Salon der Lüste - 3
hatte, musste entsetzlich für sie sein.
»Ich bin nicht zur Polizei gegangen«, erzählte Rose ihnen. »Und ich weiß nicht, ob ich es tue. Ich kann mich nicht gegen meinen Vater stellen, der immerzu nur gut zu mir war.«
»Das verstehe ich«, sagte Saint. »Was können Sie uns sonst noch erzählen?«
»Heute Morgen hörte ich zufällig … ach was, nicht zufällig. Ich habe an der Arbeitszimmertür meines Vaters gelauscht, als er mit dem schaurigen Mann drinnen war. Sie sprachen über jemanden namens Fontaine, der zu einer Belastung geworden wäre. Ich vermute, das ist derselbe Mann, über den Sie gerade sprachen. Der schaurige Mann sagte zu meinem Vater, dass Fontaine Ivy entführt hätte, um das Ritual abzuschließen.«
Eisige Kälte kroch Saints Rücken hinauf. Rose sprach weiter: »Der Mann sagte, dass ihre harte Arbeit nun Früchte tragen würde. Er sagte, sie würden ihren Fehlschlag von vor elf Jahren wieder wettmachen, vor allem weil sie jetzt schon jemanden mit Namen Temple in Gefangenschaft hätten.«
Die Kälte wurde zu einem Eisklotz. »Temple? Sie haben gesagt, dass sie Temple haben?«
»Ja«, bestätigte sie. »Sie haben aber nicht gesagt, wo. Kennen Sie ihn?«
Saint nickte. Temple war ein Vampir und einer von Saints ältesten Freunden. Er war der Anführer ihrer zwielichtigen Truppe gewesen, und sollte die Silberhand Temple in ihrer Gewalt haben, war das finster. Mit diesen Leuten war nicht zu spaßen.
Auf keinen Fall durfte Ivy in ihre Fänge geraten!
Er konzentrierte sich wieder auf Rose. »Hat der Mann erwähnt, wo Fontaine Ivy hingebracht hat?«
»Ja. Es tut mir unendlich leid. Ich hätte es Ihnen längst sagen sollen. Er brachte sie zu seinem Landsitz in Hertford, nach Redstone Park.«
Zum ersten Mal heute schöpfte Saint tatsächlich Hoffnung. Er konnte Ivy zurückholen. Er war so froh, dass er Rose umarmte. Das Mädchen erstarrte vor Schreck, wich jedoch nicht zurück.
Dann wandte Saint sich zu Madeline um. »Ich stelle eine Gruppe zusammen. Wir brechen gleich bei Sonnenuntergang auf.«
»Bis dahin sind es noch Stunden«, gab Rose zu bedenken. »Können Sie nicht früher hinfahren?«
Er lächelte ihr kurz zu. »Wir setzen auf das Überraschungsmoment. Sie werden uns nicht kommen sehen.« Ganz zu schweigen davon, dass er wie Speck verbrutzeln würde, sollte er jetzt hinausgehen. In manchen Momenten war es verdammt ungünstig, ein Vampir zu sein.
Die Antwort schien Rose zufriedenzustellen. »Was kann ic h tun?«
»Sie gehen nach Hause«, wies er sie an. »Und behalten Sie Ihren Vater im Auge!
Haben Sie ein Telefon?«
Sie bejahte stumm.
»Gut. Rufen Sie uns an, falls er das Haus verlässt oder irgendetwas geschieht, von dem wir wissen sollten.« Er eilte zur Tür.
»Mr. Saint, da ist noch etwas.«
War es das nicht immer? Er drehte sich zu ihr um. »Was denn, Kleines?«
»Der gruselige Mann erwähnte, dass, sobald Fontaine Ivy >eingeweiht< hätte, er jemanden willkommen heißen würde, den sie >den Vampir< nennen. Verstehen Sie, was das bedeutet?«
Diesmal grinste Saint tatsächlich. »0 ja, meine Liebe, das weiß ich sehr wohl.«
Als Ivy aufwachte, schmerzten ihr Gesicht und ihr Kopf entsetzlich, und ihr Nacken wie ihre Schultern waren furchtbar steif.
Dennoch zwang sie sich, sich umzusehen und klar zu denken. Sie befand sich immer noch in dem Schlafzimmer in jenem Haus, in das Justin sie gebracht hatte, und sie war allein. Justin hatte sie an den Sessel in der Zimmermitte gefesselt.
Sie befand sich in einem Haus irgendwo auf dem Lande mit einem Wahnsinnigen, der wusste, dass Saint ein Vampir war, und hoffte, er würde sie suchen kommen.
Justin gehörte zum Silberhandorden, zu den Leuten, die für so viel Tod und Schmerz verantwortlich waren.
Hatte Justin die Morde begangen? Allein bei dem Gedanken wurde ihr übel, und doch wusste sie im Grunde ihres Herzens, dass es so war. Nun sollte sie irgendwie eine Hauptrolle in diesem ganzen Irrsinn spielen.
Würde er sie auch umbringen? 0 Gott, sie betete, dass Saint sie niemals fand, sollte Justin sie ermorden. Sie wollte nicht, dass er sie so sehen müsste. Lieber sollte er sich wütend an sie erinnern als mit einem solchen Schmerz.
An Saint zu denken, noch dazu in ihrem geschundenen Zustand, löste heiße Tränen aus, die ihr über die Wangen rannen und die zahlreichen Abschürfungen und Blutergüsse dort zum Brennen brachten.
Während sie hilflos, wund und heulend dasaß, ging die Tür auf, und Justin kam herein. Er trug
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