SALVA (Sturmflut) (German Edition)
zurück unter den Lebenden,
Heldin des Tages.“ Aljoscha lächelte mich an und ich brauchte einen Moment, um
mich zu sammeln und zu verstehen, was er gerade gesagt hatte.
„Ich war das nicht. Radu war bei mir.
Ohne ihn hätte ich nicht-“ Ich musste wieder husten und hatte auch kaum die
Kraft zu sprechen.
„Ganz langsam. Ruh' dich erst mal aus.“
„Wir haben uns schon so was gedacht,
als er plötzlich weg war.“ Veit zog einen Mundwinkel nach oben. Auch er schien
noch nicht ganz bei sich zu sein. Ich sah mich um.
„Wo sind wir? Wo sind die anderen?“
Aljoschas Lächeln verschwand wieder.
„Wir wissen es nicht.“ Sofort fing mein
Herz an zu rasen. Ich wollte gar nicht daran denken, dass Radu vielleicht
ertrunken war. Ich stöhnte auf, doch es war viel mehr der seelische Schmerz als
der körperliche.
„Ich weiß, das ist eine ziemlich
hässliche Wunde an deinem Oberschenkel. Sie ist zum Glück nicht sehr tief.“
Erst jetzt fiel es mir wieder ein. Der Aufprall, die heftigen Schmerzen. Ich
schaute an mir runter und sah die blutige Wunde. Ich wand sofort den Blick ab
und schloss die Augen. Dieser Anblick war jetzt nicht gerade hilfreich.
„Wir müssen die anderen finden.“ Meine
Worte waren mehr ein erschöpftes Schnappen nach Luft.
„Das können wir nicht, das weißt du.
Falls sie noch am Leben sind-“
„Sag so was nicht!“ Der Satz kam mit
erstaunlich viel Kraft, doch sofort musste ich wieder husten.
„Entschuldige... auf jeden Fall wissen
sie, was zu tun ist. Sollten wir vor ihnen das Grenzgebiet erreichen, kann ich
nach ihnen suchen lassen, bis dahin sind sie aber auf sich gestellt. Wir wären
auch keine Hilfe, wenn wir jetzt im Kreis laufen und nach ihnen suchen würden.
Die Chancen sie zu finden sind einfach zu gering und wir sind geschwächt und
haben keine funktionierenden Waffen mehr bei uns.“ Ich wusste es war nicht, was
Aljoscha mit 'Waffen'meinte, aber ich ließ meine Hand sofort zu meinen
Gürtel wandern und war erleichtert, als ich den Griff des Messers spüren
konnte. Dieses Messer hatte mir mehrfach das Leben gerettet. Es hatte sich mehr
bewährt als die Schusswaffe. Ich betrachtete es als eine Art Glücksbringer.
„Ich weiß, es wird dir nicht gefallen
Milla, aber ich gebe Aljoscha Recht.“ Ich sah zu Veit, der sich nun neben mich
gekniet hatte. Mir war klar, dass er Recht hatte. Dennoch war es schwer zu
ertragen. Ich konnte nichts für Gry und Radu tun.
„Wird man nach uns suchen?“ Langsam
konnte ich wieder reden ohne einen Hustenanfall zu bekommen.
„Ich weiß es nicht. Vermutlich eher
nicht. Oder zumindest nicht hier. Das Wasser hat uns ziemlich weit raus
getrieben. In so einem großen Radius nach uns zu suchen wäre angesichts des
geringen Gewinns für die Schutztruppen pure Zeitverschwendung. Die sind
bestimmt genug damit beschäftigt, das Loch in ihrer Mauer zu stopfen.“ Er
grinste breit und auch Veit lachte kurz auf. Ich wusste, es war eine Würdigung
meiner Tat. Ich selbst kam mir kein bisschen heldenhaft vor. Ich konnte nur
daran denken, ob Gry und Radu noch am Leben waren.
„Wir ruhen uns erst mal eine Weile aus
und sammeln unsere Kräfte.“ Mit diesen Worten setzte sich auch Aljoscha neben
mich und schloss für einen kurzen Moment die Augen.
Während
wir darauf warteten, dass ich wieder zu Kräften kam, versorgte Aljoscha meine
Schnittverletzung so gut es ging. Er hatte sich die Ärmel von der Uniform
gerissen, ausgewrungen und versuchte sie
nun wie einen Verband um meine Verletzung zu wickeln. Es würde nicht viel
nützen, trotzdem war es besser als nichts. Gry hatte ausgezeichnete Arbeit an
seiner Schulter geleistet, trotz der wenigen Mittel, die sie zur Verfügung
hatte. Im Gegensatz zu Veit und mir, sah man Aljoscha die Anstrengungen nicht
an. Er wirkte lebendig, sein Gesicht hatte Farbe und er war völlig unverletzt.
Obwohl Veit in verhältnismäßig guter Verfassung war, konnte man ihm die
Strapazen ansehen. Er war blass und völlig ausgezehrt. Bei seinem Anblick
wollte ich gar nicht wissen, was für ein Bild ich wohl gerade abgab. Mein
Zustand war schon nicht der Beste, als ich in der Todesstadt ankam.
Mittlerweile war ich höchstens noch ein Abziehbildchen meiner Selbst. Ich fuhr
mit den Finger über die
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