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Saigon - Berlin Thriller

Titel: Saigon - Berlin Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hef Buthe
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langsam, klar, dass ich irgendwo ein mit dem Schwanz denkender Idiot sein musste. Ich hatte nicht nur ein paar Büffel gekauft. Ich hatte gleich eine Familie mit den Dorfältesten als Mitgift hinzubekommen. Nun konnte ich nur noch zum Zeitungsgott beten, dass die Massakerszenen samt Text genommen wurden. Meine Kreditbriefe würden nicht für so viele Menschen, Büffel, Setzlinge, defekte Autos und meine persönlichen Bedürfnisse reichen.
    Ich ahnte, dass ich einen Fehler begangen hatte.
 
    »Warum bist du weggelaufen? Du kannst dein Angebot jetzt nicht mehr zurückziehen. Meine Familie würde ihr Gesicht verlieren.«
    Ich hatte mich auf einen Reisfelddamm zurückgezogen. Beobachtete das langsame Verenden der Pflanzen. Beobachtete, dass die Vögel immer weniger wurden, die hier nach Nahrung suchten, und rauchte. Der blaue Dunst sollte zwar auch nicht gesund sein, aber wann der aufstieg, bestimmte immer noch ich. Und nicht irgendwelche Gifte, die sich die Amerikaner ausgedacht hatten.
    Bald ist alles Grün weg und die Vietcong werden ihren eigenen Ho Chi Minh Pfad nicht mehr finden, hatte mein Wegbegleiter zum Massaker gesagt.
    »Ich werde dir auch eine gute Frau sein. Das verspreche ich.« Kleiner Drache umarmte mich. »Und wenn das Geld nicht reicht, gehe ich nach Cholon. Ein paar Stunden Arbeit, und wir können gut leben.«
    Unwillig schüttelte ich den Kopf. Meine zukünftige Frau, auch wenn sie es nur nach buddhistischem Recht sein würde, nach Cholon zur Arbeit schicken? Als Diebin und Nutte?
    »Kommt nicht in Frage. Ich bleibe bei meinem Wort. Ich muss nur nachdenken. Lass mich bitte allein.«
    Kleiner Drache nickte. Stand auf, sah Richtung Westen zur kambodschanischen Grenze. »Runter, sofort runter!« Sie warf mich den Damm hinunter in das schlammige Reisfeld.
    Sie rutschte hinterher und atmete tief. »Sag jetzt keinen Ton. Und ich habe meine Pistole vergessen«, fluchte sie leise vor sich hin und spähte über die Kuppe. Krallte sich in den Schlamm, riss ein paar Grasbüschel aus und steckte sie sich ins Haar. Sie sah wie ein kleiner brauner Drachenkrieger auf der Lauer aus.
 
    Ich war wie betäubt. Fuhr wie im Vollrausch zurück nach Saigon.
    Kleiner Drache lag auf dem Rücksitz. Verbiss sich in ihre Kleider, um Schreie zu unterdrücken. Alles, was wir hatten mitnehmen können, war eine Truhe, die wir vor den Flammen retten konnten. Darauf hatte Kleiner Drache bestanden. Der Familienschrein. Die Toten mussten wir liegen lassen.
    War das die Rache der Vietcong gewesen, den Ältestenrat, Vater und Mutter gnadenlos niederzumachen und die Büffel als Wegzehrung mitzunehmen? Alles niederzubrennen?
    Das hatte ich doch alles schon mal fotografiert. Auf der anderen Seite der Grenze. Nur, ohne Kamera sah das anders aus. Ich fühlte mich wie die hundert Dorfbewohner, deren Exekutierung jetzt irgendwo in der Weltpresse unterwegs war. Auf meinen Filmen.
 
    Kleiner Drache hatte sich nach vier Stunden wieder gefangen. Mir war schlecht. Sie kroch auf den Vordersitz und spielte mit dem Grasbündel vom Reisdamm. Flocht Zöpfe hinein und warf es zum Fenster hinaus.
    »Was sollte das bedeuten?«, wagte ich zu fragen. »Vietcong. Sie wollten nur etwas Lebensmittel.«
    »Dafür bringt man doch nicht zwanzig Leute und deine Eltern um. Spinnt ihr denn alle?« Diese Vietnamesen sollte verstehen, wer wollte. Ich würde mich lieber wieder hinter meinen Kameras verstecken. Nur dokumentieren. Mehr nicht.
    »Nein. Sie waren nur überrascht. Da waren zu viele Zeugen. Und die mussten weg. Sie hatten nur mit meinen Eltern gerechnet. Es waren alles Söhne aus dem Dorf. Das haben deren Anführer nicht gerne, wenn ihre Leute identifiziert werden können. Dann muss eben eine Seite sterben. Mehr gibt das Gesetz nicht her.«
    Mehr gab das Gesetz des Dschungels nicht her. Das hatte ich zu verdrängen versucht. Aber die Reisfelder um Chau Doc waren kein Dschungel. Was dachten sich die Kommandierenden noch bei diesem Krieg?
 
    Zwei Wochen später.
    Das Telex stand nicht mehr still. Meine Fotos und der getürkte Artikel waren von mehreren Zeitungen gekauft worden. Mein Verlag hatte mir einen neuen, noch höheren Kreditbrief zugesagt. Den hatte ich auch nötig. Meine Kollegen ließen auf mich anschreiben.
    Kleiner Drache war schweigsam. Sie ging ihren Aufgaben nach. Wurde immer aggressiver, wenn es um die Verteidigung des Bades ging. Wenn das so weiterging, war der Mord an einer Chinesin der nächste Schritt. Ihre Pistole und ein Wurfmesser trug

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