Saigon - Berlin Thriller
meine Gehirnwindungen verkrallt und wollte nicht weichen.
Nach dem heißen Bad hatte dieses Vieh wenigstens ein paar Beine eingezogen. Warum hatte ich dieses Zeug geraucht? Mit Bewusstseinserweiterung hatten mir die alten Vietnamesen ihre Sucht begründet. Wollte ich meine Tochter verstehen? Oder hatte ich mir etwas anderes erhofft? Ich wusste es nicht. Und gab dem ganzen Vorgang einen Namen: Verzweiflung.
»Bei deinem Zustand isst du das besser zum Frühstück.« Ewald hatte Bratkartoffeln, Brathering und saure Gurken zubereitet.
»Wie kann man nur so bescheuert sein? Nur weil das Zeug im Haus ist? Ihr seid doch alle kaputt«, grollte er und putzte die Badewanne. Räumte das Geschirr ab und stellte eine Flasche Bier hin. »Damit du mal wieder nüchtern wirst. Ich muss mit dir reden.«
»Du bist doch kein Hotel. Denke ich.«
Ewald lachte. »Nein. Bin ich nicht. Aber langsam werde ich zum Obdachlosenheim, wenn du so weitermachst. Hier sind deine Autoschlüssel. Der Wagen steht vor der Tür.« Er zog seine Hosenträger hoch, knöpfte sich die Hose und die Uniform zu, schnallte das Koppel um.
»Und? Habt ihr was gefunden?«
Ewald grinste. »Ja. Dein Todesurteil. Mickrige zehntausend Dollar. Die Ware, die du rübergeschleppt hast, war mindestens eine Million wert. Das ist nur Bestechungsgeld für unsere Leute. Eine Verarschung ohnegleichen.«
»Was habt ihr damit gemacht?«
»Behalten natürlich.«»Also seid ihr doch bestechlich.«
Ewald stemmte die Fäuste auf den Küchentisch. »Nein, mein Lieber. So nicht. Das Geld ist ordnungsgemäß beschlagnahmt. Aber wie würdest du denn aussehen, wenn es noch da wäre? Diese Unbekannten würden dir sofort vorhalten, dass du mit uns gemeinsame Sache machst, um ihnen auf die Schliche zu kommen. Damit wärst du für sie unglaubhaft. Sie wussten, dass wir das finden würden. Nun glauben sie, dass wir bestechlich sind und Fehler machen werden. Wir müssen nur warten. Also schwing deinen Hintern ans Autotelefon. Ich muss zum Dienst.«
Ordnungsgemäß beschlagnahmt. Wie sich das anhörte! Was war in diesem Chaos noch in Ordnung? Das Geld hatten sich die Grenzer aufgeteilt. Wahrscheinlich hatten sie auch noch eine Bescheinigung ausgestellt, die niemand mehr haben wollte. Der Spender garantiert nicht. Er hatte die Grenzen und ihre Kontrollen geschickt getestet. Und das hatte ihn gerade mal zehntausend Dollar gekostet. Wenn mein Päckchen Opium schon hunderttausend Westmark wert war, was hatte dann alles in dem Wagen gesteckt, den ich in den Westen gefahren hatte? Wirklich nur Streusalz?
Wer war dieser Mann? Oder war es eine Sie? Die Stimme im Sans Soucis war anfänglich männlich gewesen. Am Telefon war ein Zerhacker dazwischengeschaltet worden. Ob männlich oder weiblich, war nicht mehr zu unterscheiden. Wie eine Kunststimme hatte es geklungen.
»Du machst dich ganz gut«, schnarrte die Stimme.
Ich hatte den Motor laufen und kaute auf einer Bulette, die ich mir in der Kneipe geholt hatte.
»Du hast sicher schon mitbekommen, dass wir die Sicherheitslücken im Grenzbereich abgetastet haben. Alles nur zu deinem Besten.«
»Ich will meine Tochter sprechen. Und zwar sofort. Sonst könnt ihr mich vergessen«.
»Ich weiß«, kam es mechanisch zurück. »Dann bist du unsere Sicherheitslücke. Daher wirst du weder mit deiner Tochter noch mit Kleiner Drache sprechen. Ich rufe in einer Stunde wieder an.«
Meine Hand zitterte. Der Schweiß drang mir aus allen Poren. Sie hatten nicht nur The-Maria, sondern auch ihre Mutter? Was, zum Teufel, machte Kleiner Drache hier?
Oder war das alles nur ein Bluff?
»Sie sehn aber janich glücklich aus. Mit was kann ik Sie aufheitern?« Mollie, die Wirtin der Kneipe Zum Jahnstadion setzte sich zu mir an den Tisch. Sie hatte grüne Augen. War nicht mehr jung, aber mit einem ansprechenden Äußeren, das ihre freche Klappe geschickt zu übertünchen verstand.
»Helfen? Ich weiß auch nicht«, murmelte ich. »Ich blicke in der Situation nicht mehr durch. Kann ich ein Gedeck haben?« Mir war übel. Hatte ich zu viel Opium geraucht? Oder schlug mir diese undurchschaubare Situation auf den Magen?
»Mollie, was wissen Sie über ein Etablissement mit Namen Sans Soucis? «
Mollie hatte sich die dritte Zigarette angezündet. Sah mich an. Blies wie ein Drache den Rauch aus den Nasenlöchern.
»Darum jeht et also. Det Sangssussi.« Sie überlegte einen Moment und ließ den Blick über die Gäste gleiten, die sich ihren Frühschoppen gönnten.
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