Sakrileg – The Da Vinci Code: Inkl. Leseprobe aus „Inferno“
enthielt.
Das Portal von Rosslyn Chapel war schmuckloser, als Langdon erwartet hatte. In zwei eisernen Angeln hing eine Holztür mit einem schlichten Schild aus Eichenholz und der Inschrift:
ROSLIN
Langdon erklärte Sophie die altertümliche Schreibweise, die sich vom Rosenlinien-Meridian herleitete, auf dem die Kapelle stand – beziehungsweise, wie die Gralshistoriker es interpretierten, von der »Rosenlinie« als der uralten Ahnenreihe Maria Magdalenas.
Die Besuchszeit der Kapelle war fast zu Ende. Beim Öffnen der Tür schlug Langdon ein Schwall warmer Luft entgegen, als hätte das alte Gemäuer am Ende eines langen Tages einen müden Seufzer ausgestoßen. Die Gewölbebögen am Eingang waren reichhaltig in Fünfpässe aufgelöst.
Rosen. Der Schoß der Göttin.
Als Langdon mit Sophie das Innere betrat, wurde sein staunender Blick in den berühmten Sakralraum gezogen. Er kannte zwar die Berichte, doch die unglaublich aufwändigen Steinmetzarbeiten von Rosslyn mit eigenen Augen zu sehen war eine Erfahrung ganz eigener Art.
Ein Paradies für einen Symbolkundler , hatte einer seiner Kollegen gesagt.
Jede freie Fläche im Innern der Kapelle war über und über mit aus dem Stein gehauenen Symbolen bedeckt – christliche Kreuze, jüdische Sterne, in die spätere Freimaurerei übernommene Zeichen der Baugilden, Templerkreuze, Füllhörner, Pyramiden, astrologische Zeichen, Pflanzenmotive, Gemüsepflanzen, Pentagramme und Rosen. Die Tempelritter waren Meister der Steinmetzkunst gewesen und hatten überall in Europa ihre Kirchen errichtet, doch Rosslyn Chapel galt als das sublimste Werk der Stein gewordenen Liebe und Verehrung. Die meisterhaften Steinmetze hatten keinen Stein unbearbeitet gelassen. Rosslyn Chapel war ein Schrein für jeden Glauben … für jede Heilsüberlieferung … und vor allem für die Verehrung der Natur und der Göttin.
Abgesehen von ein paar Besuchern, die bei der letzten Führung des Tages den Erläuterungen eines jungen Mannes lauschten, war der Kirchenraum leer. Der Fremdenführer ließ die Besucher im Gänsemarsch eine wohl bekannte Route auf dem Boden der Kirche abschreiten – einen imaginären Pfad, der sechs der wichtigsten Punkte im Innenraum auf geraden Linien miteinander verband. Generationen von Besuchern waren über diese Verbindungslinien geschritten, und ihr Schuhwerk hatte dabei ein riesiges Symbol in den Fußboden gewetzt.
Der Davidstern , dachte Langdon. An dieser Stelle beileibe kein Zufall. Das auch als »Siegel Salomons« bekannte Hexagramm war vor Urzeiten das Symbol der sternkundigen Priester gewesen und später von den Königen der Israeliten übernommen worden – von David und Salomon.
Der Fremdenführer hatte Langdon und Sophie hereinkommen sehen. Obwohl es eigentlich schon Zeit zum Schließen war, hatte er sie freundlich lächelnd aufgefordert, sich in Ruhe umzusehen.
Langdon nickte ihm dankend zu und wollte tiefer in den Kirchenraum hinein; Sophie jedoch blieb wie angewurzelt am Eingang stehen.
»Was ist?«, fragte Langdon.
»Ich … glaube, hier bin ich schon mal gewesen«, sagte Sophie verwundert.
»Aber Sie haben doch gesagt, Sie hätten noch nie von Rosslyn gehört.«
»Habe ich auch nicht …« Sophie ließ den Blick durch den Innenraum schweifen. »Mein Großvater muss mich hergebracht haben, als ich noch sehr klein war. Ich weiß nicht, es kommt mir alles so vertraut vor.« Sie sah sich ausgiebig um. »Ja«, sagte sie schließlich und deutete ans andere Ende des Sakralraums. »Diese beiden Säulen … ich habe sie schon einmal gesehen.«
Am anderen Ende des Innenraums, wo sich in Kirchen normalerweise der Altar befindet, erhoben sich zwei kunstvoll gearbeitete Säulen. Die weißen, filigranen Verzierungen glühten in den letzten Strahlen der durchs Westfenster scheinenden Abendsonne blutrot auf. Die Säulen bildeten ein merkwürdig aufeinander abgestimmtes Paar. In die linke waren schlichte senkrechte Kannelierungen eingemeißelt, während die rechte von üppigen Blumengirlanden umwunden war.
Sophie ging zu den Säulen hinüber. Langdon folgte ihr. Als Sophie die Säulen erreichte, schüttelte sie den Kopf, als könne sie es nicht glauben. »Ja, ganz sicher. Ich habe die Säulen schon einmal gesehen.«
»Das bezweifle ich nicht«, meinte Langdon, »aber es müssen nicht diese beiden gewesen sein.«
Sophie blickte ihn an. »Wie meinen Sie das?«
»Diese Säulen sind das meist kopierte Stück Architektur der Geschichte. Es gibt Kopien auf
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