Salamitaktik
ruhig blieb, musste nichts, konnte aber etwas bedeuten.
»Bitte entschuldigen Sie die Unannehmlichkeiten. Wir müssen diese Fragen einfach stellen. Ich weiÃ, dass Ihnen das sehr belastend vorkommen muss.«
Brockmann nickte kurz, stand auf und wandte sich zur Tür, die er für Schlageter aufhielt. »Ihr Kollege hat aber keine solchen Fragen gestellt.«
Schlageter hatte mit diesem Einwand gerechnet. Ihm war klar, dass es bei Faller wohl eher darum gegangen war, wie allergisch die Frau war und ob der Ehemann es plausibel fand, dass es zu einer so starken Reaktion gekommen war. Er antwortete ihm: »Ja, darum bin ich ja noch einmal gekommen.«
Nachdem Brockmann sich von Schlageter mit einem kurzen, weichen Händedruck verabschiedet hatte â seine Hand war feucht, wie Schlageter registrierte â, schloss er die Tür, blieb aber in seinem Büro. Schlageter ging allerdings nicht, sondern zählte langsam bis zehn, bevor er die Tür wieder öffnete. Brockmann saà an seinem Schreibtisch und wählte gerade eine Telefonnummer, legte den Hörer aber wieder auf.
»Ist noch was?«, fragte er unfreundlich.
»Ja, mir ist noch eine Sache eingefallen, die mir einfach keine Ruhe lässt. Sie heiÃen Peter Brockmann?«
Der Blick des Arztes wurde immer verwirrter. Er sagte vorsichtig: »Ja?«
»Wie der aus dem Fernsehen? Wie hieà die Sendung noch gleich?«
Brockmann atmete hörbar genervt aus. »Sie meinen âºPraxis Bülowbogenâ¹.«
»Natürlich!«, erinnerte sich Schlageter. »Wer war noch der Schauspieler?«
»Günter Pfitzmann.«
»Ja, genau. Den habe ich immer gemocht. Er ist aber auch schon lange tot, oder?« Ohne auf eine Antwort zu warten fügte er mit betroffenem Tonfall hinzu: »Oh, wie pietätlos. Bitte entschuldigen Sie das. Nochmals: Mein Beileid.«
*Â *Â *
»Vielen Dank, dass Sie uns angerufen haben, Herr Mbene«, sagte Irfan freudig und erwiderte Harry Mbenes Grinsen. Der Afrikaner lieà sie herein und bat ihnen den gleichen Platz an wie bei ihrem letzten Besuch.
Mario war immer noch etwas blass im Gesicht. Vielleicht, so hoffte Irfan, würde er sich nach ihrem Gespräch nun ein bisschen mehr anstrengen oder wenigstens mit seinen katastrophalen Einlagen zurückhalten.
»Dann können wir ja mit unserer Befragung fortfahren«, sagte Irfan, der wieder seinen Block dabeihatte und so tat, als würde er irgendetwas notieren.
»Jetzt bekomme ich aber auch mein Geld«, beharrte Harry Mbene. Irfan nahm neunzig Euro aus seinem Geldbeutel und reichte sie ihm. Harry Mbene steckte die Scheine grinsend ein.
»Also, Sie haben ja schon gesagt, dass Sie eine Postkarte bekommen haben. Darf ich sie mir einmal anschauen? Es geht um den Poststempel.«
»Ja, hier ist sie.« Harry Mbene kramte die Karte aus einer Schublade heraus und überlieà sie Irfan.
Die Vorderseite zeigte mehrere Stadtansichten Frankfurts. Was Irfan aber interessierte, stand auf der Rückseite. Den Text las er sich nicht durch. Er war mit einem schwarzen Kugelschreiber auf die Karte gedrängt und in einer unsauberen Handschrift verfasst worden. Druckbuchstaben. Ganz unten stand nach den obligatorischen GrüÃen ein Name. Als er ihn las, war ihm klar, dass sie auf der richtigen Spur waren: »Rainer Maria«. Das war dieser Schlaicher, der auch im Adressbüchlein des Kommissars auftauchte.
»Ein Freund von Ihnen, dieser Rainer Maria?«, fragte er beiläufig.
»Ja, ein wirklicher Freund«, antwortete Harry Mbene.
»Das ist ja wunderbar«, erwiderte Irfan und stellte eine weitere Frage über Pakete und schlieÃlich darüber, wie viele Briefe Mbene selbst schrieb. Er wollte nicht, dass es so aussah, als würde ihn auÃer dem Absender nichts weiter interessieren, aber auf der anderen Seite hatte er auch nicht vor, noch besonders lange hierzubleiben. Nach zwei weiteren Fragen sagte er: »Und damit sind wir auch schon am Ende angekommen. Vielen Dank, dass Sie sich Zeit für uns genommen haben.«
»Vielen Dank für das Geld. So viele Rechnungen!«
Irfan und Mario standen auf und reichten Harry Mbene die Hand. An der Tür sagte Mario plötzlich: »Entschuldigung, aber ich kenne auch einen Rainer Maria. Vielleicht ist es ja derselbe.«
Irfan erstarrte. Es war zu vermeiden, dass dieser Mbene einen Bezug zwischen ihnen und Schlaicher herstellte. Er
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