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Salambo

Salambo

Titel: Salambo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustave Flaubert
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geradeaus auf die Wand zu. Nachdenklich betrachtete er eine Tätowierung auf seinem rechten Arm: eine waagerechte Linie in Verbindung mit zwei senkrechten: die kanaanitische Ziffer dreizehn. Nun zählte er bis zur dreizehnten Erzplatte, schlug nochmals seinen weiten Ärmel zurück, streckte die rechte Hand aus und las auf einer anderen Stelle seines Arms andere komplizierte Zeichen, während er seine Finger bewegte wie ein Lautenspieler. Endlich klopfte er mit seinem Daumen siebenmal an die Wand. Ein ganzer Teil der Mauer drehte sich wie aus einem Stück.
    Das war der geheime Zugang zu einem Keller, in dem sich geheimnisvolle Dinge befanden, die keinen Namen hatten, aber von unschätzbarem Wert waren. Hamilkar stieg die drei Stufen hinab, nahm aus einem Silberbecken ein Antilopenfell, das auf einer schwarzen Flüssigkeit schwamm, und stieg dann wieder hinauf.
    Abdalonim begann wieder vor ihm herzugehen. Er stieß mit seinem langen Stab, der am Kopf mit Schellen besetzt war, auf die Steinfliesen und rief vor jedem Gemach den Namen Hamilkars in einem Schwall von Lobpreisungen und Segenswünschen.
    In dem runden Saal, in den alle Gänge mündeten, waren längs der Mauern Alguminstangen, Säcke voll Henna, Kuchen aus lemnischer Erde und Schildkrötenschalen voller Perlen aufgestapelt. Der Sufet streifte alles das im Vorbeigehen mit seinem Gewand, ohne auch nur die riesigen Bernsteinstücke, diesen fast göttlichen, von den Sonnenstrahlen gebildeten Stoff, zu beachten.
    Eine Wolke wohlriechenden Dampfes quoll ihnen entgegen.
    â€žÃ–ffne!“
    Sie traten ein.
    Nackte Männer kneteten teigige Massen, zerrieben Kräuter, schütteten Kohlen, gossen Öl in Krüge, öffneten und schlossen die kleinen eiförmigen Zellen, die rings in die Mauern führten und so zahlreich waren, dass der Raum dem Innern eines Bienenstockes glich. Myrobalan, Odellium, Safran und Veilchen quollen daraus hervor. Überall waren Harze, Pulver, Wurzeln, Glasflaschen, Filipendelzweige und Rosenblätter verstreut. Man erstickte schier in Gerüchen, trotz der Rauchwirbel des Storaxharzes, das in der Mitte auf einem ehernen Dreifuß knisternd kochte.
    Der Verwalter der Parfümeriefabrik, lang und bleich wie eine Wachskerze, kam zu Hamilkar, um in dessen Hand eine Rolle Metopion zu zerdrücken, während zwei andere Leute ihm die Fersen mit Bakkarisblättern einrieben. Der Sufet stieß sie zurück. Es waren Leute von verrufenen Sitten, die man jedoch wegen ihrer geheimen Kenntnisse schätzte.
    Um seine Ergebenheit zu bezeugen, bot der Verwalter dem Sufeten auf einem Bernsteinlöffel etwas Malobathron als Probe dar. Dann durchstieß er mit einer Ahle drei indische Bezoarsteine. Hamilkar, der alle Kunstkniffe kannte, nahm ein Horn voll der Essenz, hielt es an die glühenden Kohlen und schüttete einen Tropfen auf sein Gewand. Ein brauner Fleck erschien darauf: die Tinktur war nicht echt! Er blickte den Verwalter scharf an und warf ihm, ohne ein Wort zu sagen, das Gazellenhorn ins Gesicht.
    So aufgebracht er auch über die zu seinem Schaden begangene Fälschung war, so ordnete er doch bei der Besichtigung der Nardenvorräte, die man für überseeische Länder verpackte, interessiert an, Antimon darunter zu mischen, um die Ware schwerer zu machen.
    Dann fragte er, wo sich die drei Kisten Psagas befänden, die zu seinem persönlichen Gebrauch bestimmt waren.
    Der Aufseher gestand, dass er nicht wisse, wohin sie gekommen seien. Söldner mit Messern wären brüllend hereingestürzt, und er hätte ihnen die Kisten öffnen müssen.
    â€žSo fürchtest du sie mehr als mich!“ schrie der Sufet, und seine Augen blitzten durch den Dampf wie Fackeln über den großen bleichen Mann hin, der zu begreifen begann. „Abdalonim! Vor Sonnenuntergang wirst du ihn Spießruten laufen lassen! Lass ihn zerfleischen!“
    Dieser Verlust, geringer als die anderen, hatte ihn erbittert, denn trotz seines Bemühens, die Barbaren aus seinen Gedanken zu verbannen, stieß er überall von neuem auf ihre Spuren. Ihre Ausschreitungen verschmolzen gleichsam mit der Schande seiner Tochter, und er zürnte dem ganzen Hause, dass es darum wisse und ihm doch nichts sage. Aber etwas trieb ihn, sich immer tiefer in sein Unglück zu verlieren, und von einer Art Spürwut ergriffen, besichtigte er in den Schuppen hinter dem Verwaltungshaus die Vorräte an

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