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Saigon - Berlin Thriller

Titel: Saigon - Berlin Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hef Buthe
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ist fertig. Können wir fahren?« Kleiner Drache hatte sich mit einer Mini-Kampfuniform getarnt. Etwas war geschehen. Sie hatte schlechte Laune. Sie war angespannt wie ein Bogen.
    Ali taxierte sie und nickte. »Wir sind eigentlich auch fertig. Es bleibt so wie besprochen. Nach Veröffentlichung in der Weltpresse sprechen wir uns wieder.«
    Kleiner Drache ballte die Fäuste. Wir hatten Französisch gesprochen.
    »Eins von euren Baguettes war persönlich von mir vergiftet. Darauf kann sich Colonel Sharif verlassen. Können wir endlich losfahren?«
 
    »Was sollte das denn? Wohin fahren wir? Du kannst doch Ali nicht so beleidigen. Wenn ich das bei euch Vietnamesen machen würde, dann hätte ich sofort ein Messer am Hals.« Ich fluchte die ganze Fahrt lang weiter vor mich hin. Kleiner Drache hatte die Füße auf den Sitz gezogen und schwieg. Sie dirigierte mich nur mit dem Finger. Die Gegend kam mir bekannt vor. Der abgestürzte Hubschrauber lag nun links von uns im Reisfeld. Wir waren auf dem Weg nach Chau Doc. Zu ihren Eltern. Ihre Kaumuskeln spielten. Mit jedem Kilometer wirkte sie angespannter.
    »Was ist los?« Ich bog auf den Damm zum Hause der Eltern ein. Fast taub durch den Lärm des fehlenden Auspuffs. Irgendwo in dieser Autoschrottsammlung musste ich einen neuen Auspuff herbekommen.
    »Das ist los.« Kleiner Drache deutete auf die umliegenden Reisfelder. Ich sah nichts. Nur ein paar braune, dürre Blätter, die sich auf die Wasseroberfläche gelegt hatten, als seien sie des Daseins müde. Sie schliefen wie eine auf dem Wasser treibende Leiche.
    »Unsere Befreier mit den Hubschraubern haben uns die ganze Ernte vernichtet. Das ist los. Sie haben uns jede Lebensgrundlage entzogen.«
    In einer Staubwolke hielt ich vor der Hütte.
    »Frag deine Eltern, was hier los ist. Ich bringe es in die Presse.«
    Die beiden alten Leute sahen müde aus. Sie saßen Hand in Hand vor ihrem wackeligen Häuschen. Die Mutter weinte. Nahm ihre Tochter in den Arm. Der Alte rauchte Opium und stierte in die Landschaft. Er war teilnahmslos. Apathisch.
    Mutter und Tochter schnatterten. Ich stand nur hilflos in der Landschaft herum.
    »Die Flugzeuge haben vor ein paar Tagen ein orangenes Pulver über die Felder versprüht. Seither geht alles ein. Die Büffel werden krank. Auch die Nachbarn habe ihre gesamte Ernte verloren. Was machen die mit uns?«
    Orangenes Pulver? Was hatten sich die Militärs nun wieder einfallen lassen? Damit konnte ich wenig anfangen.
 
    Nur einer der GIs bei unserem mehr als fragwürdigen Einsatz hatte etwas von einem Gift gesagt. Er war einer der späteren Killer. Ein sympathischer Kerl eigentlich. Wir waren zusammen Stunde um Stunde durch das Unterholz gekrochen. Seinen Namen hatte er mir nicht genannt. Ich hatte auch nicht danach gefragt. Wir sahen alle gleich aus. Grüne, geschminkte Marsmännchen. Aber er hatte in Yale studiert und keinen Job als Biologe gefunden. Da war die Armee die letzte Alternative, um etwas Geld für seine Heirat aufzutreiben. Der Namenlose trabte neben mir her. Redete und redete. Half mir über Hindernisse. Er war älter als ich.
    »Ja, fotografiere diese Wildnis. Es wird sie bald nicht mehr geben«, hatte er meine blödsinnigen Versuche kommentiert, eine bildliche Stimmung des Urwalds einzufangen. »Die Armee ist dabei, jedes verdammte Blatt mit einem neuen Mittel von den Bäumen zu holen. Dann stehen die Charlies nackt da. Nichts mehr mit Ho-Chi-Minh-Pfaden. Die finden sie dann selbst nicht mehr.«
    Sein halblautes Lachen wurde mit einem Verweis geahndet. »Ruhe im Glied«, fauchte ein Sergeant.
 
    »Und nun?« Es war eine der hilflosesten Fragen, die ich in meinem Leben gestellt hatte. Kleiner Drache schnatterte auf ihre Mutter ein. Ich suchte mir einen alten Kotflügel als Sitzplatz und rauchte. Möwen kreisten über den Reisfeldern. Sie stießen nicht hinab, um einen Molch oder etwas anderes Fressbares zu fangen. Sie drehten in Richtung Mekong ab. Das war kein gutes Zeichen. Der Instinkt der Tiere war unserem weit überlegen. Hier war alles vergiftet, um den Vietcong jegliche Nahrungsgrundlage zu entziehen.
    »Sie lassen uns in Ruhe, sonst bekommen sie nichts zu essen«, hatte mir Kleiner Drache vor Wochen erklärt, wie die Symbiose zwischen Bevölkerung und den Guerillas funktionierte. Jetzt beraubten die Besatzungs-Befreier noch die Ärmsten der Armen. Die Landbevölkerung.
    »Meine Eltern sind stur wie Wasserbüffel. Sie wollen hier nicht weg.«
    Kleiner Drache setzte sich auf

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