Saigon - Berlin Thriller
einmal so viel drin«, versuchte Guibaud mich zu ködern. »Also bitte, die Filme. Die sind doch schon längst entwickelt, und Sie haben Kopien davon, die Sie Ihrem Verlag auch noch anbieten können. Wo sehen Sie da ein Problem? Ist ein faires Geschäft. Wir machen mit Ihrer Arbeit ein Geschäft und Sie auch.«
Ich zögerte. Sie waren wirklich dabei, mich zu kaufen. Das Angebot war verlockend. Ich konnte meine Fotos doppelt vermarkten. Für dreißig belichtete Filme zwei Jahresgehälter. Das war ein Geschäft. Aber woher wusste der Franzose, dass ich Kopien von den Filmen hatte?
»Na schön. Gegen weitere fünftausend bekommen Sie die Filme.«
Ali verschluckte sich und hustete. Guibaud ließ das kalt.
»Kriegen Sie. Aber erst, wenn ich die Filme gesichtet und Sie diesen Text dazu an United Press mit ihrem Telexcode versehen haben. Bewahren Sie den Lochstreifen auf und schicken Sie ihn erst ab, wenn Sie meine Freigabe haben. Bon soir.«
Ein weiterer Umschlag neben der Fischplatte und ein stinkender Zigarrenstumpen am Boden waren alles, was von diesem dubiosen Menschen übrig blieb.
Ich betrachtete die Palmwedel, die leicht im Nachtwind raschelten. Es war seltsam still. Stiller als im Urwald, der nachts erst zum Leben erwachte. Fiepen, Singen, Knurren, Grunzen, Flattern, Rascheln, Plätschern. Das waren Nächte, die ich nie vergessen würde. Und die fiesen Anfluggeräusche von Moskitos. Das war nur mit totaler körperlicher Erschöpfung zu ertragen, die einen schon im Stehen in den Schlaf zwang.
»Ist das alles für mich? Das Bad ist in einer halben Stunde fertig.« Kleiner Drache fiel wie ein Derwisch über die Reste der Reisplatte her. Wenn sie mehr als zwei Hände gehabt hätte, sie hätte sie alle benutzt. Es war mir peinlich. Es sah so aus, als könne ich sie nicht ernähren. So weit war ich schon gekommen, dass ich einen Beschützerinstinkt für eine völlig fremde Frau entwickelte.
Ali erhob sich. »Nimm das Angebot an. Wir brauchen dich. Du brauchst uns. Ein besseres wirst du von der CIA nicht bekommen. Die legen dich höchstens um. Wir sehen uns an der Bar.«
Ali hatte es in Englisch gesagt. Kleiner Drache verstand die Köder-Drohung nicht.
Ich studierte den Inhalt des zweiten Umschlags. Fluchte in mich hinein. Ich war wirklich nur ein Werkzeug. Ein Spielball für die Geheimdienste, die sich gegenseitig einen Krieg lieferten.
»So eine Scheiße!«, fluchte ich jetzt laut. Kleiner Drache sah kurz auf und leckte den letzten Reiskrümel von der Platte. Ich schwieg jetzt besser. Für heute hatte ich wirklich genug von den Problemen dieses Wahnsinnsspiels. Mehr als hundert Bauern sinnlos niedergemacht. Und meine Konkubine leckte die Platte eines Hotels ab. Der französische Geheimdienst bezahlte mich dafür, dass ich das Massaker als neutraler deutscher Journalist der nordvietnamesischen Armee zuschob.
Alles sehr schön ausgedacht. Die Geheimdienste provozierten für die Vietcong einen Zweifrontenkrieg, indem sie kambodschanische Dörfer mit Killern der US-Truppen niedermachten. Dadurch würde Kambodscha die sogenannten Ho-Chi-Minh-Pfade nicht mehr dulden. Hofften die Geheimdienste. Diese Wege, die bis ins Mekong-Delta zu führen schienen, waren aus der Luft nicht auszumachen. Die Air Force bemühte sich mit Tausenden von Tonnen Bomben, sie unschädlich zu machen. Dann war zwei Tage Ruhe, und der Vietcong hatte sich für seinen Nachschub an Menschen und Material einen neuen Weg in das Unterholz geschlagen. Alles auf den neutralen Gebieten von Kambodscha und Laos.
»Ich brauche das Bad eine Stunde länger. Kannst du das machen?«
Kleiner Drache wiegte den Kopf. Zuckte mit den Schultern.
»Wenn du es länger brauchst, dann bekommst du es. Muss nur ein paar Chinesinnen erschießen und vorher selbst putzen. Kein Problem.« Sie schwirrte davon.
Ich versuchte die Albträume der letzten Tage in ein logisches Raster zu bekommen. Es gelang mir nicht. Alles war zu wirr. Nicht wirklich greifbar und doch so nah. Mir war danach, mir ein Messer in den Arm zu stoßen, um festzustellen, ob ich noch lebte.
Sie lächelten alle an der Bar. So, als hätte Ali sie über meinen Einsatz informiert.
Yato der Japaner, Wan der Hongkong-Chinese, Fjodor von der Prawda, Ronald von der Daily Mail und Vesuv. Der Neuseeland-Italiener.
»Jetzt ist aber ein Einstand fällig«, grölte Fjodor. Ali schmunzelte nur und schwenkte einen Whiskey mit Eis.
»Du hast deine Feuertaufe überlebt«, schmunzelte Vesuv.
»Dazu suchen sich
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