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Sakramentisch (German Edition)

Sakramentisch (German Edition)

Titel: Sakramentisch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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war
neuerdings nicht nur ein Diener des Rechts, sondern auch ein Verdiener am
Unrecht. Und das hatte Gründe.
    »Wird man uns erwischen?«, fragte Artur. »Der Ort ist klein, jeder
kennt jedes Schwein, was rumläuft. ‘s wär doch kein Wunder, wenn sie uns
erwischen täten, oder?«
    »Nein! Wie sollen sie uns erwischen?«, gab Hadi zurück. »Sie haben
doch nichts. Selbstverständlich wird –« Er unterbrach und sah Artur an. »Du
hast ja Tränen in den Augen. Was ist?«
    Er musste nicht lange auf die Antwort warten. »Meine Bernadette«,
flüsterte Artur schluchzend. »Ist doch gar noch nicht lange her. Jetzt ist sie
tot.«
    Die beiden ließen ihren Spezl eine kleine Weile allein. Klar, wenn
einer die Frau verloren hat, mit der er lange Jahre verheiratet war …
    »Deine Attrappen haben uns jedenfalls wunderbar geholfen«, sagte
Hadi dann zu ihm. »Keine Sau hat gemerkt, dass sie nicht echt sind. Die
Handgranate nicht und der Gürtel nicht.«
    »Hast du eigentlich mitgekriegt«, fragte Werner, »wem du den Gürtel
um den Bauch gelegt hast?«
    Hadi stutzte. »Ja, mir kam er so bekannt vor, als tät er gleich in
der Nachbarschaft wohnen. Warum? Kennst du ihn?«
    Werner sagte es ihm.
    »Was? Der Ottakring war da?« Artur sprang aus dem hellblauen Stuhl
auf. » Der Ottakring? Ogottogottogottogott, da haben
wir ja total verwachst. Der war Chef der Mordkommission.«
    Hadi sah belustigt auf. »Genau. Er war .
Außerdem haben wir mit Mord nichts zu tun. Wir sind einfache Straßenräuber.«
    Doch er konnte es nicht herunterspielen. Artur stand unter Spannung.
Er zwirbelte nachdenklich an seinem bayerischen Schnauzer herum. Eine Backe war
von einer falsch getimten Tresorexplosion unsauber vernarbt. Ihm fehlten zwei
Finger seiner schmalen, blassen rechten Tresorknackerhand. Die restlichen drei
zappelten bedeutungsvoll. Auch die übrigen Gliedmaßen waren ständig in nervöser
Bewegung.
    Werner kaute auf den Lippen herum. Er selbst, er hätte am liebsten
ein Urinal mit sich geführt, oder wenigstens einen Baumstamm, an den er sich
hätte stellen können. Dieses dringende Bedürfnis verspürte er an jeder Ecke.
Waren es die Nerven oder war es nur eine stinknormale Blasenentzündung?
    Hadi aber war die Ruhe selbst. »Was ist los mit euch? Keiner fragt,
was es zu essen gibt. Und wann es was zu essen gibt. Werner, du wolltest uns
doch einladen.«
    Auf die fragenden Blicke antwortete er mit »Ich bin halt verwöhnt
von meiner Teresa«.
    Der Hausherr hatte sich alle erdenkliche Mühe mit dem Essen gegeben.
In Sekundenschnelle schaffte er Stühle herbei und stellte einen Klapptisch auf.
Nach dem Anzünden des Grills beobachteten die drei in aller Ruhe, wie sich die
Kohle in der flimmernden Hitze des Feuers langsam aschgrau färbte. Werner legte
Gambas auf den Rost und Spießchen mit Lachs und Jakobsmuscheln. Dazu gab es ein
Elsässer Brot vom Bäcker Pledl und einen Gutedel aus dem Markgräflerland.
Beißender Rauch zog durch die Abzugshaube ab.
    Hadi hob das Glas und prostete dem Schutzheiligen der
Trachtenhausräuber zu. Es gibt bestimmt einen, dachte er, in Oberbayern gibt es
Heilige für alles und jeden. Bring uns Glück, wer immer du bist. Und bring vor
allem Artur Glück mit dem Geld. Er hat es nötig und verdient.
    »Prost!«, rief er also laut aus.
    Zwei Köpfe nickten, und beide Herren riefen: »Prost!«
    Als sie den Nachtisch verzehrt hatten – süße Bruschetta mit
gegrillten Pflaumen und Zimt –, schritten sie zur Tat.
    Werner holte die gesamte Maskerade hervor, ein Stück nach dem
anderen. Umhänge, Stiefel, Handschuhe, Bärte, Gummimasken, alles.
    Und ein Stück nach dem anderen opferten sie den Flammen. Es stank
wie bei einem Hexensabbatjubiläum, doch es musste sein. Es war Hadis Idee
gewesen, die Polizei derart an der Nase herumzuführen, und die beiden anderen
bewunderten ihn dafür.
    »Dass mir aber ausgerechnet den KR  Ottakring
erwischt haben«, sagte Artur, noch immer verblüfft. »Wenn das mal gut geht.«
    Zwei Herzensangelegenheiten gab es für den Kriminalrat a. D.
Josef »Joe« Ottakring: Lola, seine Frau, und Weihnachten. Da war Ottakring
purer Traditionalist.
    Er betrog seine Frau nicht, er drehte sich nicht einmal nach einer
anderen um, auch wenn sie einen noch so ausgeprägten Hintern hatte. Lola war
seine Sklavin – daran glaubte er fest –, der er liebend gern die Ketten
hinterhertrug. Mit anderen Worten: Er liebte Lola, er vergötterte sie. Auf
seine Art. Das hieß, sein Grummeln, Raunzen

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