Salamitaktik
stören?« Schlageter hatte gar nicht mitbekommen, wie Danner sich ihnen genähert hatte.
»Ich wollte sowieso eine rauchen gehen«, sagte Jacqueline und erhob sich.
»Bleiben Sie nur, Frau Ribeau.«
Doch sie hörte das schon nicht mehr.
Die beiden obersten Knöpfe von Danners Hemd standen offen, vom Tanzen hatte er SchweiÃflecken unter den Armen und am Rücken. Offenbar hatte ihm auch noch niemand gesagt, dass er etwas vom Curry im Mundwinkel kleben hatte. Schlageter hatte ebenfalls nicht vor, das zu übernehmen.
»Ich habe ganz vergessen, Ihnen das hier zu geben«, sagte Danner und setzte sich neben Schlageter.
»Was ist das?« Er nahm das längliche Geschenk entgegen.
»Die Urkunde dazu liegt noch hinter der Bühne, die habe ich jetzt ganz vergessen.«
Schlageter öffnete das edel wirkende Etui und fand darin einen goldenen Kugelschreiber, in den das Wappen Baden-Württembergs eingraviert war. Im Etuideckel stand auch etwas: »Für seine treuen Dienste an Hanspeter Schlageter. Der Innenminister.«
»Danke«, sagte er und steckte das Etui samt Kuli in seine Hemdtasche.
Danner hatte wohl mehr Enthusiasmus erwartet.
»Wie geht es jetzt für Schlaicher weiter?«, fragte Schlageter unvermittelt.
»Eigentlich dürfte ich Ihnen das ja nicht mehr sagen«, meinte Danner und lachte. »Na ja, bis auf die Lefèvre haben alle ziemlich stringente Aussagen gemacht. Es sieht nicht so aus, als würden sie sich widersprechen. Aber das BKA wird von hier an übernehmen.«
»Apropos: Was hat es mit dieser Nachrichtensperre auf sich?«
»Ich habe die dienstliche Anweisung bekommen, dass wir von einer Ãbung sprechen sollen. Anscheinend ist es denen ganz weit oben verdammt wichtig, dass nichts über diesen Lalev und die Waffengeschäfte nach auÃen dringt. So, jetzt gehe ich aber noch ein bisschen tanzen! Tanzen Sie nicht?« Er stürzte sich ins Getümmel, ohne die Antwort abzuwarten.
»Hey, ganz allein?«, drang Schlaichers Stimme an sein Ohr. Martina stand neben ihm. Die beiden hielten Händchen wie zwei Teenager.
»Nur kurz«, sagte Schlageter lächelnd.
»Wir wollten uns verabschieden«, meinte Martina.
»Kann ich mir vorstellen, nach der ganzen Aufregung«, sagte Schlageter und stand auf. »Schön, dass Sie beide da waren.«
»Ja«, sagten Martina und Schlaicher gleichzeitig. Sie schauten sich an und grinsten selig. Dann lieà Schlaicher ihre Hand los und reichte sie dem Kommissar. »Ich wünsche Ihnen alles Gute«, sagte er.
»Ich Ihnen auch«, gab Schlageter zurück.
»Werden Sie denn mit dem Ruhestand zurechtkommen?«, fragte Schlaicher, während Martina Schlageter zum Abschied ein Küsschen auf die Wange gab.
»Ah ja, ganz gut, schätze ich«, murmelte Schlageter. »Tatsächlich habe ich mir gedacht, dass Sie ja vielleicht, na ja, ab und zu im personellen Bereich Unterstützung gebrauchen könnten.«
»Sie wollen bei mir als Testdieb anfangen?«, fragte Schlaicher entsetzt.
»Nein, nicht so. Ich dachte da eher an eine Art Kooperation â von Ermittler zu Ermittler.«
»Auf keinen Fall! Aus Ermittlungen halte ich mich von nun an raus.«
Jacqueline kehrte kurz nach Schlaichers und Martinas Abgang zurück und blieb vor Schlageter stehen. Sie fragte: »Und? Gehen wir zu dir?«
Der Ex-Kommissar grinste. »Und ob!« Erst im Aufstehen fiel ihm der Zustand seiner Wohnung ein. »Vielleicht gehen wir besser zu dir«, meinte er.
Kommissar a. D. Schlageter verlieà die Polizeidirektion Lörrach, ohne einen Blick zurückzuwerfen.
Epilog
»Ah, meine Sucuk!« Onkel Umut strahlte unter seinem dicken Schnurrbart. »Mein Junge, komm in meine Arme.« Er umschlang seinen Neffen und küsste ihn mehrmals auf beide Wangen. Mario verstand von der darauffolgenden Lobhudelei des Familienoberhaupts nur zweimal den Namen »Lalev«.
Irfan hatte die Neuigkeit schon auf der Fahrt nach Frankfurt an seinen Onkel durchgegeben. Jetzt löste er sich aus der Umarmung, und Umut wandte sich Mario zu. »Du!« Er packte ihn bei den Schultern und verpasste auch ihm einen Bruderkuss.
Trotz Irfans Beteuerung, dass ihm nichts passieren würde, stand Mario mit einem sehr unguten Gefühl in Umuts Hinterzimmer. Jussef hatte ihn im Vorraum noch sehr kritisch beäugt, was vielleicht auch seiner Sorge um den neuen
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