Salambo
Tauenden unten fest gewickelt hatte, blieben die Körbe in der Schwebe, und die Schützen schossen mit vergifteten Pfeilen. So umringten die fünfzig Tollenonen, von denen man die Zinnen beherrschte, Karthago wie riesige Geier. Die Neger lachten, wenn sie die Verteidiger unter fürchterlichen Zuckungen sterben sahen.
Hamilkar schickte Schwerbewaffnete auf die Mauern. Er lieà sie jeden Morgen vor dem Ausrücken den Saft gewisser Kräuter trinken, der sie gegen das Gift schützen sollte.
Eines Abends bei dunklem Wetter schiffte er seine Kerntruppen auf Barken und FlöÃen ein, fuhr in südlicher Richtung aus dem Hafen hinaus und landete an der Taenia. Von dort rückte er bis an die äuÃersten Stellungen der Barbaren heran, fiel ihnen in die Flanke und richtete unter ihnen ein Blutbad an. Auch wurden nachts Männer mit Fackeln an Seilen von den Mauern herabgelassen. Sie steckten die Belagerungsmaschinen der Söldner in Brand und wurden dann wieder emporgezogen.
Matho war erbittert. Jede Verzögerung, jedes neue Hindernis steigerte seine Wut. Er verfiel auf fürchterliche und sonderbare Dinge. So lud er Salambo in Gedanken zu einem Stelldichein und erwartete sie dann. Sie kam natürlich nicht. Das schien ihm ein neuer Verrat, und fortan verabscheute er sie. Hätte er ihren Leichnam gesehen, so wäre er vielleicht abgezogen. Er verdoppelte die Vorposten, pflanzte am FuÃe der Stadtmauern Gabeln auf, legte FuÃangeln an und befahl seinen Libyern, ihm einen ganzen Wald herbeizuschaffen, den er anzünden wollte, um Karthago auszuräuchern wie einen Fuchsbau.
Spendius betrieb die Belagerung mit zäher Hartnäckigkeit. Er versuchte schreckliche Maschinen zu erfinden, wie man noch nie welche hergestellt hatte.
Die übrigen Barbaren, die weiter weg auf der Landenge lagerten, wunderten sich über die Langsamkeit der Belagerung und begannen zu murren. Man lieà sie stürmen.
Sie berannten mit ihren Säbeln und WurfspieÃen die Tore. Doch ihre nackten Leiber waren mit Leichtigkeit kampfunfähig zu machen. Die Karthager erschlugen sie in Massen, und die Söldner freuten sich darüber, ohne Zweifel aus Eifersucht in Aussicht auf die Plünderung. Streitereien und Kämpfe brachen unter den Belagerern aus. Da das Hinterland verwüstet war, fing man an, sich um die Lebensmittel zu reiÃen. Viele verloren den Mut, und zahlreiche Banden zogen ab. Aber die Menge war so groÃ, dass dies nicht ins Gewicht fiel.
Belagerungskundige versuchten Minen zu graben. Doch Hamilkar erriet stets die Richtung der Gänge, indem er sein Ohr an einen ehernen Schild legte. Er grub in der Nacht Gegenminen an Stellen, wo die Holztürme darüber hinweg fahren mussten. Wenn man sie dann am anderen Tage vorschob, brachen sie ein.
Am Ende kam man allgemein zu der Ansicht, dass die Stadt uneinnehmbar war, solange man nicht einen langen Erdwall in gleicher Höhe mit der Stadtmauer aufwarf, der es gestattete, mit den Belagerten auf gleicher Höhe zu kämpfen. Die Wallkrone sollte gepflastert werden, um die Geschütze darauf hin und her fahren zu können.
Dann würde Karthago unmöglich länger Widerstand leisten können!
Die Stadt begann an Wassermangel zu leiden. Das Wasser, das zu Beginn der Belagerung zu zwei Kesitah das Bat verkauft wurde, kostete jetzt einen Silbersekel. Auch die Fleisch- und Kornvorräte nahmen stark ab. Man fürchtete eine Hungersnot. Manche sprachen sogar von unnützen Mäulern, was alle Welt in Schrecken setzte.
Vom Khamon-Platz bis zum Melkarth-Tempel lagen Leichen auf den StraÃen; und da es Hochsommer war, quälten groÃe schwarze Fliegen die Kämpfenden. Greise schafften die Verwundeten fort. Fromme feierten Scheinbegräbnisse von Verwandten und Freunden, die drauÃen auf dem Schlachtfeld gefallen waren. Wachsbilder mit Haaren und Kleidern lagen quer vor den Türen und schmolzen unter der Hitze der neben ihnen brennenden Kerzen. Die Bemalung lief ihnen über die Schultern. Tränen aber rannen über die Gesichter der Lebenden, die um sie herum ihre Klagelieder sangen. Währenddem lief die Menge auf den StraÃen hin und her. Scharen Bewaffneter zogen vorüber. Die Hauptleute gaben laute Befehle. Dazu hörte man immerfort den Stoà der Widder, die drauÃen gegen die Tore und den Wall donnerten.
Die Witterung wurde so schwül, dass die Leichen aufquollen und nicht mehr in die
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