Saigon - Berlin Thriller
verdienen musste, um mal eben das Wort »zehntausend« aussprechen zu können. Ich war wirklich unterbezahlt und dachte an meinen Kreditbrief.
»Du bist immer noch unschlagbar. Woher weißt du das?«, knurrte die Kröte.
Brian lächelte. Er hatte gewonnen.
»Darf ich vorstellen: Peter Stösser. Deutscher Journalist. Pierre La Troux. In Deutschland geboren, als Sohn eines französischen Diplomaten in Indochina und einer vietnamesischen Hure. Er spricht alle Sprachen perfekt und ist das größte herumlaufende Stinktier unseres Berufes. Arbeitet für mehrere Verlage und Fernsehsender als Freibeuter.«
La Troux machte noch nicht einmal den Versuch, sich gegen diese böse Aussage zu wehren. Er lächelte nur.
»Zehntausend. Angenommen. Aber das dauert noch etwas. Ich gebe euch Bescheid. Wohnst du wieder bei deiner Schwiegermutter auf dem Mekong?«
Dann war er weg, ohne den Kaffee angerührt zu haben.
Brian lächelte und sah diesem dubiosen La Troux nach. Zog sich den Stuhl heran, auf dem diese Kröte gerade gesessen hatte, und legte die Beine wieder hoch.
Mein Gefühl tobte zwischen den Gehirnhälften. Diesen Auftritt zweier Kriegsveteranen vermochte ich nicht zu deuten. Brian grinste zufrieden, als hätte er eine Schlacht gewonnen.
»Was sollte das jetzt? Zehntausend Dollar, und du wohnst bei deiner Schwiegermutter? Wer ist der Kerl überhaupt? Warum hast du ein Zimmer im Hotel?«
»Halt die Klappe«, fuhr mir Brian ins Wort. Er bestellte neuen Kaffee. »Ich kann dir nicht alles auf einmal erzählen. Du musst lernen zuzuhören und zu beobachten. Sonst bist du hier sehr schnell ein toter Mann. Vor allem, wenn du La Troux nicht kennst. Hast du noch eine Havanna? Die kann ich jetzt gebrauchen.«
Wir rauchten und sahen auf den Platz, auf dem das Wasser langsam verdampfte.
»Mein Sohn lebt noch. Ich fühle es. Und La Troux ist der Einzige, der mir helfen kann. Daher kann er seinen Preis bestimmen. Deswegen die Summe. Er hat sie angenommen. Also weiß er, wo er ist. Sonst hätte er abgelehnt. Das wäre ihm zu heiß gewesen. Wer in diesem Krieg sein Geld nicht wert ist, verschwindet schnell von der Bildfläche.«
Dazu sagte ich besser nichts. Wir rauchten weiter. Brian schien keine Lust mehr auf Kommunikation zu haben.
»Dann habe ich ja wieder kein Zimmer mehr«, versuchte ich mein Dilemma im Hotel zu klären.
»Doch. Du ziehst in das Zimmer meines Sohnes. Um vier Uhr hole ich dich zum Einsatz ab. Esse nicht so viel und schlaf dich aus. Frag einfach nach dem Zimmer von Mike Eppstein.«
»Wir haben einen Einsatz? Ich dachte dieser La Troux ...?«
Brian grinste wieder. »Denk nicht so viel. Für Einsätze im Sinne unserer Brötchengeber sorge ich schon selbst. Diesen Franzosen kenne ich schon länger, als er sich selbst. Ein Spiel. Es ist alles nur ein böses Spiel. Hau endlich ab. Um vier Uhr morgen früh. Hörst du?«
Die Luft auf dem Platz stand wie der Mief in einer Sauna nach einem Aufguss. Dann sah ich etwas, das mich interessierte. Es schwamm auf der Wasseroberfläche des Springbrunnens. Ein kleiner Drache. So sah es wenigstens aus. Und der war mit Fäden verbunden, die an zehn Fingern hingen. Und die gehörten einer jungen Frau. Mit schwarzem Haar. In einer schwarzen Arbeitskluft.
Sie spielte mit dem Puppendrachen, der etwa einen halben Meter lang war. Bunt bemalt. Die Fäden bewegten den Kopf, das Maul, den Körper, die Beine und den Schwanz getrennt voneinander. Es sah aus, als lebe er. Ich setzte mich dazu und staunte. Der jungen Frau schien es zu gefallen, einen Zuschauer zu haben. Sie trieb immer wildere Scherze mit diesem schwimmenden Holzstück. Das Maul biss mich in die Hand, die ich ins Wasser gehalten hatte. Zerrte an meinen Fingern, als wollten sie mich hineinziehen.
»Sie ist eine Wasserpuppenspielerin. Sehr selten. Und taubstumm«, tönte es über mir. La Troux. Er grinste und wackelte mit seinen Kinnlappen.
»Das Wasserpuppenspiel kommt aus Nordvietnam. Ich würde die Finger von diesem Mädchen lassen. Denn das Spiel darf eigentlich nur von Männern betrieben werden.« Mit einem »wir sehen uns sicher noch« verschwand er, wie er gekommen war. Im Irgendwo. Drei Paar Augen sahen diesem undurchsichtigen Mann nach. Meine, die des Mädchens und die des schwimmenden Drachen. Ihre Finger hatten ihn so gedreht, dass er La Troux nachsah und mit den Kiefern klapperte. Sein Schwanz schlug wütend im Wasser.
Ein Schützenpanzer rumpelte über den Platz. Flankiert von zwei Jeeps, die mit
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