Salvatore, R.A. - Todfeind2
Last von ihr genommen worden, als ob ewig drohende Sturmwolken sich endlich verzogen hätten. Die dreiwöchige Belagerung hatte die Brüder auf eine harte Probe gestellt, und obwohl sie gar nicht erfreut waren, dass ihre Gefangenen hatten fliehen können, und noch betrübter darüber, dass vier aus ihrer Mitte im Gefecht gefallen waren und mehrere andere noch lange brauchen würden, um sich davon zu erholen, war das Leben ziemlich schnell wieder in gewohnte Bahnen zurückgekehrt.
Es fiel Cormack auf, dass die Arbeit an den Mauern seit den Tagen des Aufbaus nicht mehr so ausgelassen abgelaufen war. Ausgelassen und mit wahrer Hingabe, so erkannte er, denn die Brüder erledigten ihre Aufgaben mit einer ganz neuen Zielstrebigkeit, als täten sie endlich viel mehr, als nur ihr tägliches Überleben zu sichern. Sie hatten die Kapelle zur Verteidigung und zu Ehren des heiligen Abelle erbaut. Nun hatten sie auch aus erster Hand einmal erlebt, wie sie ihren Zweck erfüllt hatte. Sie hatten erkannt, was gelungen war und was nicht. Zahlreiche Pläne waren bereits aufgestellt worden, wie die Mauern verstärkt und den Brüdern bessere Möglichkeiten geschaffen werden müssten, um zukünftige Angreifer noch wirkungsvoller abzuwehren. Zu diesen Plänen gehörten auch Überlegungen zu prachtvollen Ausschmückungen, die als Ausdruck des Stolzes und der Dankbarkeit gegenüber ihrem Patron dienen sollten.
»Sinnhaftigkeit«, flüsterte Cormack, während er den Innenhof betrat. Er fragte sich, ob dieses Bedürfnis, einen Sinn zu finden, nicht auf irgendeine seltsame Art und Weise für die ständigen Streitigkeiten zwischen den verschiedenen Stämmen und den Pauris der Inseln des Mithranidoon verantwortlich waren. Könnten die Leute auf den Inseln denn ohne die ständig gegenwärtigen Feinde in ihrem Leben einen Sinn finden?
Es war ein wahrlich entmutigender Gedanke für den weichherzigen Mann, aber er ließ sich davon keineswegs niederdrücken.
Das bewirkte jedoch Bruder Giavnos Miene, als er Pater De Guilbes Arbeitszimmer betrat, und sein vernichtender Blick, der Cormacks Gedanken sofort an den Strand und zu dem zweiten, umgedrehten Boot springen ließ, das offenbar vor Kurzem erst zurückgekehrt war.
»Pa … Pater De Guilbe, mir wurde bestellt, Ihr wolltet mich sprechen«, stotterte Cormack. Doch sein Blick blieb die ganze Zeit auf Giavno gerichtet.
»Wo wart Ihr?«, fragte der Führer der Kapelle Isle, und Cormack blieb der enttäuschte Unterton in seiner Stimme nicht verborgen.
Er wandte sich zu dem Mann um und wartete ein paar Augenblicke, um seine Gedanken zu ordnen und sich alles zurechtzulegen, ehe er antwortete. »Fischen, das tue ich oft und mit Bruder Giavnos Segen. Heute habe ich zwei erwischt – einen ziemlich großen …«
»Fischt Ihr vom Boot aus oder auf einer der anderen Inseln?«
»Vom Boot aus, natürlich …«
»Warum wart Ihr dann auf einer Insel?«, wollte Pater De Guilbe wissen. »Es war doch eine Insel, oder etwa nicht? Wo Ihr Euch mit einer Barbarenfrau getroffen habt?«
Benommen schüttelte Cormack den Kopf. »Vater, ich …« Diesmal unterbrach De Guilbe ihn nicht, doch der stammelnde Cormack konnte ohnehin keine Antwort finden.
»Ihr habt sie befreit«, klagte ihn Pater De Guilbe an. »Während die Schlacht tobte, habt Ihr Euch in die Tunnel hinuntergeschlichen und unsere vier Gefangenen befreit.«
»Nein, Vater.«
De Guilbes Seufzen schmerzte den jungen Mönch zutiefst. »Verschlimmert Euer Vergehen nicht auch noch durch Lügen, Bruder.« Er hielt inne, seufzte abermals und schüttelte den Kopf, ehe er ganz einfach sagte: »Cormack.«
»Vier Seelen für den heiligen Abelle, die freigelassen wurden, um ihren heidnischen Gewohnheiten zu frönen, wofür sie auf ewig verdammt werden«, warf Bruder Giavno mit rauer Stimme ein. »Wie wollt Ihr das mit Eurem Gewissen vereinbaren, frage ich mich.«
»Nein«, sagte Cormack, immer noch den Kopf schüttelnd. »Wir dachten, sie äßen aus Protest nichts, aber es war ein Zauber, vielleicht. Oder …«
»Bruder Giavno ist Euch auf den See hinaus gefolgt, Cormack«, sagte Pater De Guilbe, und abermals erschütterte die Tatsache, dass sein abellikanischer Titel weggelassen wurde, den jungen Mönch zutiefst. »Er hat Euch mit der Frau gehört – alles. Und während Eure Lust durchaus Vergebung finden kann – Brüder geben solchen Bedürfnissen häufig nach –, ist das, was Eurem Stelldichein vorausging, eine ganz andere Sache.«
Cormack starrte ihn
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