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Salambo

Salambo

Titel: Salambo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustave Flaubert
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von Städten gefangen. Man hetzte sie mit Liebe, solange sie jung waren, und überhäufte sie mit Schlägen, wenn sie alt wurden, bis sie schließlich auf irgendeinem Rückzug, mit dem Gepäck und den Lasttieren im Stich gelassen, am Wege starben. Die Frauen der Nomaden gingen wiegenden Schrittes, in karierten gelbroten langen Kamelhaar-Röcken. Lautenspielerinnen aus der Kyrenaika, in violette Gaze gehüllt, mit gemalten Augenbrauen, hockten auf Strohmatten und sangen. Alte Negerweiber mit Hängebrüsten lasen Tiermist auf, den man dann in der Sonne dörrte und zum Feuermachen benutzte. Die Syrakusanerinnen trugen Goldplättchen im Haar, die Frauen der Lusitanier Muschelhalsbänder, die Weiber der Gallier Wolfsfelle über der weißen Brust. Kräftige Kinder, voller Ungeziefer, nackt und unbeschnitten, rannten den Vorübergehenden mit dem Kopf vor den Leib oder schlichen sich hinterrücks heran wie junge Tiger, um sie in die Finger zu beißen.
    Die Karthager gingen im Lager umher, erstaunt über die Menge von Gegenständen, mit denen es vollgepfropft war. Die Armen wurden traurig. Die anderen ließen sich ihre Unruhe nicht anmerken.
    Die Soldaten klopften ihnen auf die Schultern, um sie aufzuheitern. Wen immer sie erblickten, den luden sie zu ihren Spielen ein. Beim Diskuswerfen richteten sie es dann so ein, dass dem Aufgeforderten die Füße zerquetscht wurden, und beim Faustkampf zerschmetterten sie ihm beim ersten Gange die Kinnlade. Die Schleuderer schreckten die Karthager mit ihren Schleudern, die Schlangenbeschwörer mit ihren Vipern, die Reiter mit ihren Pferden. Die an friedliche Beschäftigungen gewöhnten Leute ließen alle Verhöhnungen stumm über sich ergehen und bemühten sich sogar zu lächeln. Einige, die sich tapfer zeigen wollten, gaben zu verstehen, dass sie Soldaten werden möchten. Man hieß sie Holz spalten und Maultiere striegeln oder schnallte sie in eine Rüstung und rollte sie wie Tonnen durch die Lagergassen. Wenn sie sich dann zum Aufbruch anschickten, rauften sich die Söldner unter albernen Verrenkungen die Haare.
    Viele hielten nun, aus Einfalt oder Aberglauben, alle Karthager für steinreich. Sie liefen hinter ihnen her und baten und bettelten, ihnen etwas zu schenken. Sie begehrten alles, was ihnen gefiel: Ringe, Gürtel, Sandalen, Gewandfransen, alles mögliche, und wenn der ausgeplünderte Karthager schließlich ausrief: „Ich habe nichts mehr! Was willst du noch“ so antworteten sie: „Dein Weib!“ oder auch wohl: „Dein Leben!“
    Die Soldabrechnungen wurden den Hauptleuten zugestellt, den Soldaten vorgelesen und endgültig anerkannt. Nun forderten sie Zelte. Man gab sie ihnen. Dann verlangten die Offiziere der Griechen eine Anzahl der schönen Rüstungen, die man in Karthago herstellte. Der Große Rat bewilligte Summen zum Ankauf. Es sei recht und billig, behaupteten sodann die Reiter, dass die Republik sie für ihre eingebüßten Pferde entschädige. Der eine behauptete, bei der und jener Belagerung drei, ein andrer auf dem und jenem Marsche fünf verloren zu haben. Einem dritten waren beim Überqueren des Gebirges vierzehn abgestürzt. Man bot ihnen Hengste von Hekatompylos an, aber alle zogen Geld vor.
    Weiterhin verlangten sie, dass man ihnen in bar – in Silbermünzen, nicht in Ledergeld – alles Getreide bezahlte, das man ihnen noch schuldete, und zwar zu dem höchsten Preise, den es während des Krieges gehabt hatte, so dass sie für ein Maß Mehl vierhundert Mal mehr verlangten, als sie für einen ganzen Sack Weizen gegeben hatten. Diese Unredlichkeit empörte die Karthager; trotzdem mussten sie nachgeben.
    Danach söhnten sich die Bevollmächtigten der Söldner mit den Abgesandten des Großen Rates aus, wozu sie beim Schutzgeist Karthagos und bei den Göttern der Barbaren schworen. Unter morgenländischem Wortschwall und Gebärdenspiel überboten sie einander in Entschuldigungen und Schmeicheleien. Dann forderten die Söldner als Freundschaftsbeweis die Bestrafung der Verräter, die das Heer mit der Republik verunreinigt hätten.
    Man tat, als verstände man sie nicht. Jene erklärten sich etwas deutlicher, indem sie Hannos Kopf forderten.
    Täglich kamen sie mehrere Male aus dem Lager heraus und trieben sich am Fuße der Mauern herum. Sie riefen, man solle ihnen den Kopf des Sufeten herab

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