Salamitaktik
nidd â¦Â«
»Ja, klar.«
Marios GroÃvater rührte ein letztes Mal durch die gestockte Eimasse und schnitt vier Scheiben vom Bauernbrot ab. Je zwei packte er auf die Teller, die er schon bereitgestellt hatte, und griff nach dem Speck.
»Ich esse kein Schweinefleisch«, sagte Irfan schnell.
Georg Birktaler schüttelte verständnislos den Kopf.
»Ischer en Islamischd?«
»Moslem«, korrigierte Irfan, und seine Augenbrauen rückten etwas näher aneinander. Mario sah gespannt, wie er die weitere Reaktion des alten Mannes abwartete. Dem schien das aber einerlei zu sein. Er legte die beiden überzähligen Speckstreifen zusammen mit den anderen auf Marios Brot, dann gab es Rührei satt.
»Wo ist Onkel Michael?«, fragte Mario.
»Dää hedd scho frieh zâMiddaag gâhaa un isch bi siine Hiehner«, antwortete der GroÃvater. »Ich gang uffe zue dr Oma. Chunnsch nochher au go Solli sage?«
»Ich komme gleich nach dem Essen zu euch rauf. Genau«, sagte Mario.
»Wir haben nicht viel Zeit«, mahnte Irfan, dem das Rührei auf dem saftigen Bauernbrot sichtlich schmeckte.
»Ja, aber zuerst muss ich hier ein paar Sachen erledigen. Ich geh gleich kurz zu meiner Oma, dann werd ich dir Onkel Michael vorstellen und dann gehtâs zu den Pflanzen.«
»Was ist mit deinen Eltern?«
Es war Jahre her, aber Mario fiel es noch immer schwer, über sie zu sprechen. Er betrachtete Irfan, verwundert, dass dieser überhaupt eine so private Frage gestellt hatte. Dass der Türke sechzehn Jahre älter war als Mario, erkannte man höchstens an seinen KrähenfüÃen und den Falten um die scharfe Mundpartie herum. Ein Erol-Sander-Typ, männlich und markant. Man sah deutlich, dass die Bartstoppeln schon wieder durch die Gesichtshaut schossen. Bei Mario wuchs der Bart nur spärlich. Dabei war er schon vierundzwanzig Jahre alt.
»Du redest wohl nicht gern darüber?«, tippte Irfan, weil die Pause andauerte.
»Nein. Tue ich nicht. Sie sind vor achtzehn Jahren bei einem Unfall gestorben.«
»Das tut mir leid.«
»Echt?«
Irfan nahm den letzten Rest Ei auf seine Gabel und sagte nichts, sondern kaute ausgiebig.
»Und? Hast du Familie?«, erkundigte sich Mario.
»Ich möchte, dass wir in einer halben Stunde losfahren zu der ersten Adresse.«
Mario bat Irfan nach dem Essen, kurz mit in das Tageszimmer seiner GroÃmutter zu kommen. Sie lag dort in einem Metallbett auf Rollen, das so aufgestellt war, dass sie sowohl zum Fernseher schauen, als auch den Blick über die saftig werdenden Weiden des Hofes schweifen lassen konnte. Allerdings war der Fernseher meistens aus. Marios Oma war der Meinung, dass den lieben heiligen Tag viel zu viel Unanständiges gezeigt würde. Meistens schaute sie darum zum Fenster hinaus oder unterhielt sich mit Marios Opa, Michael oder Mario, je nachdem, wer gerade Zeit hatte, sich zu ihr zu setzen.
Der GroÃvater saà im Sessel neben ihr und las Zeitung. Er schaute nur kurz auf, als sie eintraten.
Mario stellte verwundert fest, dass sich Oma Helenes Stimmung bei Irfans Anblick schlagartig aufhellte. Von ihrem hochgestellten Kopfteil des Bettes aus musterte sie ihn und setzte ihr verschmitztes Lächeln auf, das Mario schon lange nicht mehr an ihr gesehen hatte. Nachdem Mario seiner Oma einen Kuss gegeben hatte, reichte Irfan ihr die Hand, die sie mit ihren beiden zerbrechlich wirkenden Händen umfasste und für die nächsten zwei Minuten nicht mehr loslieÃ.
»Irfan. Das ist ein schöner Name. Was sind Sie für ein Landsmann? Ein Türke? Araber?«
»Eigentlich bin ich Deutscher«, antwortete Irfan. »Meine Eltern kamen aus der Türkei. Ich bin hier geboren.«
Oma Helene lächelte weiter, und Mario registrierte erstaunt, dass Irfan die Hand nicht zurückzog, sondern selbst zu lächeln begann.
»Sie sind also ein Freund von unserem Mario? Woher kennt ihr euch denn?«
»Freund ist wohl etwas zu viel gesagt«, gab Irfan zurück.
Marios GroÃvater schaute kurz auf. Mario wusste, dass er sich definitiv nicht auf den Artikel konzentrierte, den er zu lesen vorgab. Und auch er selbst war beunruhigt, weil er fürchtete, dass Irfan vielleicht etwas über den Grund seiner Anwesenheit verraten könnte. Seine GroÃeltern wussten, dass Marios Geschäfte nicht alle im Rahmen der Legalität verliefen. Der GroÃvater war
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