Sakrament der Lust
schließt mich fest in seine Arme und wiegt mich sanft hin und her. Endlich ist er wieder da! Ich kann es noch immer nicht recht glauben. Weshalb ist er zurückgekehrt? Julian zieht mich ins Haus und wir kuscheln uns eng aneinander geschmiegt auf die Couch in meinem Wohnatelier.
Bekenntnisse
«Alles in Ordnung, Jana? Wie geht es dir?»
«Ich weiß es selbst nicht so recht! Es kommt mir alles so unwirklich vor - sogar, dass du jetzt hier bist! Wie kommt das?»
«Das war alles ziemlich viel für dich! Entspann dich, es ist alles gut!»
Julian küsst mich sanft auf den Kopf und ich schmiege mich so eng an ihn, wie nur möglich. Ich fühle mich geborgen und beschützt. Aber in meinem Kopf formieren sich so viele Fragen und die Neuigkeiten, die ich Julian mitzuteilen habe, verhindern, dass ich mich in seinen Armen entspannen kann. Zunächst aber muss ich die jüngsten Ereignisse einordnen. Was hat Julian mit diesem Nail zu schaffen?
«Und woher kennst du diesen Nail?», frage ich schließlich.
Julian seufzt, als habe er schon die ganze Zeit erwartet, dass diese Frage kommen würde.
«Ich habe dir ja erzählt, dass ich vor dem Unfall schlimme Dinge getan habe, die ich heute sehr bereue», beginnt er langsam.
«Ja, ich weiß! Obwohl ich mir das überhaupt nicht vorstellen kann!»
«Nail betreibt - äh betrieb - ein Bordell. Ich habe ihm damals einen Koffer voll Schwarzgeld gestohlen!»
«Du hast ihn ausgeraubt? Und... und woher kennt er dich? Woher weiß er, dass du es warst?»
Julian atmet tief durch, bevor er fortfährt.
«Das mit dem Bordell war nicht seine einzige Einnahmequelle. Er hat zudem Drogen verkauft – auch an mich. Daher kenne ich ihn und ich bin alles andere als Stolz darauf, Jana. Als ich das Geld geklaut habe, hat er mich ertappt. Ich konnte zwar flüchten und das Geld verstecken, aber er wusste genau, wer ihn bestohlen hatte.»
Das alles passt überhaupt nicht zu dem Julian, der mich jetzt in seinen Armen hält. Kann sich ein Mensch tatsächlich so verändern?
«Du hattest im Beichtstuhl erzählt, dass deine Freundin dabei gestorben ist. Wie konnte das geschehen?»
«Nail hat Mia und mich aufgespürt. Wir sind vor ihm geflohen, aber er hat auf uns geschossen. Eine Kugel traf Mia in den Kopf.»
Julian atmet tief durch. Ich spüre, wie sein Körper von einem Beben erfasst wird. Das alles muss grauenhaft für ihn gewesen sein.
«Was ist dann geschehen?», flüstere ich.
«Ich selbst wurde so schwer verletzt, dass ich auf der Schwelle stand. Ich sah und spürte dieses alles umfassende Licht - seine Liebe erfüllte mich voll und ganz und ich trage noch immer einen Teil dieser Liebe in mir.»
«Ich kann es spüren in deiner Nähe!», wispere ich.
«Ich glaube, jeder von uns trägt ein Teil dieses Lichtes und dieser Liebe in sich, man muss nur tief in sich hineinhören!»
«Du meinst, auch dieser Neil?», frage ich ungläubig.
«Manche Menschen haben so viele schlimme Erfahrungen gesammelt, dass sie vor lauter Verbitterung nicht mehr fähig sind, Mitgefühl zu empfinden. Sie schützen ihren weichen, mitfühlenden Kern mit einer so harten Schale vor neuen Verletzungen, dass dann jedoch auch ihre Empathie nicht mehr an die Oberfläche dringen kann. Dennoch ist sie vorhanden - tief im Inneren verborgen.»
«Das kann ich mir bei diesem Menschen kaum vorstellen!»
«Jana, ich spreche aus eigener Erfahrung. Ich habe selbst eine schwere Zeit durchgemacht, viel Ablehnung und Anfeindungen erlebt. Um das ertragen zu können, schützt man sich ganz automatisch - mit Aggression oder abgestumpften Gefühlen.»
So wie Julian es erklärt, klingt es verständlich, dennoch kann ich mir bei diesem Nail nichts gutes im Kern vorstellen. Für mich gebärdete er sich wie der Teufel persönlich. Die Bilder des Kampfes mit Julian tauchen in meiner Erinnerung auf.
«Was geschah dann mit Nail, nachdem er auf euch geschossen hatte?»
«Er wurde von der Polizei verhaftet und kam für viele Jahre ins Gefängnis.»
«Und als er wieder herauskam, wollte er sein Geld wieder haben und sich an dir dafür rächen?»
«Es sieht so aus! Aber wie er eine Verbindung zwischen uns beiden herstellen konnte, ist mir schleierhaft!»
Ich seufze, denn ich weiß genau, wie Nail auf mich kommt. Aber ich fühle mich noch nicht bereit, Julian von der verpatzten Vernissage zu erzählen. Innerlich zittere ich noch von den vergangenen Geschehnissen und ich suche verzweifelt nach Halt in Julians Armen. Wenn ich ihn jetzt vor den Kopf
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