Salai und Leonardo da Vinci 01 - Die Zweifel des Salai
er Briefe bei sich hatte vom Sultan Bayazid, darin geschrieben steht dass der Papst dem Sultan viel Geld geben und schöne und wichtige Gefälligkeiten erweisen wird wenn der Sultan gegen die Frantzosen kämpft, wo Italien noch immer besetzen. Die üblichen bösen Zungen, sagt Grassi, behaupten dass es Beweise gibt für den Verrat vom Papst, nemlich Briefe von Seiner Heiligkeit an seinen Gesandten, und dass diese Briefe bei einem Notar in Fiorenza deponirt sind der Filippo Patriarchi heißt. Grassi fragt mich ob ich ihn kenn und ich sage nein, und dann bittet er mich ich soll in Fiorenza jemanden nach ihm suchen lassen, aber heimlich, denn niemand darf denken dass der Papst versucht die Dokumente zu finden die ihn anklagen oder retten könnten. In Wirklichkeit, sagt er, gibt es die Papiere nemlich gar nicht, er will nur wissen wer dieser Notar ist.
Darum, ehrwürdigster Padrone, bitte ich Euch ob Ihr so gütig seid den Notar Patriarchi suchen zu lassen, dann kann man rausfinden ob diese Briefe wirklich unter seinen Papieren sind. Und jetzt geh ich eine sehr nützliche Sache machen die ich Euch sogleich erklären werd, denn wenn ich immerzu schreibe bring ich ja niemals nichts Vernünftiges zuwege im Dienst für meinen gütigsten Padrone.
Euer treu ergebener
Salaì
26.
Mein vortrefflicher und gnädiger Padrone,
hurra, ich hab das Geheimnis der Holzstäbchen von Ser Lionardo rausgefunden! Und auch habe ich verstanden warum er das mit Samt gefütterte Kistchen mit den andren fünfzehn Stück mitgenommen hat. Nemlich er hat Recht, wenn man nicht alle Stäbchen zusammen hat, kapirt man ums Verrecken nicht wozu sie gut sind. Erst hab ich angefangen mit den Stäbchen zu spielen als wär’s ein Zeitvertreib für Kinder, ich hab sie mal so und mal so hingelegt um zu sehn was man daraus machen kann, ein Werkzeug eine Waffe oder wieder eine der wunderlichen Apparaturen, so mein Ziehvater zeichnet und die niemals jemand haben will.
Da ist mir eine gute Idee gekommen: Ich hab alle Zeichnungen und vollgeschriebenen Papiere genommen die Mastro Lionardo aus Fiorenza mitgebracht, und fang an sie zu lesen, eins nach dem andren, und die ganze Zeit denke ich, verdammt nochmal, früher oder später komm ich drauf was er mit den Stäbchen machen will.
Nun, Signior Padrone, nach zwei drei Stunden wollt mir schier der Kopf platzen, nemlich Lionardo (ich mein, ich hätt es Euch schon gesagt) hat dieses Laster dass er von links nach rechts schreibt, und so steht man wie der Ochs vorm Berg vor seinem Gekritzel. Die Zeichnungen, das waren alles Bilder von Dingen (Palazzi, Schiffe, Apparate zum Fliegen, aber die nenne ich Apparate zum Runterfallen, und dann kriegt Lionardo immer die Wut) also lauter Sachen die haben mit den Stäbchen rein gar nichts zu tun. Also hab ich beschlossen einen schönen Spazirgang zu machen damit mir das Brummen im Schädel vergeht, und wirklich, kaum lasse ich die Zeichnungen von meinem Ziehvater zurück, da fühl ich mich schon besser und denk, Lionardo der kann mich mal, wie kriegt der das bloß fertig den lieben langen Tag im Haus zu sitzen und den ganzen Kram von den fliegenden Apparaten etcetera zu schreiben, warum geniesst er nicht sein Leben, denn wenn er erstmal tot ist, wollen wir wetten, da machen sich die Leut mit seinen Zeichnungen das Feuer im Kamin an.
Vom Fenster kam ein Fluidiu Fliudlu ein sehr guter Geruch und ich hab mir gesagt, diesen Duft den kennst du doch, und richtig, vor der Herberge steht der wo mir schon mal die Fritelle verkauft hat, und ehrlich, Signior Padrone, ich schwör es Euch, die machen sie hier unglaublich gut, und kaum dass ich auf der Straße war, hatt ich mir schon den Bauch voll gestopft, und da ist mir dann die übliche Sache passirt wie immer wenn ich gut gegessen hab, nemlich dann krieg ich Lust mir eine schöne Dame zu suchen. Zum Beispiel hab ich an die gedacht die Lionardo gemalt, haha ich meine natürlich die wo mich unter der Treppe von ihrem Haus richtig ranlassen wollt, wenn da nicht, so ein verfluchter Mist, Leute gekommen wären.
Also bin ich in dieselbe Straße gegangen und an genau die Stelle wo ich sie kennengelernt, aber da hab ich sie nicht gefunden, und außerdem konnte ich die Nachbarn nicht nach ihr fragen weil ich ja noch nichtmal ihren Namen weiß, und ich will schon zurück in die Herberge zu den Stäbchen von Lionardo, da seh ich aus dem Haus gegenüber ein andres Mädchen kommen, eine Magd die einen Korb mit schmutziger Wäsche trägt, und
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