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Saigon - Berlin Thriller

Titel: Saigon - Berlin Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hef Buthe
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genauso gut ins Gegenteil umschlagen. Meine Tochter hat sich für deine geopfert. Warum lebt deine noch? Wir teilen den Schmerz und lassen deine auch verrecken. Das würde ein Vater, eine Mutter zwar nie sagen. Aber die Gefahr, dass sie instinktiv so handelten hatte ich oft genug erlebt.
    Geteiltes Leid ist halbes Leid, sagt ein deutsches Sprichwort. Es hatte, wie alles, zwei Seiten, von denen man es betrachten konnte. Und meine Seite hatte einen Makel ... The-Maria war ein Halbblut. Nichts wert, wie Ewald vor wenigen Stunden gesagt hatte. Verfahren eingestellt. Wer interessierte sich schon für eine Vietnamesin?
 
    Bis 19.00 Uhr waren es noch zwei Stunden. Ich fuhr die Haltespur des Busses an und überlegte. Mein Nacken kribbelte wieder. Sollte ich vorher bei Olgas Würstchenbude vorbeifahren? Ich verwarf das. Wenn sich die Grenzer schon genauestens über die Zustände von zwei gleichen Wagen informiert hatten, dann konnte ich jetzt keine Fragen gebrauchen, die ich nicht beantworten konnte.
    Die verzerrte Stimme hatte mich auf den Parkplatz des Forsthauses Paulsborn befohlen. Dort hatte ein identischer Mercedes mit Autotelefon gestanden. Ich hatte bei meiner durchhängenden Karosse die Schlüssel steckengelassen und war in den anderen Wagen umgestiegen, bei dem auch der Zündschlüssel steckte, und hatte den Rückweg angetreten. Als Grenzübergang war mir wieder die Bornholmer Straße zugewiesen worden. Weitere Anweisungen sollten folgen. Dass beide Wagen das gleiche Kennzeichen hatten, war mir entgangen.
    Ich wartete. Auf was, war mir nicht ganz klar. Das hing davon ab, ob die Linie 25 ihren Fahrplan einhielt. Und sie hielt. Die Scheinwerfer blinkten auf. Die Hupe drohte wütend. Ein weißer Golf fuhr an uns vorbei.
    »Watt is, Männeken? Hasse det Jahnstadion imma noch nich jefunden?«
    Der Busfahrer war derselbe wie vergangenen Abend.
    »Doch. Danke für den Hinweis auf Olgas Wurstpalast. War eine gute Idee. Aber ich suche noch etwas.« Ich wedelte mit einem Fünfzigmarkschein.
    »Wo kann ik helfen? Weest ja, wir Buskutscher kennen allet.« Seine Augen verfolgten den Schein.
    »Ich suche ein ganz verrufenes Etablissement. Sans Soucis oder so ähnlich. Wo finde ich das?«
    Der Busfahrer schnalzte mit der Zunge und besah mich von oben bis unten. Grinste.
    »Gibt es das überhaupt, oder hat mich ein Geschäftsfreund nur reingelegt? Es muss hier in der Nähe sein.«
    Der Busfahrer nickte. »Jehört hab ik schon davon. Wenne noch 'nen Fuffi drufflejst, frach ik mal in der Zentrale nach.«
 
    19.00 Uhr. Zum Jahnstadion.
    Ich war pünktlich. Ewald nicht. Die Kneipe war wieder voll. Voll mit diskutierenden Männern, Rauch, Nässe und Schweiß.
    »Wie jestern? Een oder zwee Jedecke?« Mollie machte sich erst gar nicht die Mühe, hinter dem Tresen hervorzukommen. Sie brüllte es einfach durch den Schankraum. Ich hob zwei Finger.
    Ewald kam in Dienstkleidung. Das Pistolenkoppel legte er auf den Tisch, den Mantel über eine Stuhllehne. »Ist das ein Scheißtag«, fluchte er und schüttete sein Gedeck in zwei Zügen hinunter. Eine Papyrossi folgte, begleitet von einem zweiten Gedeck. Dann wurde er ruhiger. Atmete tief durch.
    »Ich glaube, diese Unbekannten haben einen dicken Fehler gemacht. Das könnte deine Chance sein.« Dann schwieg er für einen Moment und sah den Rauchkringeln nach, die sich in der gläsernen Kugelleuchte über dem Tisch fingen und darin kreisten, um endlich die Öffnung nach oben an der Halterung zu finden.
    Er hieb mit der Faust auf den Tisch. »Du sagst mir jetzt verdammt noch mal, was dein Auftrag im Westen war. Das hat mit den Autos zu tun.«
    Nun schwieg ich. Trank und rauchte. Sollte ich ihm meine Bedenken gegen ihn verraten?
    »So geht das nicht«, polterte Ewald los. »Das war ein Test, den andere, professionellere als du, jetzt fortsetzen. Deine Tochter ist inzwischen wertlos für sie geworden. Wenn ich nicht aufgepasst hätte. Also rede endlich.«
    »Erst du. Auf was hast du aufgepasst? Was ist das Ergebnis?« Nun sprach der Journalist, der vielleicht anders als ein Stasi-Beamter geschult war, aber im Laufe seines Lebens seine eigenen Techniken zur Meinungsfindung erarbeitet hatte.
    »Sturer Bock!«, knurrte Ewald. Er bestellte Soleier, Schrippen und Buletten.
    »Nachdem du mit Stern zurückkamst, habe ich die anderen Übergänge informiert, auf einen Mercedes ohne Stern zu achten. Zwei gleiche Kennzeichen, das stank schon zum Himmel.« Er kaute und rauchte zur gleichen Zeit.
    »Ja und?«

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