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Salamitaktik

Salamitaktik

Titel: Salamitaktik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf H. Dorweiler
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Stücker gab ein nicht wirklich glücklich klingendes Geräusch von sich, das Schlageter dazu brachte, sich noch einmal zu entschuldigen. »Und wenn ich das sagen darf: Sie brauchen da gar nichts machen zu lassen«, fügte er noch hinzu.
    Â»Jetzt kommen Sie aber!«, sagte Dr. Brockmann laut.
    Â»Das war eine absolut bodenlose Frechheit! Ich werde mich bei Ihrem Vorgesetzten beschweren«, tobte Brockmann, als er die Tür zu seinem Büro hinter ihnen geschlossen hatte. Er bot Schlageter nicht an, sich zu setzen.
    Â»Entschuldigen Sie bitte, das ist sonst nicht meine Art. Aber die polizeilichen Ermittlungen müssen Vorrang haben. Zunächst mein Beileid. Ich wundere mich, dass Sie heute arbeiten.«
    Â»Wenn ich zu Hause sitze, kommt Tamara auch nicht zurück. Und ich habe eine Menge Termine. Was wollen Sie überhaupt noch?«
    Schlageter suchte eine emotionale Reaktion, aber Brockmann hatte sich entweder vollkommen unter Kontrolle, oder er war ein kalter Fisch. Menschen, die erst nach Tagen zu trauern beginnen konnten, hatte er schon oft kennengelernt. Und er hatte auch schon Mörder heulen sehen wie Schlosshunde.
    Â»Im Rahmen unserer Ermittlungen habe ich noch ein paar Fragen an Sie«, sagte er.
    Nachdem Brockmann betont hatte, doch schon alles mit dem Kollegen besprochen zu haben, Schlageter aber insistierte, dass es noch Fragen gab, resignierte der Arzt und setzte sich an seinen Schreibtisch, ein Monstrum mit einer gewaltigen Glasplatte, auf der sich ein Computer, eine Reihe von Fachbüchern und anatomische Modelle befanden. Schlageter setzte sich ihm gegenüber und starrte auf das Kunststoffmodell einer weiblichen Brust, dessen einzelne Bestandteile man wie bei einem dreidimensionalen Puzzle herausnehmen konnte.
    Â»Ihre Frau war allergisch auf Krustentiere?«
    Â»Was meinen Sie denn, warum Sie gestorben ist? Ja, sie reagierte sehr stark auf Krustentiere und auch auf Erdnüsse.«
    Â»Warum hat Ihre Frau dann nicht nachgefragt, ob ein entsprechender Inhaltsstoff in dieser Creme ist?«
    Â»Das weiß ich doch nicht. Vielleicht, weil beides normalerweise nicht in Cremes auftaucht. Sie sollten lieber mit dem Hersteller sprechen und da Ihre Fragen loswerden. Auf jeden Fall wird mein Anwalt diese Firma verklagen.«
    Â»Haben Sie Ihre Frau geliebt?«
    Brockmann nahm sich das Modell und fingerte daran herum, während er sagte: »Was meinen Sie? Ist es, weil ich nicht heulend auf dem Boden liege? Weil ich arbeite und versuche, meine Trauer vor den anderen zu verbergen?«
    Â»Reine Routine. Sie haben meine Frage nicht beantwortet«, hakte Schlageter nach.
    Â»Doch. Natürlich habe ich Tamara geliebt. Wir waren seit fünfzehn Jahren verheiratet.«
    Â»Wann haben Sie erfahren, dass etwas passiert ist?«
    Â»Da war sie schon im Krankenhaus. Ich bin gleich hingefahren. Sie lag aber bereits im Koma. Kurz darauf ist sie gestorben.« Seine Stimme klang nun doch etwas brüchig.
    Â»Hatte Ihre Frau Feinde?«
    Brockmann verdrehte die Augen. »Hören Sie, das ist mir wirklich zu blöde. Bin ich hier in einem schlechten Krimi?«
    Schlageter warf ihm einen nicht gerade freundlichen Blick zu und antwortete: »Nein, das ist leider das echte Leben.«
    Â»Ja, leider. Man mag es kaum fassen. Nein, keine Feinde. Tamara war überall beliebt. Hören Sie, es war ein äußerst fahrlässiger Unfall. Oder haben Sie Gründe, daran zu zweifeln?«
    Â»Alles Routine«, sagte Schlageter schnell. »Wo waren Sie, als Ihre Frau die Schönheitsbehandlung bekam?«
    Â»Ich war hier in der Praxis und habe gearbeitet.«
    Â»Gibt es dafür Zeugen?«
    Â»Franziska, meine hôtesse d’accueil .«
    Â»Ihre was?«
    Â»Die hôtesse d’accueil , die Empfangsdame«, erklärte Brockmann. Schlageter wusste aus Erfahrung, dass es beim aktuellen Stand der Ermittlungen weniger darauf ankam, was, sondern eher, wie es gesagt wurde. Er hatte Brockmann genau beobachtet, während er ihm Fragen stellte, die eigentlich nur in einer Mordermittlung Sinn machten. Die winzigen Schweißperlen, die sich auf seiner Stirn bildeten, die Art, wie er die Hände hielt, der Blick, der an Schlageter vorbeiging. Am Anfang hatte er noch Widerstand gezeigt, aber die Frage nach dem Alibi hatte er ganz locker beantwortet. Eigentlich hätte Schlageter erwartet, dass Brockmann nun komplett ausflippen würde. Dass er auf die Frage so

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