Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Saigon - Berlin Thriller

Titel: Saigon - Berlin Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hef Buthe
Vom Netzwerk:
die Militärs immer Neulinge aus. Wir Alten machen bei diesen Spielchen nicht mehr mit«, brummte Yato. »Die Welt entwickelt sich von Tag zu Tag. Mit ihr der Krieg, der schon lange keine Fronten mehr hat. Da brauchen sie solche Idioten wie uns, die mit dem Geld ihre Familien ernähren müssen.«
    »Halt die Klappe«, fiel der Russe dem Japaner ins Wort.
    »Ihr habt dieses Land doch nach den Chinesen ausgebeutet. Und wir verdienen mit unserem Job hier nur Geld.«»Wenn wir es überleben«, fügte Ronald hinzu.
    Ali lächelte. Nippte an seinem Glas. Rauchte.
    »Dazwischen waren noch die Franzosen. Vorher und nachher. Sonst hätten wir den ganzen Zirkus hier nicht.«
    Fjodor war ein Hitzkopf. »Du bist doch ein Araber. Was weißt du von den Franzosen? Die haben wir schon unter Napoleon vertrieben. Da gab es euch Moslems noch nicht. Euch braucht man genauso wenig wie die Schlitzaugen hier.«
    Ali nickte und erhob sich. »Wie du meinst. Dann geht der Krieg an einer anderen Stelle weiter. Vielleicht einmal in deinem Land, du Kommunist.«
    Fjodor fluchte etwas. Die anderen verstanden ihn nicht. Lachten aber. Er war der Platzhirsch.
    »Pass auf diesen Russen auf. Der Mann ist vom KGB bezahlt. Und nun geh dich gründlich putzen.«
    Ali hatte mich vor einer Diskussion mit Fjodor gerettet, die unweigerlich in einem neuen Krieg ausgeartet wäre. Hatte mich vom Hocker gezogen und die Treppe hinaufgeschubst. »Lass das. Alle deine Kollegen sind von ihren Geheimdiensten gekauft. Solche Diskussionen führen zu nichts. Du bist und bleibst einsam. Also, willkommen im Club. Wir sehen uns morgen im Café L'Étoile zum Brunch.«
 
    Ich hatte zwei Stunden lang im Bad versucht, mich vom Dreck zu befreien. Er ging nicht weg. Er saß in meinem Kopf fest. Und der war so nicht zu reinigen. Dann hatte ich die Filme auf den Weg gebracht und den vom französischen Geheimdienst vorgegebenen Text zu den Fotos auf den Lochstreifen des Telex verfasst. Meine Schwarzweißfilme, die ich während des Massakers mit einer kleinen Leica zwischendurch gemacht hatte, hatte ich im Bad selbst entwickelt. Was ich damit bezwecken konnte oder wollte, war mir nicht klar. Es war einfach nur ein Instinkt gewesen, mit einer Zusatzkamera zu fotografieren. Kleiner Drache hatte mein Tun aufmerksam beobachtet und alle Versuche der Chinesinnen abgewehrt, dass deren Brötchengeber das Bad betraten. Aber nicht verstanden, was ich tat. Diese Filme waren meine Lebensversicherung. Sie waren nicht durch das Luftbildlabor der Basis gegangen.
    Danach waren wir eingeschlafen.
    »Du bist nicht normal«, waren ihre letzten Worte auf meiner Brust gewesen.
 
    Nächster Tag, elf Uhr. Brunch im L'Étoile.
    Kleiner Drache kümmerte sich um einen Ersatzreifen für den Peugeot. Ali war allein im Lokal. Ich legte ihm die gewünschte Telexmitteilung zu den Fotos vor. Er las und nickte.
    »Dann kommen wir ins Geschäft. Wenn die so von allen Presseagenturen übernommen wird, bekommst du die restlichen fünftausend Dollar.«
    Der Brunch bestand aus Baguette mit Seetang und geräuchertem Fisch. Passend zu meiner Laune. Und die war im Keller.
    »Was bezweckt ihr damit? Das entspricht doch nicht der Wahrheit«, versuchte ich meine Opposition möglichst ruhig zu vermitteln. Das war mit vollem Mund einfacher als mit knurrendem Magen. »Wo sind Brian Eppstein und La Troux? Um die sollte es doch gehen?«
    Ali kaute. Verzog das Gesicht nicht. Wischte sich bedächtig Mund und Hände ab.
    »Eppstein ist abberufen worden, nachdem wir ihm die Leiche seines Sohns übergeben haben. Und La Troux ... der ist ein schlauer Fuchs. Niemand weiß, wo er ist. Verschwunden. Von der Bildfläche verschwunden. Aber das heißt bei dem nichts.«
    Ali kaute weiter und trank grünen Tee.
    Gerne hätte ich ihn gefragt, was dann mein Einsatz im großen Spiel der Politik bedeutet hatte. Ich tat es nicht. Ich war, wenn alles so lief, wie die Geheimdienste es wollten, der kleine Gewinner. Wenn auch ein Urkundenfälscher. Aber wer würde das in den nächsten Jahren noch wissen wollen? Dieser Krieg konnte nicht ewig dauern. Keiner schien noch an ihn zu glauben. Das Gesicht zu wahren, sich möglichst nicht als Verlierer aus diesem Desaster zu verabschieden, war offensichtlich das einzige Bestreben der größten Militärmacht der Welt. Und dazu war ihr jedes Mittel recht. Vor allem junge, unerfahrene Journalisten wie ich. Ich war in eine Maschinerie geraten, die mich gnadenlos vereinnahmt, nein, gekauft hatte.
 
    »Der Reifen

Weitere Kostenlose Bücher