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Salomon – Ein Engel auf Samtpfoten

Salomon – Ein Engel auf Samtpfoten

Titel: Salomon – Ein Engel auf Samtpfoten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheila Jeffries
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früheren Leben, als Ellen noch ein Kind und ich ihre Katze gewesen war.
    Damals sprach Ellen kaum. Sie konnte sprechen, wollte aber oft nicht. Das brachte sie häufig in Schwierigkeiten. Die Leute dachten, sie wäre mürrisch, hochnäsig oder unhöflich. Aber das stimmte nicht. Ellen hatte telepathische Fähigkeiten. Deswegen war ich auch die perfekte Katze für sie gewesen. Wir konnten unsere Gedanken austauschen.
    Ellen liebte den Tanz. Sie machte Ballett, in rosa Satinschuhen mit langen Bändern. Sie tanzte überall: auf der Treppe, in der Küche, im Garten. Sie ging hinaus und tanzte barfuß über den Rasen, dass ihr langes honigblondes Haar nur so um sie herumflog. Manchmal hatte sie auch ein farbiges Band dabei, das sie im Sonnenschein schwenkte.
    Ich tanzte gern mit ihr und sprang hoch in die Luft, um das farbige Band zu erhaschen. Manchmal trafen sich unsere Augen auf halbem Wege in der Luft, und Ellen lachte und juchzte vor Freude.
    In jenem Leben gehörte ich ganz und gar Ellen. Ich folgte ihr die Straße hinab zur Schule. Nachmittags rannte ich ihr entgegen, wenn sie wieder zurückkam, mit bleichem Gesicht und schmerzerfüllten Augen.
    Doch sobald sie mich erblickte, erwachte die wahre Ellen wieder zum Leben, und wir tanzten zusammen im Garten. Oder sie ließ mich auf dem Klavier sitzen, während sie mit ihren kleinen Händen die schwarzen und weißen Tasten drückte. Ich liebte die Musik, deren Vibrationen mein Fell erzittern ließen. Manchmal spielte Ellen etwas Trauriges. Mein Kinn ruhte auf dem Piano, ich beobachtete sie und teilte ihre Gefühle. Dann wieder spielte sie eine schnelle Melodie, die das ganze Haus und meinen Körper in Schwingungen versetzte.
    Ich hörte die Musik in meinem Traum, ich tanzte auf dem Rasen mit Ellen. Der ganze Garten war voll tanzender Elfen. Bunte Bänder erfüllten die Luft. Wir sprühten vor Freude, die sich in Sterne verwandelte, in einer Wolke hochstieg und mit Krachen und Zischen zerplatzte. Menschen versammelten sich rund um uns herum. Sie suchten Heilung, Erlösung von ihrer Trauer und ihren Sorgen. Ellen und ich, ein wildes Kind und eine wilde Katze, konnten Trauer in Freude verwandeln.
    In meinem Traum leuchtete Ellen Gesicht. Sie sah mich an und hielt mich fest. »Warte auf mich, Salomon. Warte, ich komme zurück und hole dich«, sagte sie.
    Auf einmal veränderte sich die Musik. Ich wachte auf und hörte den trommelnden Regen. Der ganze Wald tropfte silbern, und das Wasser schoss den Weg hinunter.
    Als der Regen aufhörte, brachte mir Jessica bei, wie man Mäuse fängt. Sie zu fangen, war für mich kein Problem. Eher, sie in dem Wäldchen voller nasser Blätter zu entdecken. Aber Jessica wusste genau, wo sie sich versteckten. Sie fing zwei und gab mir eine ab.
    »Es hat keinen Sinn, nur zu üben, wie man sie fängt«, sagte sie. »Du musst aufpassen und riechen, wo sie leben.«
    »Katzenfutter mit Kaninchenfleisch aus der Dose wäre mir lieber«, sagte ich.
    »Igitt«, sagte sie. »Dosenzeug. Das hier ist das einzig Wahre.«
    Vormittags gingen wir zum Wohnwagen, um nach dem Rechten zu sehen. Die Vorhänge des Schlafzimmers waren immer noch zugezogen. Alles schien ruhig. Pam stand draußen und sprach mit Nick. Sie hoben die tropfnassen Sachen auf, die Joe hinausgeworfen hatte, und steckten sie in einen schwarzen Sack.
    Ich wollte zu Pam hinrennen. Sie würde mich knuddeln, mich loben und mir vielleicht sogar etwas zu fressen geben.
    »Nein«, sagte Jessica. »Schau doch! Sie haben den Katzenkäfig herausgeholt.«
    Pam zog ihn gerade unter dem Wohnwagen hervor.
    »Ich kann sie ganz leicht fangen«, sagte sie. »Sie kennen mich.«
    »Dann behalt du den Käfig, Pam«, sagte Nick. »Es ist ein bisschen verfrüht, jetzt schon die Katzen einzufangen. Warte lieber, bis Joe wach ist. Vielleicht will er sie ja behalten. Aber er muss weg. Das geht so nicht weiter.«
    »Ellen hat die Katzen angebetet«, sagte Pam. »Aber wenn sie nicht zurückkommt oder keine Wohnung findet, wo Katzen erlaubt sind, müssen sie woanders unterkommen. Der Tierschutzverein wird ein neues Zuhause für sie finden.«
    Das Wort kannte ich. Tierschutzverein.
    Pam stand da und schwang den Katzenkäfig. Ich erinnerte mich, wie Joe uns beide da hineingestopft hatte. Jessica und ich sahen uns an. Wir mussten nichts sagen, es war klar, dass wir verschwinden mussten, hinaus aufs Land, wie zwei wilde Katzen.
    Ich beobachtete Pam noch eine Minute. Sie war eine gute Freundin gewesen, und ich hätte gern

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