Salon der Lüste - 3
vielleicht bemerkt, dass Saints Augen im Dunkeln katzengleich leuchteten Und eventuell wäre ihnen auch aufgefallen, dass seine Zähne sehr lang und sehr scharf waren.
ja, sie hätten gewiss begriffen, dass er nicht menschlich war.
»Macht, dass ihr wegkommt!«, warnte Saint sie und trat einen Schritt vor. »Dann passiert euch nichts.«
Sie lachten bloß, wie sie es immer taten. Sechshundert Jahre, und es wurde einfach nicht besser. Ständig tauchten neue Banden von Dummköpfen auf, deren Gier alles an Verstand überwog, was sie besaßen.
Als sie sich auf ihn stürzten, seufzte Saint.
Er tötete sie nicht, und vor allem nahm er keinen TrOPfen von ihrem Blut. Um nichts in der Welt würde er seine Zähne in solch schmutzige Gesellen versenken.
Dennoch weckte die kurze Übung, die es brauchte, um die Burschen abzuwehren, das Ding in ihm, dem nach Blut dürstete. Bald wÜrde er sich nähren müssen.
Er ging weiter und fand rasch den Ausgang zu seinem Ziel: einem Keller unweit der Baker’s Row.
Als er den Hinterraum des Geschäfts betrat, fuhr der alte Mann hinter dem Tresen vor Schreck zusammen. »,Guter Gott! «
Saint grinste. »Ganz ruhig, alter Mann.«
»Ich glaub’s nicht. Samt!« Er sprang von seinem Hocker auf und kam mit ausgebreiteten Armen auf ihn zu.
Ezekiel Cole war in den drei Jahren, seit Samt ihn in Paris gesehen hatte, kaum gealtert. Ale und jüngere Frauen hielten ihn in Form. Ezekiel war ein gerissener Hund, allerdings loyal allen gegenüber, denen er vertraute - und Samt hatte das seltene Glück, ihnen zuzuzählen. Er hatte schon Ezekiels Vater gekannt und Vater und Sohn bei mehr als einer Gelegenheit seine Verlässlichkeit bewiesen.
»Was bringt dich in meine bescheidene Hütte?«, fragte Ezekiel, nachdem er Saint ausgiebig auf den Rücken geklopft hatte. »Hast du einen kleinen Schatz für mich?«
Ezekiel war einer der besten Hehler in ganz England und Frankreich. Folglich verfügte er überall in Europa über gute Beziehungen, die ihn und Samt schon häufiger geschäftlich zusammengeführt hatten.
»Nein, heute brauche ich Informationen, mein Freund.«
Der alte Mann runzelte die Stirn. »Was für welche?«
Beiläufig nahm Saint eine goldene Taschenuhr vom Tresen und spielte damit.
Schade, dass Ezekiel sein Freund war, sonst hätte er sie ihm gestohlen. »Weißt du immer noch besser in der Stadt Bescheid als die Polizei?«
»Ich denke schon. Ist ja auch kein Kunststück! «
Saint legte die Uhr wieder hin und sah Ezekiel an. »Was kannst du mir über die jüngsten Morde sagen?«
Viel hatte Ezekiel nicht zu bieten, aber immerhin etwas. Leider schien das, was er erzählte, den Verdacht zu erhärten, dass Jack the Ripper wieder zurück war. Man nahm an, dass der Täter Linkshänder war. Die Kehlen der Opfer waren alle auf die gleiche Art durchschnitten worden, und es gab keine Anzeichen für einen Kampf.
»Wurden die Frauen unter Drogen gesetzt oder vergiftet? «, fragte Saint. Vor zehn Jahren waren die meisten Opfer
zum Zeitpunkt ihres Todes betrunken gewesen. Außerdem ging das Gerücht um, dass der Ripper sie mit Trauben und Getränken in seine Fänge gelockt hatte.
Ezekiel schüttelte den Kopf. »Nicht dass ich wüsste. Dir ist doch bekannt, dass Miss Madeline keine Ausschweifungen in ihrem vornehmen Etablissement duldet.«
Saint ignorierte den spöttischen Unterton. Zwar wusste Ezekiel, dass Saint das Maison Rouge frequentierte, doch nicht, dass es sich um seine Zuflucht handelte. Das wusste niemand. »Die Frauen waren also nüchtern und bei Sinnen.«
»Ja, scheint so.«
»Und sie gingen trotzdem mit ihm.« Auf einmal fügte sich alles zusammen. »Sie kannten ihn! «
Das allein war noch keine bahnbrechende Erkenntnis, reduzierte aber immerhin die Liste der Verdächtigen auf jeden Londoner, der das Maison Rouge mehr oder minder regelmäßig aufsuchte -sei es zum Vergnügen oder aus geschäftlichen Gründen.
»Danke, mein Freund. Du hast mir sehr geholfen.«
Ezekiel zuckte mit den Schultern. »Ich weiß ja nicht, was ich gemacht habe, aber gern geschehen! Übrigens hat Reign das letzte Mal, als er hier war, etwas für dich dagelassen. Es liegt in meinem Schreibtisch.«
Reign hatte ihm also etwas hinterlegt. Nun, so ungewöhnlich war das nicht. Im Gegensatz zu Reign unterhielt Samt kein festes Domizil in London. Deshalb diente Ezekiel als sein Briefkasten.
Er ging ins Hinterzimmer und öffnete die oberste Schreibtischschublade. Darin lag ein kleines Päckchen mit
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