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Saigon - Berlin Thriller

Titel: Saigon - Berlin Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hef Buthe
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Töchter. Verdammt noch mal. Glaubt ihr denn, alles kaufen zu können?«
 
    Der Schnee knirschte unter den Sohlen. Ich trabte neben einem bewaffneten Grenzer her, der die Hände bis zu den Ellenbogen in seinen Manteltaschen vergraben hatte.
    »Wir haben es eindeutig mit der Vietnamesen-Mafia zu tun. Du warst doch dort. Was fällt dir dazu ein?«
    Darüber grübelte ich schon die ganze Zeit nach. Alles, was mir im Kopf herumspukte, war der Name »Sampan«. Phong hatte ihn das erste Mal benutzt. Nun war er tot. Wer war dieser geheimnisvolle Mensch, der hier in Ostberlin offensichtlich den Drogenhandel an sich zu reißen begann? Die Stasi schien davon zu wissen. Nur, wie ich Ewald verstanden hatte, standen der Obrigkeit noch höhere Dienstgrade im Weg, die dabei waren ihr Scherflein möglichst schnell in Sicherheit zu bringen.
    »Scheiße. Denk nach, was damals in Vietnam war. Einer von deinen alten Kumpels muss dich kennen, sonst hätte er dich nicht als Kurier ausgesucht.«
    Ewald, der kleine sture Grenzer, war nicht so weltfremd, wie ich ihn anfangs eingeschätzt hatte. Seine Schlüsse waren logisch und zwingend. Nur trauen konnte ich ihm immer noch nicht. Diese Art von Vertrauen hatte man mir abgewöhnt.
    »Und was passiert, wenn deine ... eure Leute das in dem Mercedes finden, was du vermutest?«
    Ewald zog die Schultern hoch. »Vorerst mal nichts. Du und dein Auftraggeber bekommen den Wagen unberührt zurück und wir warten ab.«
    »Mo ... Moment mal«, protestierte ich. »Soll ich für diesen Sampan oder wer auch immer dahintersteckt weiter den Kurier spielen? Denn darauf läuft es doch hinaus.«
    Ewald nickte und schloss die Haustür auf. »Sieht so aus. Aber anders kommen wir an die nicht ran. Hast aber den Vorteil auf deiner Seite. Die Grenzer lassen dich auf unserer Seite in Ruhe.«
    »Na, klasse. Im Osten nichts Neues«, knurrte ich und schloss den Eingang.
 
    In dieser Nacht träumte ich schlecht. Nach ein paar Korn in Ewalds Küche und langen Diskussionen war ich in das zu weiche Bett meiner Tochter gekrochen. Hatte vier Kerzen auf dem Familienschrein angezündet. War niedergekniet, wie ich es bei Kleiner Drache Abend für Abend gesehen hatte. Hatte die Hände aneinandergelegt und mich verneigt. Ein Gebet wollte mir nicht einfallen. Ich wusste nicht, welcher Gottheit dieser Schrein gewidmet war. Beleidigen wollte ich keine von den möglichen. Also ließ ich es besser.

VIERTES KAPITEL
 
    S AIGON , 30. D EZEMBER 1968
 
    Ein Armeelastwagen, voll mit verwundeten, aber gehfähigen Soldaten, hatte mich nach Saigon zurückgebracht. Meine schwarze Krankenschwester hatte es sich nicht nehmen lassen, ein Foto von meinem »weißen Arsch« zu machen. Das würde sie in ihr Poesiealbum kleben. Dafür hatte sie mir zum Abschied einen Stock geschenkt, der aus einer knorrigen Baumwurzel bestand. Er war ein Kunstwerk der Natur. Die Wurzel hatte sich mehrfach um sich selbst gewunden. Wie ein Mensch, der nicht wusste, wohin er sollte oder wollte.
    Ich hinkte auf das Hotel zu. Stoppte auf dem Platz und änderte die Richtung.
    »Hat dein Drache auch einen Namen?«
    Kleiner Drache hatte die Füße im Wasser des Brunnens. Es war warm. Feuchtheiß. Sie sah kurz auf und ließ den Drachen weitere Runden schwimmen. Es sah wie ein Begrüßungszeremoniell aus. Das Holztier zog wilde Kreise. Paddelte mit den Füßen. Schlug mit dem Schwanz wie ein Hund, der seinen Herrn freudig begrüßte.
    »Mittlerer Drache«, antwortete sie kurz und spielte weiter. Ich sah dem Spiel zu. Es war faszinierend, was sie mit dieser fünfzig Zentimeter langen Holzkonstruktion machte.
    »Du bist verwundet?«
    Ich sah an meinem Wurzelstock hinab und nickte stumm.
    »Das Hotel leert sich langsam. In der Zeit deiner Abwesenheit sind wieder zehn Reporter nicht zurückgekommen.«
    Der Krieg wurde härter. Das hatte ich selbst erfahren müssen. Auch wenn es zunächst meine eigene Dummheit war und ich ihn nur wenige Minuten oberhalb des Blätterwaldes hatte beobachten können.
    »Komm. Ich muss duschen und habe Hunger.«
 
    »Nein, nein, Sir. Die kommt hier nicht mehr rein«, wehrte der Empfangschef ab. Kleiner Drache hatte ihren tropfenden mittleren Drachen unter dem Arm und sah sich mit braunen Augen um, als ginge sie das alles nichts an.
    »Und warum nicht? Sie gehört zu mir, und sie bleibt bei mir.«
    Der Empfangschef verdrehte die Augen. »Sir, das geht nicht. Diese Frau ist gewalttätig. Sie vertreibt die Frauen der anderen Gäste.«
    »Stimmt das?«

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