Sakrileg – The Da Vinci Code: Inkl. Leseprobe aus „Inferno“
ausstieg und zur Front des Lieferwagens ging, fühlte er sich erstaunlich munter. Der Blick in den Lauf der zweiten Pistole des heutigen Abends hatte für einen gewaltigen Adrenalinschub gesorgt. Nicht nur, dass er ein gejagter Mann war – Langdon spürte auch angesichts der Tatsache, dass Sophie und er möglicherweise den verschlüsselten Wegweiser zu einem der am längsten und besten gehüteten Geheimnisse aller Zeiten in Händen hielten, den wachsenden Druck der Verantwortung.
Und damit nicht genug. Langdon erkannte, dass jegliche Möglichkeit, den Stein an die Prieuré zurückzugeben, endgültig zunichte gemacht war. Die Nachricht von den drei weiteren Morden ließ das Schlimmste vermuten: Die Prieuré ist unterwandert worden. Sie ist nicht mehr vertrauenswürdig.
Die Bruderschaft wurde offenbar überwacht, oder es gab in den höheren Rängen einen Maulwurf. Das würde erklären, weshalb Saunière den Schlussstein Sophie und Langdon zugespielt hatte – zwei Personen außerhalb der Bruderschaft. Eine Rückgabe war daher so gut wie ausgeschlossen. Selbst wenn Langdon gewusst hätte, wie er Kontakt zur Prieuré aufnehmen sollte – das Risiko, bei der Rückgabe des Schlusssteins an den unbekannten Widersacher zu geraten, war viel zu groß. Im Moment jedenfalls lastete die Verantwortung für den Schlussstein auf Sophie und Langdon, ob sie wollten oder nicht.
Die Frontpartie des Lieferwagens sah schlimmer aus, als Langdon erwartet hatte. Der linke Scheinwerfer fehlte ganz, der rechte sah wie ein ausgeschlagenes Auge aus, das an Nervensträngen aus seiner Höhle baumelte. Langdon versuchte, den Reflektor in seine Halterung zurückzudrücken, doch er fiel wieder heraus. Der einzige Lichtblick war, dass die vordere Stoßstange sich fast vollständig aus der Verankerung gelöst hatte. Während Langdon fest dagegen trat, um das verbogene Metallteil gänzlich abzureißen, fiel ihm sein erstes Gespräch mit Sophie wieder ein. Mein Großvater hat mir auf dem Anrufbeantworter eine Nachricht hinterlassen , hatte sie zu ihm gesagt. Er hat gesagt, er muss mich unbedingt in das Geheimnis meiner Familie einweihen. Damals war dieser Satz für Langdon ohne besondere Bedeutung gewesen, aber jetzt, da er wusste, dass die Prieuré de Sion mit im Spiel war, ergab sich eine faszinierende neue Möglichkeit.
Krachend brach die Stoßstange ab. Langdon hielt inne, um wieder zu Puste zu kommen. Jetzt war der Lieferwagen wenigstens keine fahrende Wunderkerze mehr. Er schleuderte die Stoßstange ins Gebüsch, wo niemand sie sah.
Aber wohin jetzt? Und wie sollten sie das Kryptex aufbekommen? Warum hatte Saunière es ihnen überhaupt zugespielt? Von den richtigen Antworten auf diese Fragen schien es abzuhängen, ob sie in dieser Nacht mit heiler Haut davonkamen.
Wir brauchen Hilfe , sagte sich Langdon. Professionelle Hilfe.
In der Welt des Heiligen Grals und der Prieuré de Sion gab es nur einen einzigen Mann, der als Helfer in Frage kam. Aber zuerst musste er Sophie für seinen Plan gewinnen.
Sophie wartete in der Fahrerkabine auf Langdon. Das Gewicht des Rosenholzkästchens drückte auf ihren Schoß. Sie mochte dieses Gefühl nicht. Warum nur hat Großvater dir dieses Ding gegeben? Sophie hatte keinen Schimmer, was sie damit anfangen sollte.
Denk nach! Gebrauche deinen Verstand! Grand-père versucht, dir irgendetwas zu sagen …!
Sophie klappte das Kästchen auf und betrachtete das Kryptex mit seinen Drehsegmenten. Sie spürte die Hand des Großvaters, die hier am Werk gewesen war. Eine Charakterprüfung. Der Schlussstein ist ein Wegweiser, dem nur folgen kann, wer dessen würdig ist …
Sie hob das Kryptex aus dem Kästchen und fuhr mit den Fingern sanft über die Buchstabenbänder. Fünf Drehsegmente. Sie ließen sich glatt und widerstandslos gegeneinander verdrehen. Am Marmorzylinder befanden sich oben und unten kleine pfeilförmige Einstellmarkierungen aus Bronze. Sophie drehte fünf Buchstaben zwischen die Markierungen, auch wenn dieses Lösungswort in seiner Offensichtlichkeit absurd war:
G-R-A-I-L.
Es war die englische Bezeichnung für den Gral; Saunière hatte ja auch die Botschaft im Louvre auf Englisch übermittelt.
Vorsichtig zog Sophie an den beiden Endscheiben des Zylinders. Nichts bewegte sich, lediglich die Phiole mit dem Essig im Innern gluckerte. Sie hielt inne und versuchte ein neues Passwort, diesmal auf Französisch.
V-O-U-T-E
Wieder tat sich nichts.
V-I-N-C-I
Nichts. Das Kryptex blieb
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