Salvatore, R.A. - Todfeind2
einflussreichen Kirche.
Dies war der Ort, an dem der heilige Abelle zum ersten Mal die Macht der von Gott gegebenen Edelsteine vorgeführt hatte. Dies war der Ort, wo er – wie es hieß, nach Gottes Anleitung – gelernt hatte, die magischen Eigenschaften dieser Steine, die er nach seinem Schiffbruch auf einer fernen Insel weit entfernt im Süden des Mirianischen Ozeans gefunden hatte, dauerhaft zu verankern. Allein und fern von jeglicher Zivilisation, wie noch kein Mensch es je gewesen war, hatte Abelle nicht erwartet, zu überleben und jemals nach Honce zurückkehren zu können.
Aber die magischen Steine regneten vom Himmel auf ihn herab, diese Geschenke Gottes an ihn, und während er ihre magischen Eigenschaften erkundete, war dieser junge Philosoph zu ihrem vollen Verständnis gelangt.
Mit diesen Steinen war Abelle Hunderte von Meilen über den Ozean gewandert, so erzählte man sich, und mit Hilfe der Macht und der Möglichkeiten der Edelsteinmagie hatte er die Welt verändert.
Noch war Dawson als Abellikaner nicht formell konfirmiert. Er war in Vanguard inmitten einer gedeihenden Landwirtschaft und Gemeinschaft, die die Jagd betrieb, aufgewachsen, die von den Samhaistanern gelenkt wurde. Und die alten Gewohnheiten verflüchtigten sich nur mühsam. Dennoch konnte er die spirituelle Ausstrahlung nicht leugnen, die er stets verspürte, wenn dieser Anblick, die Kapelle Abelle, so eindrucksvoll und immer erhabener werdend, in Sicht kam.
Versteckt zwischen den Klippen befand sich ein Hafen mit Tunneln, die sich durch den Fels bis zur Kapelle hochschraubten – Tunnel, die Abelle laut Überlieferung mit Hilfe verschiedener mächtiger Edelsteine höchstselbst geschaffen hatte.
»Lady Gwydres Flagge sei gegrüßt!«, ertönte ein Ruf von den Docks, als sich die Lady Dreamer um die gezackten Felsen herumschob. Zwei Mönche standen dort und winkten dem Schiff zu. In einem der beiden erkannte Dawson Bruder Pinower und erwiderte das Winken voller Herzlichkeit, wurde er doch auf diese Weise daran erinnert, dass die Beziehung zwischen Gwydre und dieser Kirche sehr eng geworden war.
Natürlich hatte genau dies zum derzeitigen Krieg in Vanguard geführt, und Dawson verzog schmerzvoll das Gesicht, als er daran dachte, dass seine ehemaligen geistigen Führer, die Samhaistaner, nun so heftig und mit solchen abscheulichen Fußsoldaten wie Kobolden und Eistrollen zurückschlugen. Niemals hätte der Mann erwartet, dass die angeblich weisen und gütigen Priester, die sein Volk geführt hatten – so brutal ihre Gebräuche häufig auch waren –, ihre Anhänger verraten konnten, indem sie die Hilfe solcher schrecklichen Kreaturen in Anspruch nahmen.
»Waffen, Metall oder Nahrungsmittel?«, fragte Bruder Pinower, während McKeeges Schiff an dem längsten der drei Piers anlegte und Helfer auf dem Dock erschienen, um es zu vertäuen. »Ihr werdet natürlich Mühe haben, irgendetwas davon zu laden. In diesen Zeiten regiert die Feigheit.«
»Demnach setzen die Fürsten Ethelbert und Delaval ihren Krieg fort?«, fragte Dawson und sprang locker zu den Abellikanern auf den Holzsteg.
›»Intensivieren‹ wäre wohl das richtigere Wort«, erwiderte Pinower. »Fürst Delaval glaubte, einen Vorteil errungen zu haben, daher hat er seine Front verstärkt und verfolgt die Absicht, Ethelbert ins Meer zu drängen.«
»Aber das sollte nicht sein«, sagte der zweite Mönch. »Ethelbert hat noch ein paar Tricks in der Hinterhand.«
»Aye, und ein paar Verbündete aus Behren«, fügte Bruder Pinower hinzu.
»Ein Fürst von Honce lässt sich von den Wilden aus dem Wüstenland helfen?« Dawson McKeege schüttelte den Kopf und empfand für Ethelbert in diesem Augenblick ungefähr das Gleiche wie für die Samhaistaner Vanguards.
»Verzweifelte greifen zu verzweifelten Maßnahmen«, bemerkte Bruder Pinower, und alle drei nickten.
»Ich habe die Laderäume voll von Rentierflechte«, erklärte Dawson und meinte das weiße Moos, das kniehoch in verschiedenen Regionen Vanguards gedieh und neben anderen Zwecken vor allem zum Verbinden von offenen Wunden verwendet wurde. In Kriegszeiten war offenbar vor allem dieser Nutzen der Pflanze vorrangig, aber aus dem Extrakt getrockneter Rentierflechte konnte auch ein Gesundheitstee zubereitet werden, und größere Polster des Mooses erzielten oft hohe Preise, nämlich als gleichermaßen praktisches wie dekoratives Material zur Dachbedeckung und Wandverkleidung für die Häuser wohlhabender Kaufleute. Vanguard
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