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Salambo

Salambo

Titel: Salambo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustave Flaubert
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Mittelmeerküste, einer der bedeutendsten Stadtstaaten war Karthago. Sie nannten sich Kanaaniter nach ihrer ursprünglichen Heimat

Kapitel 4
    Vor den Mauern Karthagos
    Landleute, auf Eseln oder zu Fuße, strömten bleich, atemlos und irr vor Angst in die Stadt. Sie flohen vor dem Heer. In drei Tagen hatte es den Weg von Sikka zurückgelegt, um Karthago anzugreifen und in Grund und Boden zu zerstören.
    Man schloss die Tore. Fast unmittelbar darauf erschienen die Barbaren, machten jedoch auf der Mitte der Landenge am Haffufer Halt.
    Zuerst zeigten sie keine feindlichen Absichten. Mehrere kamen nahe heran, Palmenzweige in den Händen. Man trieb sie mit Pfeilschüssen zurück. So groß war die Bestürzung.
    Frühmorgens und in der Abenddämmerung patrouillierten Aufklärer vor den Stadtmauern. Besonders fiel ein kleiner Mann auf, der sorgfältig in einen Mantel gehüllt war und dessen Gesicht unter der tief herabgezogenen Helmblende verschwand. Stundenlang stand er da und betrachtete den hohen Bau der Wasserleitung mit solcher Beharrlichkeit, dass er die Karthager offenbar über seine wahren Absichten täuschen wollte. Ein andrer begleitete ihn, ein wahrer Riese, der barhäuptig einherging.
    Karthago war in der ganzen Breite der Landenge stark befestigt: zuerst durch einen Graben, dann durch einen Rasenwall und schließlich durch eine 10 Meter hohe zweistöckige Quadermauer. Dahinter befanden sich Ställe für dreihundert Elefanten, Rüstkammern für ihre Harnische und ihr Kettenzeug, dazu Futterböden. Ferner Unterkunftsräume für viertausend Pferde samt Sattelzeug und Fourage, sowie Kasernen für zwanzigtausend Soldaten mit ihren Rüstungen und allem Kriegsgerät. Aus dem zweiten Stockwerk erhoben sich zinnengekrönte Türme, die an der Außenseite Panzerplatten trugen.
    Diese erste Befestigungslinie schützte unmittelbar Malka, das Viertel der Seeleute und Färber. Masten ragten hoch, an denen Purpurgewebe trocknete, während weiter oben Tonöfen zum Sieden der Salzlake rauchten.
    Dahinter türmte sich terrassiert die Stadt mit ihren hohen würfelförmigen Häusern, die teils aus Stein, teils aus Holz, Sand, Rohr, Muschelkalk und Lehm erbaut waren. Die Tempelhaine schimmerten wie grüne Seen in diesem Gebirge bunter Blöcke. Die öffentlichen Plätze bildeten in unregelmäßigen Abständen Ebenen darin. Zahllose Gassen durchschnitten das Häusermeer kreuz und quer, von oben bis unten. Man erkannte die Ringmauern der drei alten Stadtviertel, die jetzt miteinander verschmolzen waren. Sie ragten hier und dort wie steile Klippen auf oder dehnten sich in breiten Mauerflächen, halb mit Blumen überwachsen, geschwärzt und von breiten Streifen unter den Ausgüssen durchzogen. Durch die klaffenden Lücken liefen Straßen, wie Flüsse unter Brücken.
    Der Hügel der Akropolis in der Mitte der Byrsa, des Burgbezirks, verschwand beinahe unter einem Wirrwarr von Bauwerken. Da standen Tempel mit gewundenen Säulen, die eherne Kapitelle 1 und metallene Ketten trugen, blaugestreifte mörtellose Steinkegel, kupferne Kuppeldächer, Marmorarchitrave, babylonische Strebepfeiler, Obelisken, die wie umgekehrte Fackeln mit der Spitze auf dem Boden ruhten. Vorhallen stießen an Giebel, schneckenartige Verzierungen kräuselten sich zwischen Säulengängen, Granitmauern schmiegten sich an Ziegelwände. Das alles kletterte eins über das andere und vermengte sich in wunderlicher, unbegreiflicher Weise. Es kündete vom Wechsel der Zeiten und rief die halbvergessene Heimat der einzelnen Erbauer wach.
    Hinter der Akropolis zog sich durch rötliches Erdreich, mit Grabmälern gesäumt, die Straße der Mappalier schnurgerade von der Küste bis zur Gräberstadt. Seitwärts sah man lange Gebäude, von Gärten umgeben. Das dritte Stadtviertel, die Neustadt Megara, erstreckte sich bis zur felsigen Meeresküste, über der sich ein riesiger Leuchtturm erhob, Nacht für Nacht sein Licht spendend.
    So breitete sich Karthago vor den Blicken der in der Ebene lagernden Söldner aus.
    Von fern erkannten sie die Marktplätze und Straßenkreuzungen. Sie stritten sich über die Lage der Tempel. Der Khamon-Tempel gegenüber den Syssitien hatte goldene Dachziegel. Das Heiligtum Melkarths links vom Eschmun-Tempel trug Korallenäste auf seinem Dach. Weit wölbte sich zwischen Palmenwipfeln

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