung nickte. Sie schien es zu verstehen.
    »Sag mal, du Jüngling, was willst du hier?« Brian knetete wieder seine Finger. »Wir Journalisten haben, gemessen an der kämpfenden Truppe, mehr als achtzig Prozent Ausfälle. Also überlege es dir, ob du mit einer Wahrscheinlichkeit von zwanzig Prozent hier wieder lebend rauskommen willst.«
    Das Mädchen brachte etwas, das wie eine Wasserpfeife aussah.
    Zwanzig Prozent. Das war nicht viel. So hatte ich unsere Verluste in meinem Beruf noch nie gesehen.
    Brian zündete den Inhalt unter dem oberen Messingdeckel an. Unter dem Glaskolben glomm ein kleines Feuer. Das Ding hatte zwei Mundstücke, die irgendwie mit dieser Apparatur verbunden waren.
    »Nimm. Auch das musst du kennenlernen, wenn du hier deinen Job machen willst.« Er gab mir eines der Mundstücke. Ich zog den Rauch ein. Es schmeckte mild. So mild, wie der etwas würzige Dampf eines frisch aufgebrühten Tees.
    »Was ist das?«
    Brian trank Kaffee und schmauchte an seinem Schlauch.
    »Opium. Trink niemals Alkohol dazu. Dann geht es dir gut.«
    Ich dachte an den Whiskey, den er soeben noch heruntergekippt hatte.
    »Und was machen wir hier?« Der Regen hatte sich noch verstärkt, als müsse er seine ganze Niederschlagsmenge pro Jahr in wenigen Stunden loswerden.
    »Warten«, brummte Brian. »Ich muss einen Auftrag haben. Sonst kann ich nicht meine hiesige Frau, die noch eine Familie durchfüttert, und meine vier Töchter in den USA ernähren.«
    Einen Auftrag. Was war das? Ich hatte einen Auftrag vom Verlag, aber wie ich an die Umsetzung desselben kommen sollte, hatte mir niemand gesagt. Wo bitte geht's hier zum Krieg, über den ich berichten soll? Ich wusste es nicht.
    »Ich ersetze einen toten Sohn. Du löst ein Arschloch ab, das schon seit Monaten mehr Rauschgifthändler als Soldaten gesehen hat.«
    Brian zog sich einen Stuhl heran und legte seine langen Beine hoch. Der Regen verstärkte sich noch. Das Hotel war hinter der Wasserwand nicht mehr zu erkennen.
    »Suchen wir uns gemeinsam einen Auftrag? Ich weiß, wie es geht. Du noch nicht. Außerdem brauchst du im Hotel eine Frau. Sonst rennst du deine ganze Zeit hungrig, mit verdreckten Klamotten und vor allem ohne Liebe herum. Hoppelst von einer Hure zur anderen, um dann jedes Mal eine andere Geschlechtskrankheit behandeln lassen zu müssen. Willst du das?«
    Ich wusste überhaupt nicht, was ich wollte. Nur was ich sollte. Und dazu fehlte mir schlicht und einfach die Erfahrung.
    Das Zeug, das ich inhalierte, beruhigte. Es entspannte. Ich hatte mir es schlimmer vorgestellt.
    »Das ist die Touristenversion«, knurrte Brian. »Nimm es nie pur. Dann kannst du dich vergessen. Dein Leben hängt dann nur noch daran. Aber es ist ein gutes Zahlungsmittel. Keine Kursverluste, keine Wechselgebühren und Abnehmer ohne Ende - wenn du sie findest.« Er grinste. »Das ist die einzige Hürde, die es zu nehmen gilt. Aber auch nicht besonders hoch. Die Abnehmer finden dich. Und wenn es mit einem Messer zwischen den Rippen endet. Deinen Rippen.«
    Er lachte. Es war ein böses bis zynisches Lachen.
    Der Regen ließ so schnell nach, wie er gekommen war. Als hätte es ihn nie gegeben. Nur seine glänzenden Spuren auf den Straßen hatte er nicht mitgenommen. Das Wasser

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