Salz der Hoffnung
Umschreibung für Ehebruch. Der arme William, dachte Regal besorgt. Es hieß, er werde den Rechtsstreit vermutlich verlieren, und das würde ein hohes Bußgeld bedeuten. Schwer aufzubringen für jemanden, der von seinem Sold leben mußte. Doch es bewies die Tiefe seiner Gefühle für Mrs. Kent, und Regal war stolz auf ihn. Sie hoffte nur, Charles werde kein solches Theater machen. Aber selbst wenn. Sie würde zahlen, was immer man von ihr verlangte, und die Schuld im Scheidungsverfahren auf sich nehmen. Es war alles ganz einfach. Ihre Ehe war endgültig Vergangenheit. Sie schrieb einen hastigen Brief an William und Mrs. Kent, machte ihnen Mut und wünschte ihnen Glück, und sie konnte einfach nicht widerstehen, ihnen von ihren eigenen Plänen zu berichten. Hier hatte sie niemanden, dem sie sich anvertrauen konnte, keine Menschenseele. Maria und Edwina würden entsetzt genug sein, wenn sie im nachhinein davon erfuhren. Aber sie würden schon darüber hinwegkommen.
Bonnie, die Zofe, hatte sich bereit erklärt, mit ihr zu gehen, und sie war beinah so aufgeregt wie Regal, als sie deren Habseligkeiten in mehrere Reisetruhen packte, damit sie auf die Insel gebracht werden konnten.
»Sonst wollen Sie nichts mitnehmen, Madam?« fragte Bonnie. »Sie haben all das wundervolle Silber gekauft, das wollen Sie doch wohl nicht zurücklassen?«
»Er kann es behalten«, erwiderte Regal fröhlich. »Ich kann keinen überflüssigen Ballast gebrauchen. Wenn wir erst in Amerika sind, kaufen wir uns neues Silber.«
»Amerika? Wir fahren nach Amerika?« fragte Bonnie atemlos.
»So bald wie möglich. Es wird dir dort gefallen.«
»Oh, ganz bestimmt, Madam. Wer hätte je gedacht, daß ich mal eine so weite Reise machen würde? Ich bin Ihnen ja so dankbar, Madam, und Sie werden es nicht bereuen, mich mitgenommen zu haben. Sie können sich auf mich verlassen, ich werde gut auf Sie achtgeben.«
Manchmal dachte Regal, sie habe es irgendwie immer gewußt, schon an dem Tag als sie Pine Cottage zum ersten Mal gesehen hatte, daß es von einem romantischen Zauber umgeben war. Jetzt wurde es zu ihrem gemeinsamen Liebesnest, wo sie sich, frei von den Nöten der Außenwelt, wie in den Flitterwochen fühlen konnten.
Jorge hatte den struppigen Bart abrasiert und sich die Haare geschnitten, und unter Regals zärtlicher Fürsorge erholte er sich schnell. Sie weinte, als sie die grausamen Narben auf seinem Rücken sah und wie dürr und ausgezehrt er war, doch er lachte sie aus und nahm sie in die Arme. Es waren Tage und Nächte der Sinnlichkeit und des seligen Nichtstuns. Früh am Morgen schwamm Jorge nackt in der kalten See, und Regal sah ihm vom Strand aus zu, spürte den rauhen Wind und genoß das Bewußtsein, daß dieser leidenschaftliche Mann ganz ihr gehörte.
Die beiden Frauen setzten ihm gewaltige Mahlzeiten vor und hatte ihre Freude daran zuzusehen, mit welch großem Appetit er alles verzehrte. Er bestand darauf, daß Regal ihn auf langen Spaziergängen durch die Natur begleitete, die er zur Beschleunigung seiner Genesung unternahm, und sie liebte ihn nur noch mehr, weil er sie immer um sich haben wollte und nicht wie Charles alleine ausging und andere Gesellschaft suchte. Jeder Moment, den sie zusammen verbrachten, war erfüllt von ihrer Liebe, und so sollte es auch sein, dachte sie lächelnd. Wenn er sie ansah, konnte sie diese Liebe an seinen Augen ablesen. Wenn sie zusammen durch die Dünen streiften, legte er seine Arme um sie und blieb von Zeit zu Zeit stehen, um sie zu küssen, mit einer drängenden Zärtlichkeit, die ihr Herz schmelzen ließ. Und später kehrten sie in ihr Schlafzimmer zurück, wo er sie mit seiner Liebe für die lange Trennung entschädigte.
Schließlich traf der unvermeidliche Brief von Charles ein. Er war wutentbrannt, daß sie ihn einfach so verlassen hatte, und forderte ihre Rückkehr. Eine Scheidung kam für ihn unter keinen Umständen in Frage.
Über ihre Londoner Anwälte ließ sie ihm mitteilen, daß ihr Entschluß unumstößlich war. Sie wollte die Scheidung und wurde wütend, als die Monate ins Land gingen und Charles sich hartnäckig weigerte zuzustimmen. Jorge war es gleich. Er verstand nicht, was das ganze Theater sollte. »Ich will nicht über ihn reden.«
Es machte Regal nichts aus, es faszinierte sie
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