Sakrament der Lust
stoße, verliere ich vielleicht auch noch diese Stütze und das ertrage ich im Augenblick nicht. Stattdessen lenke ich ihn wieder auf den Kampf mit Nail.
«Und woher kannst du so gut kämpfen? Das wirkte so gar nicht priesterlich.»
Julian lacht über meine Bemerkung.
«Auch das hängt mit meiner Vergangenheit zusammen. Wenn man sich im Waisenhaus und auf der Straße behaupten will, muss man sich manchmal durchs Leben schlagen – im wahrsten Sinne des Wortes. Außerdem benötigt auch ein Priester körperlichen Ausgleich. Deshalb gehe ich ab und zu noch heute zum Boxtraining, aber wirklich nur, um mich fit zu halten.»
Ich schüttele den Kopf. Ich liege in den Armen eines boxenden Priesters, dessen Hobby es ist zu kochen – was für ein verrückter Antagonismus.
«Das findest du sicher irrsinnig, stimmt's?»
«Eher extrem aufregend!», gebe ich zu.
Soll ich ihm jetzt das mit der Schwangerschaft beichten? Lieber noch nicht. Ich habe Angst davor, wie er reagieren könnte. Noch immer weiß ich nicht, weshalb er überhaupt hier ist. Ich dachte, Julian wäre viele tausend Kilometer entfernt von mir, und jetzt liege ich hier mit ihm auf meiner Couch!
«Wieso bist du überhaupt hier und nicht mehr in Brasilien?»
Er drückt mich fest an sich und streichelt zärtlich über meine Wange.
«Hm, Jana es ist so, ich komme immer mehr in einen heftigen Gewissenskonflikt. Meine Arbeit als Priester ist mir unglaublich wichtig, aber da ist jemand in meinem Leben aufgetaucht, der mir mindestens genauso viel bedeutet. Ich konnte nachts kaum schlafen, weil ich nach einer Lösung grüblte. Es macht mich wahnsinnig, weil ich einfach nicht weiß, wie ich mit meinen Gefühlen umgehen soll. Aber eines war mir klar, ich musste dich einfach wiedersehen, Jana! Deshalb habe ich um eine Woche Bedenkzeit gebeten.»
«Wegen mir! Ist das wahr, oder nimmst du mich jetzt auf den Arm?»
«Soll ich es dir beweisen?»
Bevor ich noch antworten kann, schließen sich Julians Lippen über meinen. Oh, wie gerne würde ich mich dem jetzt hingeben, aber mir liegen noch schwere Steine auf der Seele, die ich unbedingt vorher loswerden muss! Ich schiebe ihn sanft von mir und er sieht mich fragend an.
«Ähm, Julian, ich muss dir etwas erzählen!»
Ich überlege fieberhaft, wie ich ihm die neuesten Ereignisse beibringen soll. Eigentlich fühle ich mich noch immer nicht bereit dafür, aber ich kann nicht weiter Zärtlichkeiten mit ihm austauschen, während diese Last auf meiner Seele liegt. Seine Blicke durchbohren mich forschend. Spiegelt sich darin so etwas wie Furcht?
«Bist du wieder mit deinem Exmann zusammen?», fragt er distanziert und versteift sich neben mir.
Ich schüttele heftig den Kopf.
«Nein, nein, absolut nicht! Ganz im Gegenteil!»
Die Anspannung entweicht aus Julians Körper.
«Wirst du mir vergeben, wenn ich dir meine Sünden beichte?», frage ich unsicher.
«Jana, du machst mich wahnsinnig! Sag mir endlich, was los ist!»
Vielleicht ist die direkte Methode doch die beste.
«Ich bin schwanger!», sprudele ich so schnell hervor, dass man es kaum verstehen kann.
Jetzt ist es raus und ich halte den Atem an. Julian springt auf die Füße und starrt geschockt in meine Augen. Oh je! Das sieht absolut nicht nach überschäumender Freude aus.
«Von wem?», fragt er scharf und die Frage, so berechtigt sie auch sein mag, verletzt mich zutiefst.
«Von dir!», antworte ich tonlos und senke den Blick.
Jetzt setzt er sich wieder neben mich aufs Sofa, ergreift meine Arme und sucht den Blickkontakt.
«Jana, ich dachte, du nimmst die Pille!»
Seine Stimme klingt eindringlich, hat aber zumindest an Schärfe verloren.
«Ja, hab ich auch, aber ich hab sie wohl zwei mal vergessen!», antworte ich unglücklich.
Ich wage nicht, ihn anzusehen.
«Wenn du es nicht willst, ich kann es abtr...»
Weiter komme ich nicht, denn Julian springt schon wieder auf die Füße.
«Denk nicht mal daran! Natürlich wirst du das Kind bekommen!», schreit er wütend.
Ich sehe verwirrt zu ihm auf. Julian rauft sich die Haare und in meinen Augen sammeln sich Tränen. Das ist alles viel zu viel Aufregung für mich. Als sich unsere Blicke treffen, glätten sich seine Züge sofort wieder. Er setzt sich neben mich und legt den Arm um meine Schulter.
«Es tut mir sehr Leid, Jana! Ich weiß, meine Reaktion ist unmöglich und viel zu heftig. Gib mir nur ein wenig Zeit, um mich an den Gedanken zu gewöhnen, ja?»
Ich nicke langsam, als er wieder mit seiner warmen
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