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Salambo

Salambo

Titel: Salambo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustave Flaubert
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seine Begleiter riefen diesen Befehl auf griechisch aus. Seit Xanthipp war Griechisch die Kommandosprache im karthagischen Heer.
    Die Gardisten trieben die herandrängenden Söldner mit Peitschenhieben zurück, und alsbald nahten die Hauptleute der nach spartanischem Muster gebildeten Phalanx und die Offiziere der Barbarenkompanien in ihren nationalen Rüstungen und mit ihren Rangabzeichen. Die Nacht war herabgesunken, und lautes Getöse erscholl ringsum in der Ebene. Da und dort brannten Lagerfeuer. Man ging von einem zum anderen und fragte einander: „Was soll das? Weshalb zahlt der Sufet nicht das Geld aus?“
    Hanno rechnete den Hauptleuten die außerordentlichen Lasten der Republik vor. Der Staatsschatz sei leer. Der Tribut an die Römer sei erdrückend ... „Wir wissen nicht mehr aus noch ein ... Karthago ist wirklich beklagenswert!“
    Von Zeit zu Zeit kratzte er sich die Glieder mit dem Aloespatel, oder er unterbrach sich, um aus einer silbernen Schale, die ein Sklave ihm reichte, einen Trank aus Wieselasche und in Essig gekochten Spargeln zu schlürfen. Dann wischte er sich die Lippen mit einem Scharlachtuch und sprach weiter:
    „Was früher einen Sekel Silber wert war, gilt jetzt drei Sekel Gold. Die während des Krieges verwahrlosten Äcker bringen nichts ein. Unsere Purpurfischereien sind fast zugrunde gerichtet, und selbst die Perlen werden äußerst selten. Kaum haben wir noch Salben genug zum Gottesdienst! Was die Nahrungsmittel anbetrifft, so will ich gar nicht davon reden ... Das ist ein Elend! Aus Mangel an Galeeren bekommen wir keine Gewürze, und wegen der Aufstände an der Grenze von Kyrene kann man sich nur mit Mühe und Not Silphium verschaffen. Sizilien, das uns viele Sklaven lieferte, ist uns jetzt verschlossen. Gestern erst habe ich für einen Badeknecht und vier Küchenjungen mehr gezahlt als für ein Paar Elefanten!“
    Er entrollte ein langes Papyrusstück und verlas, ohne eine einzige Ziffer auszulassen, alle Ausgaben, die von der Regierung gemacht worden waren: so viel hatte die Wiederherstellung der Tempel gekostet, so viel die Straßenpflasterung, so viel der Bau der Kriegsschiffe, so viel die Korallenfischerei, so viel die Vergrößerung der Syssitien und so viel die Maschinen in den Bergwerken im Lande der Kantabrer.
    Aber die Hauptleute verstanden ebenso wenig Punisch wie die Gemeinen, wiewohl sich die Söldner in dieser Sprache begrüßten. Man pflegte in den Barbarenheeren einige karthagische Offiziere anzustellen, die als Dolmetscher dienten. Doch hatten sich diese nach dem Krieg aus Furcht vor der Rache der Söldner unsichtbar gemacht, und Hanno hatte nicht daran gedacht, welche mitzunehmen. Überdies verlor sich seine dumpfe Stimme im Wind.
    Die Griechen mit ihren ehernen Waffengehenken um den Leib lauschten gespannt und bemühten sich, Hannos Worte zu erraten, während die Bergbewohner, in Pelze gehüllt wie Bären und auf ihre mit Eisennägeln beschlagenen Keulen gestützt, ihn misstrauisch anblickten oder gähnten. Die unaufmerksamen Gallier schüttelten grinsend ihren hohen Haarschopf, und die Wüstensöhne, in graue Wollkittel gehüllt, hörten unbeweglich zu. Andere kamen von hinten hinzu. Hannos Gardisten, von dem Schwarm bedrängt, schwankten auf ihren Pferden. Die Neger hielten brennende Fichtenzweige hoch, aber der dicke Karthager, der auf einen Rasenhügel getreten war, fuhr in seiner Ansprache fort.
    Indessen wurden die Barbaren ungeduldig. Murren erhob sich. Ein jeder rief Hanno etwas zu. Der gestikulierte mit seinem Spatel. Die einen wollten die anderen zum Schweigen bringen, überschrien einander und vermehrten dadurch den Tumult.
    Plötzlich sprang ein Mann von dürftigem Aussehen vor Hannos Füße, entriss einem Herold die Trompete und stieß hinein. Spendius war es. Er erklärte, dass er etwas Wichtiges zu sagen hätte. Auf diese Erklärung hin, die er rasch in fünf Sprachen – griechisch, lateinisch, gallisch, libysch, balearisch – wiederholte, antworteten die Hauptleute halb be­lustigt, halb überrascht: „Sprich! Sprich!“
    Spendius zauderte. Er zitterte. Endlich wandte er sich an die Libyer, die am zahlreichsten anwesend waren, und sagte: „Ihr habt alle die furchtbaren Drohungen dieses Mannes gehört!“
    Hanno widersprach nicht. Somit verstand er kein Libysch, und Spendius wiederholte, um die Probe fortzusetzen, den gleichen Satz in den anderen barbarischen Sprachen.
    Man blickte erstaunt einander an. Sodann aber nickten alle, in der

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