Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Salambo

Salambo

Titel: Salambo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustave Flaubert
Vom Netzwerk:
Aber die Alten hassten ihn wegen seiner Beliebtheit beim Volk. Sie fürchteten in ihm einen etwaigen Herrscher und bemühten sich, aus Angst vor der Monarchie, alles zu schwächen, was noch davon bestand oder zu ihr zurückführen konnte.
    Außerhalb der Festungswerke lebten Menschen anderer Rasse und unbekannten Ursprungs. Sie jagten Stachelschweine und aßen Weichtiere und Schlangen. In Fallgruben fingen sie lebendige Hyänen, die sie abends zu ihrer Belustigung auf den Dünen bei Megara zwischen den Grabmälern wieder laufen ließen. Ihre Hütten aus Schlamm und Schilf klebten an den Hängen der Küste wie Schwalbennester. So lebten sie ohne Regierung und ohne Götter in den Tag hinein, völlig nackt, wild und schwächlich zugleich, und seit Jahrhunderten ihrer unreinen Nahrung wegen vom Volke verachtet. Eines Tages bemerkten die Posten, dass sie alle verschwunden waren.
    Endlich fassten die Mitglieder des Großen Rates einen Entschluss. Sie gingen ohne Halsketten und Gürtel, mit offenen Sandalen ins Lager, wie zu Nachbarn. Ruhigen Schritts nahten sie, warfen den Hauptleuten Grüße zu und blieben oft stehen, um mit den Soldaten zu sprechen. Sie erklärten, es sei alles beendet, und man wolle ihren Ansprüchen gerecht werden.
    Viele unter ihnen sahen zum ersten Male ein Söldnerlager. Statt des Durcheinanders, das sie vermutet hatten, herrschte überall Ordnung und beängstigende Stille. Das ganze umschloss ein hoher Rasenwall, der den Geschossen von Katapulten Widerstand bieten würde. Die Lagergassen waren mit frischem Wasser besprengt. Durch die Zelttüren erblickte man wilde Augen, die im Dunkeln glühten. Die Lanzenpyramiden und die aufgehängten Rüstungen blendeten wie Spiegel. Die Karthager sprachen leise miteinander und nahmen sich in acht, dass sie mit ihren langen Mänteln nichts umrissen.
    Die Söldner forderten Lebensmittel und verpflichteten sich, sie mit dem Sold, den man ihnen schuldete, zu bezahlen.
    Man sandte ihnen Rinder, Schafe, Perlhühner, getrocknete Früchte und Lupinen, auch geräucherte Makrelen von jener vortrefflichen Sorte, die Karthago nach allen Häfen exportierte. Doch die Söldner betrachteten das prächtige Vieh geringschätzig von allen Seiten, und indem sie herabsetzten, was sie begehrten, boten sie für einen Widder den Preis einer Taube, für drei Ziegen so viel, wie ein Granatapfel wert war. Die „Esser unreiner Speisen“ warfen sich zu Sachverständigen auf und behaupteten, man betröge sie. Dabei fuchtelten sie mit ihren Schwertern herum und drohten mit Mord und Totschlag.
    Bevollmächtigte des Großen Rates schrieben die Zahl der Dienstjahre auf, für die man jedem Soldaten den Sold schuldete. Doch es war jetzt unmöglich noch zu wissen, wie viele Söldner man angenommen hatte, und die Räte waren entsetzt über die ungeheure Summe, die sie zu bezahlen hatten. Man war gezwungen, die Silphiumvorräte zu verkaufen und die Handelsstädte zu besteuern. Die Söldner mussten indessen ungeduldig werden. Schon hatte Tunis mit ihnen paktiert. Die durch Hannos Wutausbrüche und die Vorwürfe seines Amtsgenossen nervös gewordenen Patrizier legten es deshalb jedem Bürger nahe, der zufällig einen der Barbaren kannte, ihn sofort aufzusuchen und mit ihm nett zu sein, damit er wieder freundlich gesinnt würde. Solches Vertrauen sollte die Söldner beruhigen.
    Kaufleute, Schreiber, Arsenalarbeiter, ganze Familien begaben sich zu den Barbaren.
    Diese ließen alle Karthager ins Lager, aber nur durch einen einzigen Eingang, der so eng war, dass sich vier nebeneinander gehende Männer mit den Ellbogen berührten. Spendius stand an der Schranke und ließ alle genau durchsuchen. Matho, ihm gegenüber, musterte die Menge, um irgendwen wieder zu erkennen, den er in der Nähe Salambos gesehen hatte.
    Das Lager glich einer Stadt, so voll war es von Menschen und Leben. Die beiden deutlich unterscheidbaren Massen vermengten sich, ohne sich völlig zu vermischen: die eine in leinenen oder wollenen Gewändern mit Filzhüten, die wie Pinienäpfel aussahen, die andere in Panzerkleid und Helm. Zwischen den Trossknechten und Marketendern trieben sich Weiber von allerlei Rassen umher: wie reife Datteln so braun, wie Oliven so grünlich, wie Orangen so gelb, von Seeleuten verkauft, in Spelunken aufgelesen, den Karawanen gestohlen, bei der Plünderung

Weitere Kostenlose Bücher