Saigon - Berlin Thriller
Waschbecken. »Ist das ein Unterschied? Journalist? Soldat? Ihr geht alle dahin, wo geschossen wird. Da ist euer Beruf doch egal. Es wird geschossen. Und wer dorthin geht, ist für mich Soldat.«
Sie setzte einen blechernen Teekessel auf den Gaskocher. Gefüllt mit Wasser. Sie sah meinen Blick, was das werden sollte.
»Ich brauche heißes Wasser zum Saubermachen. Kennt ihr das nicht in eurem Land?« Ich nickte.
»Kannst du mir Geld hier lassen? Meine Familie. Deine Kleider müssen gereinigt werden und auch hier im Hotel ist nicht alles umsonst.«
Kleiner Drache stieg auf das Bett und umarmte mich.
»Du bist jetzt für mich ›Großer Drache‹.« Sie suchte meinen Mund. Ihre Lippen saugten sich fest.
»Komm zurück. Meine und deine Familie wartet auf dich. Und nimm das ...«
Von irgendwoher zauberte sie ein Bündel aus Reisstroh. Der Inhalt: ein gewaltiges Messer.
»Das brauchst du, um die Dosen der Armee aufzumachen. Sonst kommst du nicht an den Inhalt und wirst verhungern.«
»Habe schon gehört, dass du dich gut eingelebt hast«, empfing mich Brian vor dem Hotel. »Nimm das. Es ist Vorschrift.« Ein Stahlhelm, ein wesentlich kleineres Messer und eine Binde, die mich als »Presse« zu erkennen gab, wechselten den Besitzer.
Brian war in Armeeuniform. Ein grünes Barett auf dem massigen Schädel. Die Schulterklappen wiesen ihn als Major aus. Er verfolgte meine Musterung und grinste. »Eigentlich bin ich Oberst. Aber nur im Ruhestand. Also backen wir kleinere Brötchen. Der Major muss hier reichen.« Er gab dem Fahrer des Jeeps Anweisungen in vietnamesisch.
Wir fuhren aus der Stadt Richtung Norden. Die Sonne streckte ihre ersten Fühler über den Horizont. Mein erster Einsatz fing ja gut an.
»Der Helm ist für den Kopf. Die Binde nur fürs Protokoll«, knurrte der schwarze Riese. »Habe noch keine Vietcong-Granate gesehen, die sich an diesem Armstreifen gestört hat. Die Kerle können alle nicht lesen. Aber schießen können sie verdammt gut.« Dann schwieg er wieder und trank aus einem Flachmann. Den Ausbuchtungen seiner Uniform nach zu urteilen hatte er noch mehr davon bei sich.
»Woher weißt du, dass ich mich schon eingelebt habe? Warst du bei deiner Schwiegermutter?«
Wir überholten einen Militärkonvoi, der die gleiche Richtung hatte. Es ratterte und stank.
»Du bist wie mein Sohn. Du fragst zu viel. Und sag mir nicht, dass das dein Job sei. Bin selbst Journalist. Aber ein anderer. Du bist nur ein Zeitungsmensch, und dazu noch ein sehr junger. Also halte die Klappe, wenn du es dir mit mir nicht verscherzen willst.«
Die Straße wurde holpriger. Der Fahrer umrundete Löcher, die Granaten in die Fahrbahn gerissen hatten. Die Sonne ging auf und beleuchtete eine andere Welt. Rötlich glänzten die Wasserflächen links und rechts der Straße. Aus ihnen lugten kleine Spitzen hervor. Ein Bauer trieb seinen Büffel durch die Fläche. Beide strengten sich an. Mensch und Tier. Der eine zog etwas, der andere dirigierte es nach Leibeskräften.
»Reisbauern«, kommentierte Brian. »Aus denen machen die Charlies neue Vietcong, indem sie ihre Felder zerstören. Wie soll man da noch Gut und Böse unterscheiden? Die müssen was zum Essen haben. Sie haben Familien. Das ist doch alles ein Schwachsinn, was wir hier tun. Nur weil wir uns vor dem Kommunismus schützen müssen? So ein Quatsch. Auch Kommunisten müssen essen, atmen und scheißen.« Dann schwieg er wieder und trank.
Es war eine schöne Landschaft. Es war wie die Fahrt durch wohlgeordnete Fischteiche, die von kleinen Dämmen begrenzt waren. Nur zeigte jeder kleine Docht, der wie ein U-Boot-Sehrohr aus dem Wasser ragte an, dass er bereit war Nahrung zu spenden. Reis.
Nur eines störte das friedliche Bild ... ausgebrannte Militärfahrzeuge, die teilweise in die Teiche gefahren waren um dort zu verglühen.
Hier hatte eine Schlacht getobt.
Brian sah zum Himmel. »Gutes Flugwetter. Aber auch ideal für die Vietcong. Sie sehen uns sofort. Nebel wäre mir lieber. Also mach dich auf was gefasst.«
Am blauen Himmel zogen Kondensstreifen ihre Bahnen Richtung Nordwesten.
»B-52-Bomber«, knurrte Brian. »Sie machen mal wieder ein paar Quadratkilometer mit Napalm platt. Bringen wird das nichts. Die Charlies müssen sich unter der Erde vergraben haben. Sie sind nach ihrem Einfall in Saigon nicht mehr aufzufinden. Wir können doch nicht alle getötet haben? Aber niemand weiß, wo sie stecken. Und das macht mir Sorgen. Guerillas sind schwer zu
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