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Salai und Leonardo da Vinci 01 - Die Zweifel des Salai

Titel: Salai und Leonardo da Vinci 01 - Die Zweifel des Salai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi , Francesco Sorti
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das laut Queirazza «dem größten Teil der Papiere, die er eigenhändig schrieb, vorangestellt ist, und das ihm zumindest in den Briefen dieser Korrespondenz eigentümlich ist». Also wird der Beweis für die Echtheit des Briefwechsels erneut in dem Briefwechsel selbst erkannt, und die Wortwahl «zumindest» ist die diskreteste Form, zuzugeben, dass es keine anderen Beweise gibt. Der Wirt macht weiter Werbung für seinen eigenen Wein.
    Gasca Queirazza hat keinen Zweifel: In dem Briefwechsel befinden sich wirklich einige Zeilen, freilich nur wenige, die vom Papst persönlich geschrieben wurden. In diesen Zeilen, fügt er hinzu (S. 5), «weist die Handschrift des Papsts zwei grundsätzlich verschiedene Formen auf».
    Dieser Umstand müsste zur Vorsicht auffordern: Wenn es in einer Quelle zwei vollkommen unterschiedliche Handschriften gibt, ist es dann nicht merkwürdig, dass sie ein und dieselbe Person geschrieben haben soll?
    Die Zuschreibung der ersten Handschrift zu Alexander VI. «beruht im Wesentlichen auf den Angaben des Confalonieri» (Queirazza, S. 5), also dem Geistlichen, der den Briefwechsel sammelte und ordnete. Neben einige Briefe schrieb er «minuta Papae Alex. VI.» (= Entwurf von Papst Alexander VI.). Allerdings hat dieser geheimnisvolle Confalonieri den Briefwechsel im Jahr 1627 geordnet ( ibid . S. 2), also zwei Jahrhunderte nach dem Tod des Papstes und zweieinhalb Jahrhunderte vor der Entdeckung der Briefe … Ein wirklich vertrauenswürdiger Zeuge.
    Die zweite Handschrift soll – ebenfalls nach Gasca Queirazza – echt sein, weil sie von derselben Hand stammt, die einen Brief Rodrigo Borgias an seine Tochter Lucrezia verfasst hat, der heute in Mantua aufbewahrt wird. Wenn man jedoch überprüft, was diese Hand in dem Briefwechsel mit Giulia Farnese geschrieben hat, so entdeckt man, dass es sich um vier Zeilen am Anfang eines Briefes, drei Zeilen in einem anderen Brief und eine einzige, isolierte Zeile in einem anderen Blatt handelt. Acht Zeilen insgesamt – darauf reduzieren sich bestenfalls die berühmten, kompromittierenden Briefe Alexanders VI. an Giulia Farnese (und man vergesse nicht, dass es keine einzige Zeile von Giulia an den Papst gibt).
    Was steht denn nun in diesen acht Zeilen? Es sind kurze Vermerke auf Katalanisch (übersetzt lauten sie: «Das Geld nehmen / die Ringe nehmen / mit Galceran und Franci über das Türkenproblem sprechen» usw.) und ein paar Rechnungen mit Geldsummen. Von heimlichen Liebschaften oder saftigen Skandalen keine Spur.
    Doch als wenn das alles nicht zählte, füllen die Briefe aus der Engelsburg und das Märchen über die Liebschaft zwischen Alexander VI. und Giulia Farnese Wörterbücher, Enzyklopädien, Aufsätze, Biographien und kirchengeschichtliche Abhandlungen … Der Wirt hat seinen Wein gut verkauft und reibt sich zufrieden die Hände.
    Gesunder Menschenverstand hätte alle schon vor langer Zeit auf den richtigen Weg bringen können. Giulia Farnese heiratete in zweiter Ehe einen Neffen von Giulio della Rovere. Aber Giulio II. Papst Julius II. hasste Rodrigo Borgia, er hatte sich sogar ein anderes Zimmer im Vatikan ausgesucht, weil er nicht in dem seines Vorgängers schlafen wollte. Niemals hätte er seinem Neffen die ehemalige Geliebte des Borgia-Papstes zur Frau gegeben, wenn ihr dieser Ruf schon damals vorausgegangen wäre. Also kann der Klatsch um Giulia Farnese erst lange Zeit nach dem Tod Alexanders VI. begonnen haben: Wie immer traten die Profis der Verleumdung erst in Aktion, als das Opfer sich nicht mehr wehren konnte.

Die Methoden Pastors
    Einer der Gründe, warum der falsche Briefwechsel zwischen Rodrigo Borgia und Giulia Farnese anfangs ernst genommen wurde, ist die Tatsache, dass sein Herausgeber Baron Ludwig von Pastor war, die graue Eminenz unter den Historikern des Papsttums. Natürlich konnte ihm nicht entgehen, wie lächerlich die Argumente zugunsten der Echtheit dieser Quelle waren. Auch die Schnelligkeit, mit der der Briefwechsel ans Licht kam, gibt zu denken: 1924 veröffentlicht De Roo sein revolutionäres Werk über Rodrigo Borgia. Wenige Monate später legt Pastor, der zeitgenössische und zukünftige Historiker öffentlich aufforderte, sich jeder Art Rehabilitation des Borgia-Papstes zu verweigern, überraschend den Briefwechsel aus der Engelsburg vor. Was die Historiker jahrhundertelang offenbar übersehen hatten und er selbst erst nach Jahrzehnten entdeckte (Pastor hat seiner zweiundzwanzigbändigen Geschichte der Päpste

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