Salamitaktik
Petrov Lalev, ein âºGeschäftsmannâ¹ aus Bulgarien. Er bekleidete während des Kalten Krieges einen recht hohen Rang beim bulgarischen Geheimdienst und hat seine Kontakte im Anschluss daran zu nutzen gewusst. Der Typ wird auf hundert Millionen Euro geschätzt. Die Kollegen gehen aber davon aus, dass es in dunklen Kanälen noch viel mehr gibt. Zwei der anderen Männer waren seine Bodyguards, die übrigen drei sind in Berlin nicht bekannt.« Er suchte den richtigen Passus im Ausdruck. »Da: âºEr steht unter Verdacht, dem organisierten Verbrechen nahezustehen und in der Bulgarenmafia eine führende Position einzunehmen.â¹ Nur die Beweislage war wohl immer ziemlich dünn. Hier steht auÃerdem, dass man sich mit Ihnen unterhalten möchte, Schlaicher.«
»Da kann ich nur hoffen«, sagte Schlaicher, »dass meine Kameras alles richtig aufgenommen haben. Die Dinger sind noch im Testbetrieb und manchmal etwas unzuverlässig. Dann werden komplette Szenen nicht aufgezeichnet.«
»Soso«, sagte Schlageter.
»Da fällt mir ein, dass ich wahrscheinlich sogar eine Aufnahme von der Frau habe, die Tamara Brockmann die Spritze verpasst hat.«
»Was?« Schlageter klang sehr erstaunt.
»Ja, es fällt mir gerade ein, wo wir über die Kameras sprechen. Ich erinnere mich, dass wir in unseren Aufnahmen über einen Ausschnitt gestolpert sind, in dem eine Frau zu sehen war, die eine ziemlich kleine Spritze in der Hand hielt. Ich weià ja nicht, wie Ihre Täterin aussieht, aber wenn sie es ist, dürfte kein noch so geschickter Anwalt sie aus der Sache rausboxen können.«
Schlaicher war das tatsächlich eben erst eingefallen.
Ein lautes Pochen an der Tür störte das weitere Gespräch. Eine Frau schaute durch den Spalt. Schlaicher kannte sie.
»Jacqueline!« Schlageter sprang â für seine Verhältnisse erstaunlich behände â auf, präsentierte ihr mit einem Wink seinen Anzug und gab ihr einen dicken Kuss. Sie hatte ein kleines, in goldfarbenes Glanzpapier verpacktes Geschenk in der Hand, das sie ihrem Hanspeter nun reichte. »Herzlichen Glückwunsch zur Pensionierung«, sagte sie mit Basler Akzent.
Jacqueline Ribeau fand es gar nicht lustig, dass sie sich vom Abschlussfest ihres Lehrgangs abgesetzt hatte, um dann zu einer Party zu kommen, bei der eine Band vor nur halb vollem Keller spielte. Und bei der der Ausrichter und Ehrengast in Personalunion fehlte, weil er es anscheinend vorzog, bis spät in die Nacht zu arbeiten. Ihrer Forderung, wenigstens die letzte Stunde bis Mitternacht gemeinsam mit ihrem Freund auf der Party zu verbringen, hatten weder Schlageter noch Danner etwas entgegenzusetzen.
»Ich denke«, sagte Schlageter zu Danner, »dass es darüber hinaus unproblematisch sein sollte, Schlaicher und die anderen mitfeiern zu lassen. Sie waren sowieso eingeladen.«
Zu Schlaichers Ãberraschung stimmte Danner zu. »Sie und Ihre Freunde â¦Â«
»â¦Â verlassen nicht die Gegend«, vervollständigte Schlaicher den Satz. »Logisch.«
»Das ist nicht alles. Es wurde eine komplette Nachrichtensperre über die Sache verhängt. Wenn Sie über die Ereignisse des heutigen Abends sprechen, machen Sie sich strafbar.«
Schlageter war jetzt offiziell seit einer Dreiviertelstunde kein Polizist mehr. Ein nach Rauch schmeckender Kuss seiner Liebsten hatte den Beginn des Endes seiner polizeilichen Karriere eingeleitet. Sie hatten sich im Anschluss etwas um die Gäste gekümmert, endlich selbst von dem groÃartig schmeckenden Essen probiert und saÃen nun händchenhaltend auf einer Bank, im Takt der Rockklassiker mit den Köpfen wippend, und schauten den anderen beim Tanzen zu. Westermann machte direkt neben der Bühne mit der jungen Frau rum, die er ihnen als seine Freundin vorgestellt hatte, und Fallers Frau verbot ihrem Mann, sich noch ein Bier zu holen. Sein Gang hatte tatsächlich schon etwas Schwankendes an sich. Schlaicher und seine Martina tanzten eng umschlungen und ohne auf die Musik zu achten, während Lutz mit Weng in einer etwas ruhigeren Ecke saÃ. Sie schienen sich gut zu unterhalten. Schlageter gefiel die Party. Am meisten aber genoss er es, Jacqueline neben sich zu wissen und ihre Hand in seiner zu spüren. Obwohl er einen Aufbruch vor sich hatte, kam es ihm doch gleichzeitig so vor, angekommen zu sein.
»Darf ich Sie noch kurz
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