Salvatore, R.A. - Todfeind2
Cadayle.
»Bitte, gute Lady, ich bin nicht Euer Richter«, sagte Dawson, und jetzt saß er ab, obgleich mehrere seiner Furcht einflößenden Begleiter unruhig wurden. »Das wollten auch die Brüder von Abelle nicht sein. Aber sie hätten keine andere Wahl gehabt – jedenfalls dachten sie, sie hätten keine Wahl. Ich habe Ihnen nur eine Möglichkeit zu unserem gegenseitigen Nutzen eröffnet.«
»Lügner!«
»Und deswegen ist Euer Ehemann noch am Leben!«
»Genug!«, befahl Bransen und erschreckte sie mit der Kraft in seiner Stimme.
Für ein paar Augenblicke schwiegen alle, dann neigte Dawson den Kopf und sagte: »Willkommen, Wegelagerer. Euer Ruf eilt Euch voraus.«
Bransen fixierte ihn drohend.
»Wenn ich nichts gesagt hätte und Ihr dort zurückgeblieben wäret, hätten Euch die Brüder von Abelle in Ketten gelegt und dem nächsten Fürsten übergeben, der Fürst Delaval treu ergeben ist. Sie wollten es nicht tun, waren aber dazu verpflichtet. Das könnt Ihr sicher verstehen.«
Bransen sagte nichts und rührte sich nicht.
»Ihr wurdet auf der Straße von Bruder Fatuus von der Kapelle des Kostbaren Andenkens in Palmaris-Stadt überholt«, erläuterte Dawson. »Er kam mit Nachrichten vom Storch, dem Wegelagerer. Sie beobachteten Euch bereits, ehe Ihr auch nur in die Nähe von Weatherguard gelangtet. Ich bot ihnen ein Geschäft zu Euerm Nutzen an, zum Nutzen meiner Lady und um die Brüder von ihrer bedauernswerten Pflicht zu befreien.«
»Um mich hierher zu bringen, damit ich im Krieg Eurer Lady mitkämpfe«, hielt ihm Bransen entgegen.
Dawson zuckte verlegen die Achseln. »Wir brauchen dringend starke Krieger, und wie ich schon sagte, Euer Ruf eilt Euch voraus. Der diensthabende Verwalter von Pryd-Lehen warnte alle vor Eurer Kunst, die Klinge zu fuhren. Ihr seid ein recht gefährlicher Zeitgenosse, erzählte man mir.«
»Ich will mit dem Krieg nichts zu tun haben«, sagte Bransen, und Cadayle umklammerte seinen Arm.
»Ich fürchte, da habt Ihr keine große Wahl«, sagte Dawson. »Es gibt keinen Ort, wo Ihr hingehen könnt. Und Eure schönen Begleiterinnen auch nicht.«
»Ihr wollt ihnen drohen?«, knurrte Bransen. Die Soldaten trieben ihre Pferde näher heran.
»Unser Kampf ist ein guter Kampf«, sagte Dawson. »Nicht wie das sinnlos Schlachten im Süden. Wir kämpfen gegen Kobolde und Eistrolle, alles böse kleine Bestien. Und gegen mordlustige heidnische Barbaren, die sich des Nachts anschleichen und unsere Kinder im Schlaf massakrieren. Wir kämpfen gegen Samhaistaner, für die Ihr, wie ich gehört habe, auch nicht viel übrig habt.«
»Ihr scheint sehr viel zu hören.«
»Das ist wahr«, sagte Dawson, neigte den Kopf und verwandelte den Sarkasmus in ein Kompliment. »Ich bedaure meine Lüge, und ich entschuldige mich in aller Form. Ohne Euch wäre ich schon lange tot, Eure schöne Frau wäre verwitwet … Und trotzdem hinterließ die Notwendigkeit einer solchen Lüge einen sauren Nachgeschmack in meinem Mund. Aber diese Lüge ist jetzt belanglos, denn ihr Ziel wurde erreicht.«
»Lasst uns einfach nur gehen«, sagte Bransen.
»Wohin?«
»Überallhin, nur fort von hier.«
»Wollt Ihr dann über den Golf schwimmen? Oder nach Westen und um ihn herum rennen, durchs wilde Land, wo Monster und hungrige Raubkatzen und Bären zahlreicher sind als Bäume? Seid vernünftig. Ihr habt wirklich keine Wahl.«
»Wir werden ein Schiff finden, das nach Honce im Süden segelt. Oder sogar nach Behren.«
»Niemand sticht vor dem Winterende in See.«
»Dann werden wir …«
»Genug!«, sagte Dawson, und seine Miene verhärtete sich plötzlich. Er schwang sich schnell auf sein Pferd. »Genug, Wegelagerer. Ihr wurdet im Süden bereits ordnungsgemäß gefangen und angeklagt, Euch drohte die Todesstrafe. Ich biete Euch diesen Ausweg an. Ihr werdet mit den Truppen Lady Gwydres in einen gerechten Kampf ziehen – viele von ihnen gehören zu den Männern, die sich mit Euch auf dem Schiff nach Pireth Vanguard befanden. Wir sind hier in großer Not. Ich bitte Euch nicht um diesen Dienst.«
»Heißt?«
»Heißt, dass wenn Ihr Euch weigert, Euer Leben verwirkt ist.«
Bransen verengte die Augen zu Schlitzen und straffte die Schultern.
»Desgleichen das Leben Eurer Begleiterinnen.«
Wenn Dawson sein Pferd herumgerissen und angestachelt hätte, Bransen ins Gesicht zu treten, wäre die Wirkung nicht betäubender gewesen.
»Was untersteht Ihr Euch!«, brüllte Bransen, doch Dawson zog sein Pferd herum und lenkte es
Weitere Kostenlose Bücher