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Saigon - Berlin Thriller

Titel: Saigon - Berlin Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hef Buthe
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Kampfanzüge bestimmten das nächtliche Cholon. Wer anders aussah, war Geschäftsmann und somit Freiwild für Nutten und Taschendiebe.
 
    Kleiner Drache schien für das Schminken genauso lange zu brauchen wie jede Frau, die ich bisher näher kennengelernt hatte. Sie kam und kam nicht wieder.
    Ein kleiner dürrer Mann in weißem Seidenanzug an einem der anderen Tische beobachtete mich. Sein Begleiter und zwei Frauen kicherten. Tuschelten hinter vorgehaltenen Händen. Er bestellte etwas. Die Frau in Silber nickte. Sie brachte mir gleich die ganze Flasche Whiskey und neue Feuerchips. Verbeugte sich kurz und deutete auf den dürren Mann. Ich verstand es so, dass ich sein Gast war, der auch das Essen bezahlt hatte.
    Wie bedankte man sich hier in der erlauchten Gesellschaft der Obermafiosi? Kleiner Drache kam einfach nicht zurück, um mich aus der Situation zu retten, ohne dass irgendjemand sein Gesicht verlor.
    Es half nichts. Improvisieren war angesagt. Ich nickte dankend und prostete meinem Gönner zu. Er verstand und nickte gnädig. Sprach kurz mit seinen Tischnachbarn. Er erhob sich und kam auf unseren Tisch zu.
    »Sie gestatten, dass ich mich kurz setze?« Er sprach akzentfreies Englisch. Die goldenen Ringe an seinen Händen fielen mir sofort ins Auge.
    »Darf ich Sie um einen Gefallen bitten? Ich bin hier in Cholon für die Sicherheit unserer ausländischen Gäste zuständig.« Er zeigte mir einen Ausweis, den ich nicht lesen konnte. Nur das Foto stimmte mit ihm überein.
    »Ich bin in diesem Distrikt stellvertretender Polizeichef. Aber, Sie haben ja selbst gesehen ... das ist nicht einfach mit den Chinesen. Ich habe fünfzigtausend Schlitzaugen mit nur zweihundert Polizisten zu kontrollieren.«
    »Ja. Habe ich selbst erlebt. Jemand hat versucht mich zu bestehlen. Um was geht es?«
    Polizisten in fremden Ländern, Ausweise, die ich nicht lesen konnte und goldberingte Finger hatte ich nicht so gerne.
    »Darf ich einmal Ihren Pass sehen?« Mir trat der Schweiß auf die Stirn. Waren es wieder diese verdammten Feuerchips, oder die Vorstellung, dass ich ohne Kleiner Drache keinerlei Ausweismöglichkeit gehabt hätte?
    »Sie sind Deutscher. Ein fleißiges Volk. Ein sympathisches Volk. Würden Sie mir bitte dieses Dokument unterschreiben? Dann sind Sie mich sofort los und meines persönlichen Schutzes gewiss.«
    Ich faltete das Papier auseinander.
    »Das kann ich nicht lesen. Warum sollte ich es unterschreiben?«, protestierte ich. Wohl war mir nicht dabei.
    »Es ist nur eine Bestätigung, dass Sie sich hier sicher fühlen und Ihnen nichts abhandengekommen ist. Mehr nicht.«
    Mangels Erfahrung hob mein Instinkt den Finger. Nicht unterschreiben. Du kannst es nicht lesen.
    »Ich unterschreibe nichts, was ich nicht verstehe.«
    Der Mann nickte andeutungsweise.
    »Verstehe. Würde ich auch nicht tun. Ich beschaffe Ihnen bis morgen Mittag einen Übersetzer. So lange behalte ich Ihren Pass. Wir können uns um die Mittagszeit in der Polizeistation dieses Distrikts treffen. Einverstanden?« Er erhob sich und steckte meinen Pass ein. Das fehlte mir noch. Ohne den war ich hier Freiwild.
    »Geben Sie dieses Schreiben schon her. Ich unterschreibe, wenn Sie mir sagen, wozu das nötig ist.«
    Er setzte sich wieder. Legte aber nur das Schreiben hin.
    »Pass gegen Unterschrift«, schaltete ich auf stur. Es gab genug Gäste, die das beobachtet hatten. Aber den Gedanken, dass sie mir notfalls gegen einen Polizeichef helfen würden, verwarf ich gleich wieder.
    »Jedes Schreiben eines zufriedenen Ausländers hilft mir, um allmählich die Position des obersten Polizeichefs zu erklimmen. Den hat die Regierung an die Front versetzt. Und die Stelle hätte ich gerne. Ist das so schwer zu verstehen? Ich bekäme das doppelte Gehalt.«
    Ich sagte besser nichts. Jetzt schon Goldringe, eine goldene Uhr, ein teures Lokal. Ich unterschrieb. Mein Dokument war wichtiger als ein Fetzen Papier, den nur der Aussteller lesen konnte.
 
    »Da bin ich wieder«, trällerte Kleiner Drache. Sie hatte eine Armeeumhängetasche mit dem Aufdruck US ARMY BAT. 342 über der Schulter.
    »Wo warst du die ganze Zeit?«, fluchte ich. »Ich unterschreibe hier Papiere, die ich nicht lesen kann, und habe keinen Dolmetscher.«
    »Oh, oh, mein Sampan ist sauer. Ich war einkaufen. Aber dir scheint es auch nicht schlecht gegangen zu sein.« Sie deutete auf die Flasche. Es war sinnlos ihr zu erklären, dass der angehende Polizeichef das Meiste davon getrunken und sich von seinen

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