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Saigon - Berlin Thriller

Titel: Saigon - Berlin Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hef Buthe
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Wie mein Vater. Ob sie dann auch ein verbranntes Mittagessen bekamen?
    »He, Paule«, schreckte sie einen älteren Mann auf, der in sein Bier stierte. »Komm ma bei mich.« Paule reagierte ziemlich langsam. Ein hagerer Mann. Die siebzig durfte er längst überschritten haben. »Der Mann aus dem Westen will nur 'ne Auskunft von dir.«
    »Wer zahlt?«, kam es knurrend zurück. Ich hob die Hand.
    Mollie lächelte. »Das wird aber teuer. Der hat hier einen Deckel von über hundert Mark.«
    Dass Informationen Geld kosteten - und meistens mehr, als sie wert waren -, hatte ich schmerzhaft lernen müssen. Mein ganzes berufliches Leben als Journalist waren Brian Eppsteins Worte in mir haften geblieben.
    »Ich übernehm den Deckel und zahle noch die Hälfte für nächsten Monat. Und für jeden, der mir glaubhafte Informationen über dieses Sans Soucis liefern kann.«
    Mollie und Paule sahen sich an. »Das Angebot hätte ich besser nicht gemacht«, knurrte Paule. »Für mich hätte es gereicht. Aber jetzt weiß plötzlich jeder was drüber, obwohl er das Wort nicht aussprechen kann.«
    »Halt die Klappe«, fuhr ihm Mollie über den Mund. »Willste mir den Umsatz kaputtmachen? Wenn ik schon son generösen Herrn aussem Westen hab, dann will ik auch mal watt vadienen.«
    Paule winkte ab. Mollie schwang ihre Hüften hinter den Tresen.
    »Danke für die Begleichung meiner Schulden. Ich bin ein Säufer. Ich weiß. Meine Frau ist vor einem Jahr gestorben. Da bin ich etwas auf die schiefe Bahn geraten. Meine Rente reicht leider nicht für Wohnen und Alleinsein. Man wird so einsam. Und bevor ich verrückt werde, besauf ich mich lieber unter Menschen. Habe meine Wohnung aufgegeben und hause in einem Kellerloch, das nüchtern nicht zu ertragen ist. Was wollen Sie wissen?«
 
    »Na, hast du es dir überlegt?« Die verzerrte Stimme hatte mich pünktlich nach sechzig Minuten angerufen.
    »Ja. Ich opfere meine Familie. Behalt sie.« Ich legte auf und wartete. Dieses Spiel beherrschte ich besser. Das hatte ich in Vietnam gelernt. Ich musste nur warten, um aktiv werden zu können. Paule hatte ich für zwei Monate freigehalten. Er hatte sich als der Schlüssel zum Sans Soucis herausgestellt. Er war dort drei Jahre nach seiner Rente Hausmeister gewesen.
    Das Autotelefon piepte nach ein paar Minuten. Wenn die Gegenseite jetzt nicht auf meine Sturheit einging, hatte sie verloren.
    »Hör zu. Wir haben alles getan, dass du und deine Familie ungeschoren davonkommen. Du musst nur noch ein paar Mal über die Grenze hin- und herfahren. Dieses Mal liegen zehntausend Dollar im Handschuhfach. Die deklarierst du nicht. Lass sie das Geld beschlagnahmen. Dir wird nichts geschehen. Du nimmst wieder die Chausseestraße und reist über die Bornholmer ein. Bei der Ausreise wird nichts passieren. Der hat seine zehntausend schon. Nur mit deinem Hauswirt, diesem Ewald, sind wir noch nicht ganz klar. Aber wir haben einen schwachen Punkt in seiner Vergangenheit gefunden. Seinen jüngeren Bruder. Also warte auf meinen Anruf um Punkt achtzehn Uhr. Dann ist unser Mann wieder an der Chausseestraße zuständig.« Die mechanische Stimme räusperte sich. »Ach ja. Da ist uns ein kleiner Fehler unterlaufen. Brich doch bitte den Mercedesstern ab. Die anderen Wagen haben ab sofort auch keinen mehr.«
    Irritiert. Ja, ich war irritiert. Das war der einzig mögliche Begriff für meinen Zustand. Der oder die Unbekannten kannten mich und meine Gewohnheiten sehr genau. Sie wussten um meine Vergangenheit in Vietnam mehr, als mir lieb war. Sie hatten The-Maria. Das Opium war ein nicht abstreitbarer Fakt. Ich war ihm die letzte Nacht auch erlegen. Und es war keine Touristenversion. Aber Kleiner Drache? Kleiner Drache in Berlin? Hier schien mir ein Schwachpunkt zu sein. Um Kleiner Drache zu etwas zu bewegen, war schon mehr als eine einfache Erpressung nötig. Aber womit konnte jemand sie erpressen? Da passte etwas nicht zusammen.
    Ich öffnete das Handschuhfach. Ein DIN-A5-Umschlag. Er enthielt tatsächlich zehntausend Dollar in kleinen Scheinen. Wie war der hier hereingekommen? Die Grenzer hatten in der Nacht den Wagen zerlegt und die zehntausend, die sie irgendwo gefunden hatten, beschlagnahmt. Oder nicht? Jemand log hier. Und wenn es Ewald war.
 
    Eine Stunde war ich durch Ostberlin gefahren. Irgendwie musste ich die Zeit bis um sechs totschlagen. Telefonierte mit meinem Verlag. Beruhigte den Chefredakteur, dass ich mit einer gigantischen Geschichte über den Mauerfall zurückkommen

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