Salvatore, R.A. - Todfeind2
noch einmal durchleben oder mich auch nur daran erinnern.«
»Es war sicher schmerzlich für dich, die leidenschaftliche Hingabe deiner Kirchenbrüder zu sehen«, sagte Milkeila. »Und sie zu verraten.«
»Und die ebenso leidenschaftliche Hingabe deiner Leute, die nicht weniger engstirnig sind.«
Milkeila wich auf Armeslänge vor Cormack zurück und musterte ihn ernst. »Wir haben keine Gefangenen festgehalten«, erinnerte sie ihn. »Wir sind nicht bei euch eingedrungen und haben verlangt, dass ihr zu unserem Glauben übertretet.«
Cormack brachte sie wieder zum Schweigen und versuchte auch, sie zu küssen, aber sie wich ihm aus. »Ich weiß«, sagte er. »Und ich weiß auch, was du deshalb empfindest.« Sie wollte sich zwar dazu äußern, aber er ließ sie nicht zu Wort kommen. »Und du weißt, was ich getan habe. Hast du das schon vergessen?«
»Natürlich nicht!«
»Dann küss mich!«, sagte Cormack schelmisch und versuchte verzweifelt, die Unterhaltung in freundlichere Gefilde zu lenken.
Milkeila blieb das nicht verborgen, sie lächelte und küsste Cormack endlich und gab seinem Drängen nach, während sie sich zusammen auf der Sandbank ausstreckten. Während sie sich von ihren Kleidern befreiten, hielt Cormack für einen kurzen Augenblick inne und holte das Edelsteinhalsband hervor. Milkeila wehrte sich nicht, als er es ihr über den Kopf streifte.
Draußen auf dem See lauschte Bruder Giavno, still und alleine in einem Boot sitzend, ihrem Liebespiel, wie er auch schon ihrer Unterhaltung gelauscht hatte. Dabei staunte er, wie weit der Schall in einer so klaren Nacht über das dunkle Wasser getragen wurde.
Er war eigentlich gar nicht überrascht, dass Cormack es gewesen war, der sie verraten hatte. Aber es schmerzte ihn trotzdem. Der junge, gut aussehende Bruder – so voller Feuer und Energie, so stark im Kampf und so stark mit den Edelsteinen – verstand einfach nicht, was es hieß, ein abellikanischer Bruder zu sein, während sie sich dem Ende des ersten Jahrhunderts ihrer Kirche näherten. Cormacks Grundhaltung war die ständiger Kompromissbereitschaft, und das in einer Welt voller Feinde, die ein derartiges abellikanisches Entgegenkommen nur als Täuschung auf ihrem Weg zu vollständiger Oberherrschaft betrachten würden.
Denn die Abellikaner waren zu dieser Zeit in einen heftigen Streit mit den Samhaistanern verstrickt, die nicht von ihren alten und brutalen Gebräuchen ablassen wollten. Wäre da nicht dieser uralte Kult, so hätte Cormacks grenzenlose Toleranz gegenüber anderen – sogar den Pauris – vielleicht sogar innerhalb der Kirche geduldet werden können.
Aber das war nicht der Fall. Nicht jetzt. Nicht während ganz Honce in Flammen stand, Fürst gegen Fürst kämpfte und beide Kirchen, Abellikaner und Samhaistaner, um die Vorherrschaft rangen. Die anderen Rassen hatten keine andere Wahl, als sich für eine Seite zu entscheiden. Neutralität stand nicht zur Debatte.
Ebenso wenig Toleranz gegenüber den Barbaren, die die Wahrheit und Schönheit des heiligen Abelle nicht sehen wollten.
Bruder Giavno hatte Cormack immer gemocht, aber zu hören, wie dieser Mann mit einer Barbarin schlief, und dazu auch noch einer Schamanin, das war mehr, als seine Empfindsamkeit ertragen konnte.
Cormack lenkte das Boot auf den Sand, kletterte hinaus und zog es ganz aus dem Wasser. Ein anderes Boot lag in der Nähe, umgedreht, und die beiden Handlanger, deren Aufgabe darin bestand, dafür zu sorgen, dass alle Boote ordentlich gelagert und gesichert waren, wenn sie nicht benutzt wurden, legten die Paddel des ersten Bootes beiseite und kamen herüber, um Cormack zu helfen.
»Pater De Guilbe wünscht Euch zu sprechen«, berichtete einer von ihnen dem zurückkehrenden Mönch. »Und was habt Ihr heute für uns gefangen?«
Cormack hielt zwei Forellen hoch, die auf eine Schnur gezogen worden waren – Fische, die Milkeila ihm gegeben hatte, wie es üblich war, wann immer sie sich auf der Sandbank trafen.
»Ihr seid immer erfolgreicher, wenn Ihr allein seid«, sagte der andere Bootshelfer. »Sie sollten Euch jeden Tag hinausschicken.«
Cormack nickte grinsend und dachte, dass ein tägliches Treffen mit Milkeila an ihrem Lieblingsplatz keine schlechte Sache wäre. Keiner der drei am Strand war sich jedoch über den prophetischen Hintersinn dieser Bemerkung im Klaren.
Mit deutlich leichterem Schritt trottete Cormack vom Strand zur Kapelle, und in der Tat: Die ganze Kapelle Isle erschien, als sei eine große
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