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Salomon – Ein Engel auf Samtpfoten

Salomon – Ein Engel auf Samtpfoten

Titel: Salomon – Ein Engel auf Samtpfoten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheila Jeffries
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zusammen gehabt. Und sie war alles, was ich hatte.
    Ich legte mich neben sie und leckte ihr sanft über das Gesicht.
    »Glaubst du, du könntest es zurück zum Campingplatz schaffen?«, fragte ich.
    Jessica sah mich mit halb geschlossenen Augen an.
    »Nein«, sagte sie. »Bleib einfach neben mir liegen und halte mich warm.«
    Ein eisiger Wind fuhr durch den Wald. Mit meiner Pfote tappte ich auf Jessica. Sie fühlte sich ganz schlaff an, ihr Schwanz lag leblos auf dem Boden. Ich putzte ihre rosa Pfötchen für sie, leckte den ganzen getrockneten Schlamm ab.
    Sie wollte nach draußen, auf ihren Lieblingsplatz unter der Eiche. Sie war wacklig auf den Beinen, schaffte es aber bis dorthin. Ich setzte mich neben sie und versuchte, ihr mit meinem Körper Schutz vor dem schneidenden Wind zu bieten. Dazu plusterte ich mich dick auf.
    Es war schon Nachmittag und wurde schnell dunkel. Jessica war sehr schwach, ihr Atem ging schnell und flach, aber sie konnte mir noch etwas sagen.
    »Du musst mich gehen lassen, Salomon. Geh zurück und warte auf Ellen.«
    »Woher weißt du das?«, fragte ich.
    »Dein Engel hat es mir verraten.«
    Ich war bitter enttäuscht. Die ganze Zeit hatte ich versucht, meinen Engel zu ignorieren. Ich wollte Jessica danken: für den vielen Spaß, für unsere wunderschönen Kätzchen, für den Anblick des Meeres. Ich werde dich nie vergessen, Jessica. Das wollte ich ihr noch sagen. Doch es war zu spät, Jessica war tot. Sie sah mit einem Mal unglaublich friedlich aus und hatte eine Art Lächeln im Gesicht.
    Ich blieb ganz ruhig sitzen und beobachtete, wie das Licht wie ein goldener Nebel aus ihrem Körper wich. Dann sah ich Lichter durch den Wald auf mich zukommen, golden und grün, knapp über dem Boden. Die Lichter sammelten sich um die friedliche kleine Katze. Ich zog mich respektvoll zurück und beobachtete, wie die winzigen Wesen einen Kreis formten. Die Lichtstrahlen überkreuzten sich und bildeten ein kuppelförmiges Gitter, das ich sofort erkannte – das goldene Netz.
    Ich war bei meiner Geburt hindurchgegangen, und jetzt erhob sich Jessicas gelbes Licht, durchdrang das funkelnde Netz und ließ den Körper zurück wie einen alten Mantel. Ich beobachtete, wie das Licht durch die Bäume in den Himmel verschwand.
    Schweren Herzens machte ich mich daran, ihren Körper mit Blättern zu bedecken. Ich schob sie mit meinen Krallen zusammen und häufte sie auf, so gut es ging.
    Meine Trauer über Jessicas Verlust war grenzenlos. Ich musste etwas Aufmunterndes unternehmen, bevor es ganz dunkel wurde. Ich würde losrennen, immer weiter und weiter, bis zu der alten Dachshöhle.
    Ich war viel zu aufgeregt, um mir zu überlegen, wie ich dorthin kommen sollte. Ich rannte durch die Nacht, dicht über dem Boden, mit gesenktem Schwanz. Ich spürte Dachse, Kaninchen und sogar eine Eule in meiner Nähe, aber sie waren mir egal. Ohne auf Regen und Wind zu achten, die mein Fell zerzausten, rannte ich immer weiter, bis ich zu der hohen Brücke über die große Straße kam.
    Wie hypnotisiert von den Lichtern der Scheinwerfer kauerte ich mich hin und steckte den Kopf durch das Geländer. Wenn einer der Lastwagen ein bisschen langsamer fahren würde, hätte ich eine Chance. Jessicas Worte fielen mir wieder ein. »Mach das bloß nicht«, hatte sie gesagt und mich zum schimmernden Meer gebracht. »Man muss einfach wissen, was für wunderbare Dinge es auf der Welt gibt«, hatte sie gesagt.
    Ich dachte nach. Selbst wenn ich es schaffte, mit einem spektakulären Satz auf das Dach eines fahrenden Lastwagens zu springen, müsste ich mich dort Hunderte von Meilen festhalten. Und es regnete. Vielleicht würde ich hinunterfallen und überfahren werden!
    Mir gingen Gedanken durch den Kopf. Ich dachte an die vielen guten Dinge, die ich getan hatte. Ich war freundlich zu dem kleinen John gewesen. Ich hatte Ellen im Krankenhaus besucht. Ich hatte mit Jessica Pinguin gespielt.
    Die Zeiten waren hart, aber ich wollte nicht sterben. Ich wollte meine Aufgabe zu Ende bringen. Und meine Aufgabe war es, Ellen mit meiner Liebe zu unterstützen. Ich rannte an der Teerstraße entlang zurück, musste aber bald erkennen, dass ich erschöpft und völlig durchnässt war. Meine Pfoten waren wund gelaufen. Am Rand eines Feldes stand eine alte Holzhütte. Ich kroch darunter und schlief viele Stunden zusammengerollt in einer trockenen Erdmulde.
    Als ich am Morgen wieder herauskam, lag eine dünne Schneeschicht über den Feldern. Das machte die Mäusejagd

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