Salz der Hoffnung
entschieden, daß ein Thema beendet war, konnte sie ihn durch nichts dazu bewegen, sich weiter dazu zu äußern, ganz gleich, wie viele Fragen sie ihm auch stellte. Sie grinste verstohlen. Tat sie denn nicht genau dasselbe? Der einzige Unterschied war, daß sie von einem ungeliebten Thema ablenkte, ehe die Fragen ihr zu sehr zusetzten.
Caroline Smythe war viel sympathischer als die männlichen Journalisten, die achtlos an ihr vorbeigingen, als sei sie eine Hausangestellte. Doch sie bohrte ein bißchen zu viel in ihrem Bemühen, mehr über Regals Herkunft herauszufinden – ohne Erfolg. Das ging niemanden etwas an. Jorges Erfolg sollte im Mittelpunkt stehen.
Samuel Phelps besuchte sie häufig, nachdem er sich schließlich von der Seekrankheit erholt hatte, die ihn den ganzen Weg nach Reykjavik und zurück geplagt hatte. Es war eine schreckliche Reise für den armen Samuel gewesen, doch er genoß das öffentliche Interesse, daß damit einherging, ganz zu schweigen von seinen satten Profiten. Er hatte sich gar entschlossen, Jorge auf der nächsten Islandfahrt wieder zu begleiten. »Vermutlich wird es mir beim zweiten Mal besser gehen«, hatte er Regal erklärt. »Schließlich bin ich das Meer ja dann schon gewohnt. Es lohnt sich für mich, die Bestellungen selbst aufzunehmen, das spart die Provision für den Mittelsmann.«
Caroline schrieb einen Artikel über Regal. Darin nannte sie sie ›Captain Jorgensens Freundin‹. Regal fand den Bericht langweilig, er ärgerte sie sogar ein wenig. Caroline hatte das Haus beschrieben, Regals Kleider, ihre Vorliebe für modische Hüte, sie hatte gar erwähnt, daß Regal ein Paar Schuhe mit massiven Silberschnallen besaß. Wen sollte so etwas interessieren? Regal hatte Damen der Londoner Gesellschaft gesehen, die diamantbesetzte Schuhe trugen. Dieser Artikel klang, als sei sie eine von diesen geistlosen Frauen, die ihr Leben damit verschwenden zu entscheiden, was sie anziehen sollen. Aber Regal hielt Caroline zugute, daß sie selbst ihr nicht gerade geholfen, ihr nichts Interessantes erzählt hatte, das sie hätte verwenden können. Und alles in allem war der Artikel ja bedeutungslos. Was ihr an Caroline gefiel, war ihre Unabhängigkeit, und darum wollte sie sich mit ihr anfreunden.
Tag für Tag arbeitete Jorge an seinen Plänen für die nächste Expedition. Dieses Mal schien es weitaus komplizierter zu sein, er mußte zahllose Gespräche mit Offizieren der Marine führen. Abends gingen er und Regal aus. Sie liebten beide die Unterhaltung und zogen die Vielfalt des Londoner Nachtlebens faden Dinnergesellschaften daheim vor. Jorge ging mit ihr ins Theater, in prachtvolle Spielkasinos, er führte sie gar zur Maiden Lane, wo sie den vielstimmigen Liedern der Glee-Sänger lauschten. Es schien, als sei alles, was sie gemeinsam taten, ein Akt der Liebe, der ihre an und für sich schon sehr leidenschaftliche Beziehung noch vertiefte, und Regals Glück war offensichtlich. Er sagte ihr wieder und wieder, sie sei nie schöner gewesen als in diesen Tagen.
Doch Caroline begann ihr Sorgen zu machen. Jedesmal wenn sie Regal besuchen kam, und sei es nur auf eine Tasse Tee, bestand sie darauf, ›schnell ein paar Worte mit Captain Jorgensen zu reden‹, ehe sie ging, denn, so behauptete sie, ihr Interesse an seinen Unternehmungen sei ungebrochen. Doch Regal entging nicht, daß sie ihm gar zu sehr schmeichelte, daß die Heldenverehrung, die sie ihm entgegenbrachte, sich in offene Avancen verwandelte. Caroline, da war sie sicher, war vollkommen vernarrt in Jorge.
Regal überlegte, ob sie mit Jorge darüber reden sollte, doch schließlich entschied sie sich dagegen. Sie wollte keine Spannungen zwischen ihnen aufkommen lassen. Außerdem war er eben ein attraktiver Mann. Auf seltsame Weise gefiel es ihr sogar, daß Caroline dies offenbar genauso empfand wie sie selbst.
Ein solches Hämmern erscholl an der Tür, daß Regal herbeirannte und sich fragte, welche Naturkatastrophe den stillen Woburn Place dermaßen erschüttern mochte. Doch es war lediglich Jorge. Er strahlte vor Glück, zog sie in seine Arme und wirbelte sie herum, bis sie die ganze Halle durchquert hatten.
»Ich hab’s geschafft!« rief er. »Sie sind mit allem einverstanden. Heute abend wird gefeiert. Zieh dein bestes Kleid an, wir gehen irgendwo fürstlich speisen.«
»Geht es
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