Salai und Leonardo da Vinci 01 - Die Zweifel des Salai
hatt, vielleicht sogar noch viele andre mehr von denen hat man nie erfahren. Wenn also sogar der Leibsekretarius des Papstes so viele Fälschungen fabriziren konnt, ist’s leicht sich vorzustelln wie viele dann wohl erst die Kopisten und Skribenten und Kanzler hergestellt, die in der päpstlichen Kanzlei niedriger stehn, oder? Nach einem Jahr Kerkerhaft im Kastell Sant Angelo ist der Bischof von Cosenza krepirt, sagt der Alte, und seine Komplizen sind auch bestraft worden, aber ihr könnt sicher sein dass es immer wieder neue Fälscher gibt, und sind ihrer so viele und haben ihre Arbeit so gut organisirt dass sie wenn sie den Papst verleumden wollen wirklich nicht warten müssen bis er stirbt, von wegen, aber jetzt beeilt euch, wenn ihr noch mehr Fragen habt, denn bald muss ich weiter arbeiten, weil ich mach mir mein Brot ja nicht selbst, und muss Geld verdienen zum Leben. Und wie der kleine Alte das sagt muss ich fast lachen, denn das sieht ja auch der größte Trottel, Signior Padrone, dass er selbst ein Fälscher ist, und die Arbeit von der er spricht, die bedeutet neue Betrügereien und Schwindeleien und Fälschungen, also neue Papiere in Umlauf zu bringen wo Lügen verbreiten und noch mehr Durcheinander hier in Rom anzurichten das an sich schon ein großes Tollhaus ist. Dann zieh ich die andren Dokumente hervor die mir der Mensch mit dem Beuleiergesicht gegeben, und der Alte übersetzt sie schnell, und es sind andre Bullen wo Cesare als legitimer Sohn des Papstes anerkannt wird oder wo der Papst ihn nicht nur anerkennt sondern ihm auch noch Benefizien und Pfründe schenkt und ihm säckeweise Gefälligkeiten auf Kosten der Kirche erweist, und es gibt noch mehr Papiere worin steht dass Lucrezia, also die Schwester von Cesare, auch ein Kind vom Papste ist. Aber der Alte zeigt uns dass es in all diesen Fälschungen immer irgendeinen Feler gibt, beim Datum oder bei Orten, Namen oder Formeln, wie die Kanzlisten vom Papst sie niemals benutzen, oder auch Sachen die von andren Bullen widerlegt werden etcetera etcetera etcetera. Und einige von diesen Felern erklärt der Alte uns wirklich gut, denn er sagt zum Beispiel, siehst du, hier, diese falsche Unterschrifft die hätt ich viel besser gemacht, nemlich der letzte Buchstabe muss länger und schöner sein, und am besten macht man noch eine Zeichnung dazu die so und so aussieht und überhaupt nichts bedeutet aber den Eindruck von einer sehr geheimen Angelegenheit hinterlässt, wo nur die kennen die in der Kanzlei vom Papst arbeiten, denn dann betrachtet derjenige der das liest die Zeichnung und denkt, oha, wer weiß, was das bedeuten soll?, und dadurch wird er abgelenkt und sieht die Feler von der Fälschung nicht, nemlich solche Sachen wo schwer oder unmöglich gut zu fälschen sind, und in den Dokumenten leider immer vorkommen. Seht ihr das hier?, sagt der Alte, man erkennt genau dass dieses Dokument gefälscht ist und dass es ein rechter Dummkopf gemacht, denn in der Zeit von Sixtus IV. hat man solche Abkürzungen wie die hier und auch so eine Schreibweise noch nicht benutzt.
Was soll ich lang erzählen, Signior Padrone, jedenfalls hat der Alte, vielleicht weil das Beuleiergesicht uns zu ihm gebracht oder vielleicht weil er uns zeigen wollte wie gut er sich auf sein Gewerbe versteht, am Ende nichtmal mehr versteckt dass er selbst einer von denen ist die Fälschungen gegen Geld machen, und hat uns massenweise Kniffe erklärt wie man es anstellt dass ein gefälschtes Papier nicht erkannt wird, ja, ich glaube sogar, eine von unsren falschen Bullen war von ihm selbst gemacht, denn wann ich sie ihm vorleg wird er ein bisschen verlegen und sagt, ähh mmh nuuun, diese hier ist wirklich gut gearbeitet, aber ist vielleicht auch falsch denn da ist was Sonderbares dran, ich kann gar nicht sagen was, vielleicht das Aussehen allgemein oder der Tonfall oder die Schrifft, tja, aber auf jeden Fall muss sie ein wirklicher Kenner gemacht haben, oh ja, einer der sich wirklich darauf versteht. Und wie er spricht betrachte ich all die Berge aus Papier hinter ihm und dann seinen Tisch voller Blätter und Bücher und Federn und Tinte und hölzerne Gitter um die wagerechten Linien in die Papiere zu ritzen damit man ordentlich schreiben kann, und dabei macht die Ratte die noch nicht tot ist immer noch klingklang, und ich denke dass diese Fälscher wirklich ein beschissnes Leben führen, denn sie müssen immerfort Lügen erzählen und arbeiten den ganzen Tag mit der Angst dass früher oder
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