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Salambo

Salambo

Titel: Salambo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustave Flaubert
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jedem Wert, jeder Form, jedem Zeitalter: von den alten assyrischen Münzen, dünn wie Fingernägel, bis zu den alten faustdicken Geldstücken Latiums, von dem knopfförmigen Geld Äginas bis zu den Tafeln der Baktrier und den kurzen Barren des alten Sparta. Manche waren mit Rost bedeckt, beschmutzt, im Wasser grünspanig geworden oder vom Feuer geschwärzt; man hatte sie mit Netzen aufgefischt oder nach Belagerungen in den Trümmern der Städte gefunden. Der Sufet hatte rasch überschlagen, ob die vorhandenen Summen mit den Einnahmen und Verlusten, die ihm Abdalonim verlesen hatte, übereinstimmten, und er wollte schon weiter gehen, als er drei große, bis auf den Grund leere eherne Krüge sah. Abdalonim wandte vor Entsetzen das Haupt ab, aber Hamilkar schwieg resigniert.
    Sie durchschritten andere Gänge und Räume und kamen schließlich vor eine Tür, vor der zur besseren Bewachung an einer langen, um seinen Leib und an die Mauer geschmiedeten Kette ein Mann lag. Bart und Fingernägel des Angeketteten waren übermäßig lang, und er wiegte sich fortwährend nach rechts und nach links wie ein gefangenes Tier. Sobald er Hamilkar erkannte, stürzte er ihm entgegen und rief:
    â€žGnade! Liebling der Götter! Erbarmen! Töte mich! Zehn Jahre sind es nun, dass ich die Sonne nicht gesehen! Im Namen deines Vaters, Gnade!“
    Ohne ihm zu antworten, klatschte Hamilkar in die Hände. Drei Männer erschienen, und alle vier zogen mit einem gleichzeitigen starken Ruck die riesige Eisenstange, die das Tor verschloss, aus ihren Ringen. Hamilkar ergriff eine Fackel und verschwand im Dunkeln.
    Man hielt diesen Raum lediglich für die Familiengruft, und man hätte hier höchstens einen blinden Schacht gefunden, angelegt, um die Diebe irrezuführen. Hamilkar ging daran vorüber, dann bückte er sich, drehte einen schweren Mühlstein auf seinen Walzen und trat durch die so entstandene Öffnung in ein kegelförmiges Gemach.
    Eherne Schuppen bedeckten die Wände. In der Mitte, auf einem Sockel aus Granit, erhob sich das Standbild eines der Kabiren namens Aletes, das heißt des ewigen Pilgers, des Entdeckers der Silberbergwerke in Spanien. Am Boden standen, dicht um den Sockel herum und kreuzförmig angeordnet, breite goldene Schilde und riesige silberne Gefäße mit verschlossenem Halse und von wunderlicher Form, die zu nichts dienen konnten. Es war nämlich Brauch, edle Metalle derart einzuschmelzen, um ihre Verminderung oder gar ihre Entwendung fast unmöglich zu machen.
    Hamilkar zündete mit seiner Fackel ein Lämpchen an, das an der Mütze des Götterbildes befestigt war, und plötzlich erstrahlte der Raum in grünen, gelben, blauen, violetten, weinfarbenen und blutroten Lichtern. Er war voller Edelsteine, in goldene Schalen gefüllt, die wie Lampenbecken an metallenen Trägern hingen. Andere standen, noch im Muttergestein, an der Mauer. Da funkelten Türkise, durch Schleuderwürfe von den Bergen abgesprengt; Karfunkel, aus dem Urin der Luchse entstanden; Glossopetren, vom Monde gefallen; Tyane, Diamanten, Sandaster, Berylle, Rubine aller drei Arten, Saphire aller vier Arten und Smaragde aller zwölf Arten. Sie schimmerten wie Milchtropfen, wie blaue Eiszapfen, wie Silberstaub, und sprühten ihr Licht in breiten Fluten, in feinen Strahlen und glühenden Sternen. Meteore, die der Donner erzeugt, blinkten neben Quarzen, die Vergiftungen heilen. Man sah Topase vom Berg Zabarka, die vor Erschrecken schützen; Opale aus Baktrien, die Fehlgeburten verhindern; Ammonshörner, die man unter das Bett legt, wenn man Träume haben will.
    Die Lichter der Steine und der Lampenschein spiegelten sich in den großen goldenen Schilden. Hamilkar stand mit verschränkten Armen da und lächelte. Er ergötzte sich weniger am Anblick als am Bewusstsein seiner Reichtümer. Seine Schätze waren unerreichbar, unerschöpflich, unendlich. Seine Ahnen, die hier unter seinen Füßen schliefen, sandten seinem Herzen etwas von ihrer Unsterblichkeit. Er fühlte sich den unterirdischen Geistern nahe. Er empfand gleichsam die Freude eines Erdgeistes, und die langen leuchtenden Strahlen, die über sein Gesicht liefen, dünkten ihn wie die Maschen eines unsichtbaren Netzes, das ihn über Abgründe hin mit dem Mittelpunkt der Welt verknüpfte.
    Da fiel ihm etwas ein. Er begab sich hinter das Götterbild und schritt

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